Lokalsport Südpfalz Etikette, Anstand und Fremdschämen

LANDAU. Thomas Wünstel (42), Industriemeister bei Daimler in Germersheim, ist Preisträger bei der Ehrung zu „Fair ist mehr“, der Aktion des Deutschen Fußball-Bundes, die vorbildliches Verhalten von Spielern, Trainern, Betreuern oder Zuschauern würdigt. Für sein Verhalten bei einem Meisterschaftsspiel am 24. August 2014 wird er als Vorbild im Südwesten mit anderen zu einem Spiel des 1. FSV Mainz 05 eingeladen. Kersten Beyer sprach mit ihm.

Was hat Sie zu dieser spontanen Tat bewegt?

Ich wollte und will auf diese Weise kein Fußballspiel gewinnen. Der Treffer zum 5:4 für uns war einfach nicht korrekt und das musste bereinigt werden. Und ich sah keine andere Möglichkeit, als die gegnerische Mannschaft einfach durchlaufen zu lassen. Ich denke, die Fairness und der Anstand gebieten dieses Verhalten ohne Widerspruch oder Gegenargumente.Wie waren die Reaktionen von Fans und Spielern? Die waren alle durchweg positiv. Natürlich war es für meine Mannschaft schon ein komisches Gefühl, das Gegentor zuzulassen. Aber jeder hat anstandslos mitgemacht. Die Fans fanden die Aktion alle gut und waren stolz darauf, dass wir uns so fair verhalten haben.Was bedeutet Ihnen der Ehrenpreis? Mir persönlich bedeutet er nicht so viel. Ich freue mich für das Team, dass es diese Anerkennung und dieses positive Feedback bekommt. Ich denke, was ich da veranlasst habe, hätten alle „normalen“ Sportsmänner auch gemacht. Deshalb brauche ich dafür keine Bestätigung im Sinne eines Preises. Aber ich hoffe, dieses Beispiel macht Schule und mehr Teams und Trainer verhalten sich der Etikette und des Anstands gegenüber gebührlich. Wir erleben viele Platzverweise, die Spielabbrüche häufen sich – Zufall oder Entwicklung? Absolut kein Zufall aus meiner Sicht. Die Hemmschwelle gerade bei der jüngeren Generation liegt deutlich tiefer als früher. Außerdem sind in unserer Gesellschaft wieder viel mehr Gewalt und Verhetzungen verankert, als dies lange Zeit der Fall war. Sehen Sie sich die Kommentare und Reaktionen in den sozialen Netzwerken zum Beispiel zum Flüchtlingsthema an. Da kann man sich manchmal nur noch Fremdschämen und man fragt sich, ob das alles noch normal ist.Was kann man dagegen tun? Die einzige aus meiner Sicht praktikable Lösung ist ein konsequentes Dagegenvorgehen schon an der Basis. Zum Beispiel dürfte ein gewalttätiger Spieler bei seinem Verein nie mehr spielen. Ein Vereinsausschluss wäre ein klares Signal, dass man dieses Verhalten nicht toleriert. Wir müssen aufhören, immer dem Verband oder dem Kreis die Schuld zu geben. Wir müssen anfangen, selbst etwas gegen die Missstände und die falsche Richtung, in die es läuft, zu tun. (Foto: privat)

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