Kreis Südwestpfalz Wo alle irdischen Wege enden

Urnenwände wie in Blieskastel-Lautzkirchen werden nicht mehr gebaut, weil es genügend Platz für Urnengräber gibt.
Urnenwände wie in Blieskastel-Lautzkirchen werden nicht mehr gebaut, weil es genügend Platz für Urnengräber gibt.

Eine sich verändernde Gesellschaft zeigt ihre Spuren auch dort, wo alle Wege enden: auf dem Friedhof. Weil junge Leute der Ausbildung und Arbeit wegen von den Dörfern in die Städte ziehen, bleibt keine Zeit zur Pflege der Gräber ihrer Angehörigen. So kommt es, dass pflegeleichte Urnengräber gefragt sind, während Sargbestattungen seltener werden. Weil die 19 Friedhöfe von Blieskastel mehr kosten als sie der Stadt einbringen, reisten die Stadtoberen auf der Suche nach Abhilfe zu den Ruhestätten des Saarlandes.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich mich einmal so intensiv mit dem Thema Friedhöfe beschäftigen muss“, sagte Blieskastels Bürgermeisterin Annelie Faber-Wegener (CDU). Dabei hatte die Notwendigkeit zur Auseinandersetzung mit dem Tod und der letzten Ruhestätte einen ganz profanen Grund. Die Stadtverwaltung legt jedes Jahr bei der Pflege und dem Unterhalt ihrer 19 Friedhöfe 200 000 Euro drauf. Weil die Stadt per Gesetz zum Sparen gezwungen ist, musste eine Lösung her. Auf der einen Seite müsse das Minus vom Tisch, auf der anderen Seite wolle die Stadt ihre Bewohner nicht über die Maßen mit Friedhofsgebühren und Grabkosten belasten. Um herauszufinden, wie dieser Spagat gelingen könnte, machten sich Blieskasteler Stadtratsmitglieder aller Parteien auf den Weg. „Wir haben alle Friedhöfe im Saarland bereist“, berichtete Faber-Wegener. Auf dieser Reise gewann die Bürgermeisterin grundlegende Erkenntnisse über die Bestattungskultur ihres Bundeslandes. Das so erworbene Wissen soll künftig in Blieskastel angewendet werden. „Es werden deutlich weniger Särge bestattet, Gräberfelder liegen brach“, weiß die Bürgermeisterin. Damit habe sich während der vergangenen Jahrzehnte die Entwicklung auf den Friedhöfen umgekehrt. Wurde in früheren Zeiten der Platz knapp, kosteten die Brachen heutzutage Geld, weil auch diese Flächen gepflegt werden müssen. Das ist eines der Themen, an dem die Blieskasteler Stadtverwaltung ihr neues Konzept für den Friedhof der Zukunft anwenden will. Abschied will die Stadt von einer Einrichtung, die in den 2000er Jahren noch beliebt war, und wofür Ortsräte ihr Geld ausgaben. „Urnenwände sind aus der Not entstanden“, begründet die Bürgermeisterin die Entscheidung: „Der Stadtrat wird Urnenwände nicht mehr unterstützen.“ So wie damals in Lautzkirchen seien Urnenwände angesichts der großen Nachfrage von Sarggräbern und dem daraus folgenden Platzmangel errichtet worden. „Jetzt gibt es genug Platz für die Urnen“, so Faber-Wegener. Zunächst soll auf zwei Friedhöfen eine Idee aus Heusweiler verwirklicht werden. Für jede Urne stehe ein Quadratmeter bereit, auf dem die Angehörigen Blumen und Gedenksteine anbringen können. Mit robusten Bodendeckerpflanzen bestückt, sei diese Anlage leicht und kostengünstig zu pflegen. Sparen will die Stadt bei der Arbeit des Bauhofs. „1,8 Kilometer Hecken können weg“, meinte die Bürgermeisterin. Alleine das spare 20 000 Euro für den Schnitt. Ab 2018 soll sich eine spezielle „Friedhofsgärtner-Kolonne“ um die 19 Blieskasteler Ruhestätten kümmern. Mit den Einsparungen durch die neuen Urnengräber und die optimierte Pflege will die Stadt 100 000 Euro weniger ausgeben. Der Rest des Defizits werde zu 80 Prozent aus Gebühren finanziert. Am Donnerstag beschloss der Stadtrat mehrheitlich die Erhöhung der Friedhofsgebühren und die Verwirklichung des neuen Konzepts in Blieskastel.

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