Lokalsport Südpfalz Kopf hoch!

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0:33. Was ein Debakel. Doch die zweite Mannschaft des TuS Wollmesheim aus der Südpfalz denkt keine Sekunde ans Aufgeben. Die Häme im Dorf ist groß. Die Spieler bemühen den Sportsgeist. Der Klub-Chef sieht das ein wenig anders.

Zwei Nächte lang konnte Luigi Solazzo nicht schlafen. Und auch auf das Training mit der Mannschaft hat er an diesem Donnerstag keine Lust. Solazzo sitzt auf der Terrasse vor dem Sportheim des südpfälzischen TuS Wollmesheim und schaut auf das Fußballfeld. „Ich habe gestern trainiert“, sagt er, „meinen Frust rausgeschossen.“ Solazzo grinst immer wieder, dann aber wird sein Blick leer. Auch wenn es der 48-Jährige nie zugeben würde, der Schock sitzt noch tief. Die Enttäuschung ist noch riesig. Seit Jahrzehnten spielt er Fußball, so etwas hat er aber noch nicht erlebt. 0:33 hat Solazzo vier Tage zuvor mit der zweiten Mannschaft des TuS bei der Reserve von TB Jahn Zeiskam verloren. 0:33! Ein Ergebnis, das kaum zu glauben ist – selbst für die D-Klasse, wo zweistellige Resultate nicht selten sind. In dieser zwölfthöchsten Spielklasse kickt die „Zweite“ des TuS Wollmesheim mit einer 9-er-Mannschaft. Es ist die unterste Liga überhaupt. Absteigen geht hier nicht. Es ist Amateurfußball pur. Trotzdem, 0:33. „Das darf nicht passieren“, sagt Solazzo. Der Gegner bot an, das Spiel abzubrechen. Auch der Schiedsrichter ist vom Südwestdeutschen Fußballverband angehalten, das Spiel bei deutlicher sportlicher Unterlegenheit zu beenden. Nach 85 Minuten pfiff er ab. Solazzo lächelt. „Wir haben nicht aufgegeben.“ Sie wollten die Partie mit Anstand zu Ende bringen. Sportsgeist pur. Auch Stefan Burckgard, der Vorsitzende des Vereins, ist am Donnerstag im Sportheim des TuS – Vorstandssitzung. Es geht um nicht weniger als die Zukunft der zweiten Mannschaft. Soll man sie abmelden? Denn so sehr Burckgard die Mentalität der Mannschaft lobt, so enttäuscht ist er über einen anderen Teil der Spieler – die, die nicht da waren. Viele hätten kurzfristig abgesagt. „Mit scheinheiligen Ausreden“, sagt er. „Manchen war es einfach zu warm zum Fußballspielen.“ Andere sind in Urlaub oder verletzt, und so bestand die Mannschaft, die auf den Platz kam, größtenteils aus Spielern der „Alten Herren“ des Vereins – 40 Jahre aufwärts gegen eine Mannschaft Mitte 20, gespickt mit Spielern aus der Verbandsliga, wo die „Erste“ von Jahn Zeiskam spielt. Eine Absage des Spiels kam aber nie infrage. Dann wäre ein kleine Geldstrafe fällig geworden. Und die Vertreter der alten Garde hatten einfach Lust zu spielen. „Sie waren chancenlos, aber haben großen Charakter bewiesen“, sagt der Vereins-Chef. Luigi Solazzo zückt sein Smartphone. In der Halbzeitpause, es steht 0:15, haben die Spieler in der Kabine ein Video aufgenommen. Die Spieler sind kaputt und ausgelaugt, draußen knallt die Sonne vom Himmel, es ist eine Affenhitze. Aber sie lachen, die Stimmung ist wie nach einem großen Sieg. „Das holen wir noch auf, Männer“, sagt Solazzo in die Kamera. Galgenhumor. Manchmal hilft nichts anderes mehr. Ein junger Spieler schlendert über die Terrasse des Sportheims. „Kannst du diesen Sonntag?“, fragt Burckgard ihn. Jede Woche kämpft er darum, zwei Mannschaften auf die Beine zu stellen. Heute sind 15 Mann zum Training erschienen. Eine Herkulesaufgabe. „Nee, da bin ich auf dem 80. meiner Oma“, bekommt Burckgard zur Antwort. Er zuckt nur mit den Schultern. „Das meine ich“, sagt er. Weil er mit der ersten Mannschaft unterwegs war, die ebenfalls deutlich verlor, erfuhr Burckgard von der Schmach von Zeiskam am Telefon – und musste kräftig schlucken. Wäre er vor Ort gewesen, er hätte eingegriffen, sagt er, und die ungleiche Begegnung versucht abzubrechen. Bei allem Respekt für seine Spieler, das sei zu weit gegangen. Zumal sich das Ergebnis schnell in Wollmesheim herumgesprochen hat. Vergangenes Wochenende war Kerwe, die Häme für die Spieler war und ist groß. „Ich hätte meine Fußballschuhe weggeworfen“, bekommen sie oft zu hören. „Der letzte Heuler macht sich über uns lustig“, sagt Solazzo. Das Debakel bleibt wohl weiterhin Gesprächsthema in dem Landauer Stadtteil. Bereits am ersten Spieltag der neuen Saison gab es für Wollmesheim eine 1:12-Packung gegen SV Landau Südwest. Es folgten weitere hohe Niederlagen. Nach fünf Spielen hat die Mannschaft ein Torverhältnis von 4:62. Aber es geht weiter mit der zweiten Mannschaft des TuS Wollmesheim. Das beschließen sie im Nebenzimmer des Sportheims, während Luigi Solazzo auf der Terrasse sitzt. Am Sonntag, 13 Uhr, spielen sie zuhause gegen Godramstein, wieder mit einigen „Alten Herren“. Die Jungen sitzen auf der Bank – ein Denkzettel muss sein, findet Burckgard. „Vielleicht kommen nach dem vergangenen Sonntag sogar mehr Zuschauer “, sagt Solazzo, „vielleicht macht uns das alles ja sogar interessant.“ Ein Debakel soll es aber nicht wieder werden – das will der 48-Jährige unbedingt verhindern. Er würde gerne mal wieder durchschlafen. Nachtrag: Das Spiel gegen Godramstein am 4.9. endete 2:15. (skz)

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