Kultur Südpfalz Bonn bekommt den Zuschlag

Nach rund elf Jahren ist Schluss: Christoph Zuschlag packt bald Kisten – und geht dann nach Bonn.
Nach rund elf Jahren ist Schluss: Christoph Zuschlag packt bald Kisten – und geht dann nach Bonn.

Die ersten Sonnenstrahlen des Jahres fallen durch das große Fenster von Christoph Zuschlags Büro. Seit 2007 ist er Professor für Kunstgeschichte und Kunstvermittlung an der Uni Landau. Da sammelt sich so einiges an. Aber bald heißt es: Kisten packen. Ein Ruf der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ereilte ihn. Zum Wintersemester wird er dort den neuen Lehrstuhl für Provenienzforschung, also der Erforschung der Herkunft von Kunstwerken und Kulturgütern, einnehmen.

Leicht falle ihm der Abschied nicht, tatsächlich schaue er, auch wenn er sich auf die neue Aufgabe freue, mit einem wehmütigen Blick auf seine Zeit in Landau zurück, sagt Zuschlag. 23 Semester, also über elf Jahre, sind eine lange Zeit, viel Raum für intensive Forschungsarbeit und Erinnerungen – zu viele, um sie alle zu erwähnen. Zu den Höhepunkten zählt das Symposium zum „Jugendstil in der Pfalz“. Das große Forschungsprojekt mündete im vergangenen Jahr sogar in eine umfassende Publikation. Ein weiterer Meilenstein war die Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt Landau und dem Kunstverein Villa Streccius. Zusammen veranstalteten sie ein breit gefächertes Symposium zu „Kunst im öffentlichen Raum“.

Leuchtturmprojekt zur Apokalypse

Ein Leuchtturmprojekt war sicherlich auch die große Ausstellung in der Pfalzgalerie in Kaiserslautern zum Thema „Apokalypse“. An der Publikation hierzu haben sich 41 Studenten mit Texten zu einzelnen Exponaten beteiligt. Darüber hinaus waren zwei Studenten sogar mit ihren eigenen Kunstwerken in der Ausstellung vertreten – eine riesige Chance, immerhin hingen dort auch Werke renommierter Künstler wie Jonathan Meese. Trotz dieser wirklich herausragenden Projekte wird Zuschlag seinen Studenten in Landau wohl besonders wegen gemeinsamer Exkursionen lebendig in Erinnerung bleiben. Mit eiligem Stechschritt, denn es galt, viel zu entdecken – etwa in Paris, Würzburg und Basel.

Schätzte die besondere Ausrichtung des Instituts in Landau

Familiäre Gründe zogen ihn 2007 in die Südpfalz. Zwei Angebote hatten ihm vorgelegen, eines für die Uni Hildesheim und eines für Landau. Seine Frau hatte bereits einen Job bei der universitären Außenstelle der Hochschule Mainz in Germersheim, und so bekam Landau den Zuschlag. Das war aber natürlich nicht der einzige Grund. „Besonders reizte mich, dass das Kunstinstitut eine Art Mini-Akademie ist“, berichtet Zuschlag lächelnd. In der Tat ist das Institut für Kunstwissenschaft und Bildende Kunst etwas Besonderes. Kunstgeschichte wird, da die meisten Studenten später in den Lehrerberuf treten, zusammen mit künstlerischer Praxis und Kunstdidaktik gelehrt. Die Nähe zu den Arbeiten junger Künstler schätzte er sehr, denn die Gegenwartskunst gehört zu seinen Fachgebieten.

Praxisbezug forderte ihn anfangs

Am Anfang, so gesteht Zuschlag freimütig, musste er sich jedoch erst in das Dozieren in der Lehrerausbildung hineinfinden. Zuvor hatte er an der Universität Heidelberg und der Freien Universität Berlin Seminare und Vorlesungen für Studierende angeboten, die später häufig selbst in die Forschung oder den Journalismus gehen. Ganz anders sieht es da in Landau aus. Als angehende Lehrer erwarten die Studenten einen stärkeren Praxisbezug, denn immerhin gilt es, später das Wissen an Schüler weiterzugeben.

Eigenes Studium in Heidelberg und Wien absolviert

Schon früh entwickelte Zuschlag, 1964 in Hannover geboren, ein ausgeprägtes Interesse für Kunst. Bereits als kleiner Junge zog es ihn in Museen. Seine Eltern, der Vater Arzt, die Mutter Krankenschwester, förderten die Neugier. Das blieb bis zum Studium so. Zuschlag studierte Kunstgeschichte, Geschichte und Archäologie in Heidelberg und Wien. 1991 promovierte er über „Entartete Kunst – Ausstellungsstrategien im Nazi-Deutschland“. 2002 legte er bei der Philosophisch-Historischen Fakultät der Uni Heidelberg seine Habilitationsschrift zum Thema „Meta-Kunst – Kunst über Kunst seit 1960“ vor.

Im Museum hätte es ihm auch gefallen

Dass er einmal an der Hochschule landen wird, war nicht immer klar. Als Student hegte er noch den Wunsch, ans Museum zu gehen, um als Kurator Ausstellungen zu planen. Aber das Schicksal hatte etwas anderes mit ihm vor. Nach der Promotion in Heidelberg bot ihm sein Doktorvater eine Stelle an. Schnell merkte der junge Akademiker, dass ihm das Dozieren Spaß macht. Die Weichen waren gestellt – auf die Promotion folgte die Habilitation. Der Lehrstuhl in Landau ließ letztlich auch nicht lange auf sich warten. „Ich bin einfach sehr glücklich, dass es bei mir so gut gelaufen ist.“ Längst ist seine Bilderbuchkarriere an der Universität ein Ausnahmefall. Viele gute Kollegen suchten vergebens nach einer Stelle.

Karrieresprung kommt unerwartet

Zuschlags Karrieresprung nach Bonn kommt unerwartet. Eigentlich hatte der Professor vor, in der idyllischen Südpfalz zu bleiben. Erst im vergangenen Jahr hat er sich eine Wohnung in Landau gekauft. Doch sei’s drum, das Angebot in Bonn ist einfach zu verlockend, denn die Uni bot Zuschlag einen Lehrstuhl an, der genau auf sein Forschungsprofil zugeschnitten ist. Bereits in seiner Dissertation setzte er sich mit dem Thema Raub- und Beutekunst im Nationalsozialismus auseinander. Im Anschluss lehrte und forschte er von 2003 bis 2006 im Bereich „entartete Kunst“ in Berlin. Außerdem ist er Mitglied im Förderbeirat des Deutschen Zentrums für Kulturgutverluste. Kein Wunder, dass Bonn an den renommierten Wissenschaftler herangetreten ist.

Aktuelles Thema: Raubkunst

Das Thema Raubkunst ist so aktuell wie lange nicht mehr – gleich, ob es um bereits von den Nationalsozialisten geraubte Kunstschätze geht oder den Antikenhandel des „IS“. Damit werden auch neue Forscher auf diesem Gebiet gebraucht. Die gilt es, nun für Zuschlag in Bonn auszubilden. Eine spannende wie anspruchsvolle Aufgabe, denn der Lehrstuhl für Provenienzforschung in der Kunstgeschichte ist bundesweit der erste seiner Art. Da Fragen der Herkunft von Kunstwerken und des Kulturschutzes sowohl umfassende kunstwissenschaftliche als auch komplexe juristische Problemstellungen umfassen, wird er im Austausch mit einem Juristen stehen. Dieser deckt im Tandem mit ihm die rechtlichen Aspekte des Forschungsgebietes an der Universität ab. Auch wenn die neue Berufung den Professor wohl stark in Anspruch nehmen wird, so ist Christoph Zuschlag sich sicher: „Den Kontakt zu einigen Menschen aus der Pfalz werde ich halten, denn über die Jahre haben sich Freundschaften entwickelt, die ich weiterhin pflegen möchte.“

x