Lokalsport Südpfalz Von Malzbier und schief stehenden Pferden

KANDEL (seak). Pferde, die Malzbier saufen, das Gefühl von Freiheit und allgemeine Hut- statt Helmpflicht – bei den Westernreitern ist einiges anders als bei den „klassisch-englischen“. Am Sonntag starteten die rheinland-pfälzischen Cowboys und -girls in die neue Saison, mit einem „Warm-up-Turnier“ auf der Anlage von Oliver Wehnes in Kandel.

Das Startfeld war bunt gemischt. 70 Pferde-Reiter-Kombinationen traten in neun Disziplinen an, die meisten davon aus Rheinland-Pfalz und den angrenzenden Bundesländern. Neben „alten Hasen“ wollten sich auch Neulinge ihre Sporen verdienen. Es ist angerichtet für Carolin Heiner. Die 23-jährige aus Rohrbach kommt endlich zu ihrem Auftritt bei der Königsdisziplin, dem Reining. Im Gegensatz zur klassischen Dressur gilt es hier, die Prüfungen im Galopp zu absolvieren. Pirouetten, sogenannte „Spins“, Galoppschleifen und eine Vollbremsung mit Rutschen auf den Hinterbeinen, das „Sliding Stop“, zählen zu den Herausforderungen für die chemisch-technische Assistentin. Sie beginnt, die Zügel in der linken Hand und den Cowboyhut auf dem Kopf, recht ansprechend, doch dann der erste große Patzer: Der Spin endet zu früh, das Pferd, ein fünfjähriger Wallach namens Special San Smart, „steht schief“. Auch im Galopp bleibt Smart nicht sauber. Es wird nicht für einen Platz unter den besten Acht reichen. 24 Starter sind im Reining angetreten. Es ist die einzige Westerndisziplin, für die der deutsche Reiterverband FN Deutsche Meisterschaften austrägt und auch daher die Königsdisziplin. Neben dem Trail, Western Pleasure und Western Horsemanship, in denen sich die Cowboys und –girls ebenfalls messen konnten, teilweise sogar mit derselben Reiter-Pferd-Kombination wie bei den anderen Disziplinen. Trotz der Fehler ist Heiner zufrieden mit dem Lauf: „Wir haben noch Verbesserungspotenzial. Aber mein Ziel ist es, zu den Deutschen Meisterschaften zu fahren.“ Dafür muss sie bei den Qualifikationsturnieren gut abschneiden. Das Hauptproblem dabei für das Rohrbacher Cowgirl? „Die überschneiden sich mit den Weinfesten. Aber das bekomme ich schon geregelt.“ Es ist erst ihre zweite Saison beim Turniersport. Vergangenes Jahr nahm sie als „Greenhorn“ gleich an der Deutschen Meisterschaft für Jungtiere teil. Viel mehr Erfahrung bringt Oliver Wehnes mit, der Gastgeber und Besitzer des Trainingstables in Kandel, dem Austragungsort. Mit seinem elfjährigen Quarterhorse-Hengst Lil Ruf Bandit war er 2011 Deutscher Meister und Europa-Vizemeister im Team, dazu deutscher Vizemeister 2012 und 2013. „Ich mache das jetzt schon 30 Jahre, da ist vieles Routine geworden.“ Eine Routine, die überzeugt. Nicht nur die Schuhe mit den Sporen, das typische Hemd und der Cowboyhut lassen ihn wie frisch aus den USA eingeflogen wirken. Seine Sliding Stops bekommen pfeifenden Szenenapplaus von den Rängen, die Juroren sind von der Ausführung ebenfalls angetan – mit 72,5 Punkten übernimmt er die Führung. Und gibt sie nicht mehr ab. „Natürlich möchte ich wieder unter die Top Drei bei der Deutschen Meisterschaft“, erklärt er sein Ziel für diese Saison. Aber „die Konkurrenz schläft nicht, erst muss ich mich qualifizieren. Und dann muss man während der Saison sehen, wo es hingehen kann“. Zum Großangriff auf den Deutschen Meister Alexander Ripper aus dem Odenwald will er vorerst nicht blasen. Das Westernreiten leitet sich direkt von den Cowboys ab. Deren alltägliche Anforderungen an die Tiere stellen die Basis für die Disziplinen dar und für das typische einhändige Reiten. „Ein Cowboy braucht halt immer eine freie Hand“, erklärt Kerstin Wehnes, Vorsitzende der EWU Rheinland-Pfalz und Ehefrau von Oliver Wehnes. So kommt es dann, dass die „Hindernisse“ beim Westernreiten keine Oxer sind, sondern flache Metallstangen, Zäune, Brücken. Bei den Bewegungen geht es häufig um die Wendigkeit. „Es ist eine sehr entspannte Art zu reiten“, stellt Carolin Heiner fest. Es sei weniger der Wild-West-Kitsch, der die kleine Westernreiter-Familie zusammenführe, als vielmehr das Gefühl der Freiheit beim Reiten. Da verwundert es dann auch überhaupt nicht mehr, dass eine Reiterin ihrem Pferd nach dem Wettkampf erst einmal eine Flasche Malzbier in den Trog gießt. „Da ist fast dasselbe drin wie im teuren Hochleistungsfutter.“

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