Kusel Treue Gäste und neue Gesichter

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Lauterecken. Schlecht ausgestattete Kinderspielplätze, der insolvente Turnverein, eine fehlende Veranstaltungshalle und Kritik an zu vielen englischen Ausdrücken in der Zeitung waren die wichtigsten Themen der gut 40 Besucher der „Redaktion vor Ort“ gestern Vormittag in Lauterecken.

Alte Bekannte gibt es mittlerweile auch, die den RHEINPFALZ-Stand alljährlich besuchen. Andreas Schrumpf aus Wiesweiler zum Beispiel. Seine Kritik an zu vielen Schreibfehlern in der Zeitung hat er gestern wiederholt. „Es hat sich nichts geändert“, stellte er erneut fest. Auch die zahlreichen Anglizismen stören ihn. Auf manche englische Wörter könne man sicher verzichten, meint Schrumpf, der die Häufigkeit englischer Ausdrücke als „haarsträubend“ empfindet. Einer, der auch gerne bei der RHEINPFALZ vorbeischaut, ist Manfred Graf aus Heinzenhausen. Er beklagt den Ärztemangel in Wolfstein. Obwohl seit langem bekannt sei, dass dort zwei Ärzte bis Jahresmitte ihre Praxen schließen, habe niemand reagiert. Er habe noch Glück gehabt, dass er nach der Schließung der Praxis Bubel in Wolfstein von einem Lauterecker Allgemeinmediziner angenommen worden sei. Aber der höre ja auch auf in ein paar Jahren. Man könne den Eindruck gewinnen, dass für die künftigen Flüchtlinge in Kusel mehr getan werde als für die Bürger der Region, meint Graf. Birgit Fehrentz aus Lauterecken regt sich über einen „Etikettenschwindel“ in dem neuen Einkaufszentrum in Kaiserslautern auf. Dort prange das Sparkassenlogo gut sichtbar an einem Geldautomaten, nach einer Abbuchung würden dann aber auch bei Sparkassen-Kunden Bearbeitungsgebühren durch ein Bankhaus in München fällig. „Das ist nicht in Ordnung“, beschwert sich Fehrentz. Wir leiten das Thema an die Kollegen in Kaiserslautern weiter. Ein Besucher der „Redaktion vor Ort“ gibt an, dass er gleich mehrere Tageszeitungen abonniert habe – „aber natürlich die RHEINPFALZ am liebsten lese“. Dafür gab’s dann noch eine extra Dubbetasse: „Mir ist es wichtig, die Zeitungskultur zu unterstützen.“ Das tut auch der 22-jährige Sohn von Annemarie Markert aus Cronenberg: „Der liest jeden Morgen die Zeitung. Und was er morgens nicht schafft, wird abends gelesen.“ Die tägliche Zeitungslektüre gehöre in der Familie „einfach dazu“. Mit Lauterecken als Einkaufsstadt ist Markert zufrieden, ihr fehlen allenfalls ein paar Parkplätze – gerade wenn Wochenmarkt auf dem Veldenz-Platz ist. Rupertus Woehl vom Förderverein der ehemaligen Synagoge in Odenbach nutzt den „Redaktion vor Ort“-Termin, um ein bisschen Werbung für „Klezmers Techter“ zu machen, die am Sonntag (17 Uhr) in Odenbach gastieren. Der Verein versuche, dort ein hochwertiges Programm zu bieten und den Menschen in der Region „ein Stück jüdischer Tradition näher zu bringen“. Die jüngste Besucherin der Redaktion vor Ort ist Maya. Mit ihren 16 Monaten läuft sie schon tapfer über das Kopfsteinpflaster in Lauterecken. „Das ist auch für Frauen mit High Heels schwer zu laufen“, schildert Mama Andrea Maue lachend. Sie verrät, dass Maya schon Mitglied im Nils-Nager-Club der RHEINPFALZ ist. Der jungen Mutter fehlen in Lauterecken gut ausgebaute Spielplätze. „Dort fehlt so ziemlich alles“, sagt Maue, „die verkommen alle“. Auch vermisst sie ein Kinder- oder Babyturnangebot: „In Sachen Kinder wird in Lauterecken wenig gemacht.“ Beate Meyer vermisst den Turnverein Lauterecken, der insolvent ist (wir berichteten). Während das Dienstagsturnen der Seniorinnen unter dem Banner der Landfrauen weitergehe, werde ansonsten nichts angeboten: „Da läuft gerade gar nichts.“ Sie befürchtet, dass das so bleibt: „Viele gehen zum Turnen nach Wolfstein, andere suchen sich neue Sportarten.“ Falls der Verein wiederbelebt werde, seien alle schon irgendwo anders gelandet. Irene Schuf aus Merzweiler erzählt bei ihrem Besuch, dass sie 45 Jahre lang die RHEINPFALZ ausgetragen habe. Da habe sie manches erlebt. Einmal sei sie von einem Hund angefallen worden, den sie mit ihrem Fahrrad habe abwehren müssen. Früher habe sie sogar von den Abonnenten Geld kassiert und es an das Zeitungshaus weitergeleitet. Ihr Ehemann Felix hat am Morgen den Artikel über die böswillige Zerstörung von 16 Bienenvölkern in Kappeln gelesen. Er schüttelt mit dem Kopf, dass so etwas passiert. Wo es doch ohnehin nicht mehr so viele Bienen gebe. Mangelnde Sprachqualität in der Zeitung moniert Ilse Lünenbürger-Fickeisen aus Lauterecken. Sie stört sich an einem zeitweiligen Telegrammstil und unvollständigen Sätzen. Der neue RHEINPFALZ-Slogan „Wir leben Pfalz“ ist für sie ein Beispiel für diese Art der verkürzten Sprache. Auf kritische Distanz geht sie zur Lauterecker Tafel und den Tafeln im Allgemeinen. In einem so reichen Land wie Deutschland dürfte und müsste es Tafeln nicht geben, sagt sie. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter, die ihre Freizeit opferten und deren Engagement sie nicht schmälern wolle, sparten dem Staat Geld, das dieser an anderer Stelle zum Fenster rauswerfe für Gewehre, „die um die Ecke schießen“ und „Panzer, die nicht fahren“ beispielsweise. Für falsch hält sie außerdem das Zuschusswesen im öffentlichen Bereich. Dadurch verschuldeten sich Kommunen immer mehr. Entschieden plädiert sie auch für die Einführung von Volks- und Bürgerentscheiden. Alleine eine solche Entscheidung wie die Sanierung des Lauterecker Schlosses dürfe man eigentlich nicht nur einem Stadtrat überlassen, der einmal gewählt worden sei. „Alle paar Jahre einmal wählen, um dann die Entscheidungen anderen zu überlassen, ist keine Demokratie“, sagt sie. Für Helmut Baumhardt aus Lauterecken ist die Stadt Lauterecken „tot“. Kulturell und sportlich sei in Lauterecken nichts los. Die Stadt hätte das Turnerheim kaufen sollen, um einen Raum für Veranstaltungen zu haben. Dass das Gebäude ein Sanierungsfall sei, werde zwar immer behauptet, allerdings sei das nie wirklich geprüft worden. Stattdessen habe die Stadt andere Gebäude gekauft und Schulden angehäuft, ohne einen Veranstaltungssaal zu haben. Außerdem sei der Stadtrat nicht kritikfähig, meint Helmut Baumhardt. (bgi/dgg)

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