Kreis Kusel Kleine Korrektur, große Wirkung

Haltung ist wichtig: Thomas Heyer korrigiert bei Sandra Scholler die Neigung des Kopfes.
Haltung ist wichtig: Thomas Heyer korrigiert bei Sandra Scholler die Neigung des Kopfes.

Mit einer öffentlichen Singstunde begann am Montagabend der neue Meisterkurs von Thomas Heyer in der Aula des Horst-Eckel-Hauses in Kusel. Gebannt lauschten gut 20 Stipendiaten und Besucher den bemerkenswerten Gesangsvorträgen einiger seiner Studienteilnehmer. Hochinteressant dabei die Arbeitsweise von Heyer, der den schwierigen Weg hin zu einer Sängerpersönlichkeit sehr lebensnah beschrieb.

Ohne Bühnenausstattung, ohne ausladende viktorianische Kleider, schlicht und einfach im T-Shirt, nur auf Ausdruck und Gesang konzentriert, singt Sopranistin Sandra Scholler ihr „Dove sono“. Herrlich, diese Stimme, diese Kraft und dieser Ausdruck. Mal melancholisch, klagend über ihre verlorene Liebe, dann wieder voller Freude und Hoffnung lebte sie förmlich die Gräfin Almaviva aus Mozart „Figaros Hochzeit“. Etwas abseits, am Fenstersims angelehnt, beobachtet Thomas Heyer die Sängerin. Dann, am Ende der Arie Daumen hoch und großes Lob für Rhythmik, Artikulation, für Lautstärke und Pausensetzung: „Schön finde ich, dass sie bei der langen Arie ein großartiges Standing (Standvermögen) haben.“ Gleichwohl schränkt er ein, würden sicher wieder Mozartexperten um die Ecke kommen, die etwas zu meckern hätten. Die schüchtern wirkende Sopranistin selbst spricht ihre Haltung an. Der Professor stimmt zu: „Ja ihr Kopf ist oft gesenkt, die Schultern fallen nach vorne, das T-Shirt schlägt falten“. Nun wird aus dem Gesangspädagogen quasi ein Therapeut. Erklärt dem Auditorium die Zusammenhänge zwischen Körperhaltung, Muskulatur und Tonbildung. Während die Sängerin kraftvoll Töne formt, korrigiert Heyer immer wieder ihre Körperhaltung. Am Ende wirkt die Sopranistin erschöpft, aber auch erleichtert, und tatsächlich spürt man eine gewisse neu entdeckte Freiheit in ihrer Stimme. Nach Scholler tritt Rebekka Reister nach vorne an den Flügel. Auch sie hat Mozart im Gepäck und singt aus der Oper „Cosi fan tutte“ die Fiordiligi. Heyers Fazit: Klasse, absolut vorsingtauglich. Er bezieht sich insbesondere auf den Meisterkurs in Kusel im vergangenen Jahr, an dem Reister teilgenommen hatte und attestiert der jungen Sängerin, noch musikalischer und verlässlicher zu wirken. Reister hat zurzeit ein Engagement am hessischen Staatstheater in Darmstadt. Nach den jungen Sängerinnen traten die erfahrenen Sopranistinnen Barbara Bittner und Susanna Frank auf, die den Meisterkurs nutzen möchten, um weiter an ihren Stimmen zu arbeiten. Auch und gerade bei ihnen wird deutlich, dass Stimme, Körperhaltung und Seele im Einklang sein müssen. Heyer kennt keinen Sänger, keine Sängerin, die frei nach Dieter Bohlen „scheiße singt“. Auch singe keiner mit Absicht schlecht, oder gebe sich keine Mühe. Oft seien nur kleine Korrekturen nötig, um die Zusammenhänge von Körper und Stimme zu verdeutlichen. Begleitet wurden die Sängerinnen von Klaus Bernhard Roth am Klavier. Noch bis Donnerstag sind die Proben von 17 bis 18.30 Uhr öffentlich.

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