Althornbach Theatertruppe Storcheschnäbbel gibt auf der Bühne Vollgas

Die Storcheschnäbbel in Aktion. Von links Annika Stegner in der Rolle der „Tupper-Tante“, Malerin Lisa Lehmann und André Schneid
Die Storcheschnäbbel in Aktion. Von links Annika Stegner in der Rolle der »Tupper-Tante«, Malerin Lisa Lehmann und André Schneider als Hans.

Als die Tupper-Tante tot ist, wüten Witz, durchgeknallte Charaktere und eine Nymphomanin. Die Premiere des Lustspiels „Neurosige Zeiten“ der Althornbacher Storcheschnäbbel am Samstag war grandios.

Ist man hier in der Klapse oder in der Hornbacher Pirminiushalle? Diese Frage drängt sich auf, als Frau Dr. Dr. Ilse Schanz (gespielt von Kerstin Frary) an den Zuschauern vorbei auf die Bühne eilt. „Es Wartezimmer is gestockte voll, die wolle all ihr Spezialbehandlung!“, ruft sie aus. An diesem Samstagabend werden sogar die Zuschauer im Saal zu Patienten.

Aber niemand in der voll besetzten Halle könnte so durchgeknallt sein wie die wahren Patienten in der Klapsmühle. Die liegt in Hornbach-Ost und beherbergt alle nur erdenklichen zwangsneurose-gestörten Geschöpfe.

Mehr erotisch, weniger neurotisch

Da wäre zum einen Agnes (Sophia Mohring), die nur allzu gern ihrer Sexsucht frönt. So schmeißt sie sich gleich dem treudoofen, autistisch anmutenden Hans (André Schneider) an den Hals. „Sei doch mal ein bisschen mehr erotisch, und ein bisschen weniger neurotisch!“, haucht sie dem Hans in ihrem verführerischsten Ton zu. Schon räkelt sie sich auf seinen Schenkeln. „Du zerstörst meine Bügelfalte!“, jammert Hans, und Agnes raunt: „Ich kann dafür sorgen, dass noch was anderes steht als deine Bügelfalte.“

Schon bei den ersten Szenen des Stücks ahnt man: Das wird richtig gut. Das liegt vor allem an der Leistung der Darsteller selbst. Sie tragen einen durchs Stück und lassen ein schlüpfriges Wortgefecht das nächste jagen. Jede Rolle hat ihren ganz eigenen Charme – wobei die Grenzen zum Wahnsinn fließend sind. Was hier direkt auffällt: Die Darsteller strahlen nicht nur eine im wahrsten Sinn des Wortes wahnsinnige Spielfreude aus; jede Rolle passt auch gut zur Person.

Jäh gestörte Irrenhaus-Idylle

Waltraud (Manuela Kipp) offenbart sich als stotterndes, neurotisches Häufchen Elend. Aber: Sie hat ihre Depressionen endlich überwunden, „jetzt kann ich wieder malen wie Goethe!“ Die Irrenhaus-Idylle wird jäh gestört, als sich Agnes Mutter Cécile Adolon (Corinna Licht) aus Berlin zum Besuch ankündigt. Die weiß aber mitnichten, dass ihre perfekte Tochter ohne jeglichen Tadel in der Psychiatrie sitzt.

Agnes, die laut Aussage ihrer Mitbewohnern aussieht „wie eine Puffmutter“, beschließt, ihre Mama in dem Glauben zu lassen, sie wohne in einer Villa. „Könnt ihr euch für ein paar Tage wie normale Menschen benehmen?“, fleht die Nymphomanin in ihrer Notlage ihre Leidensgenossen an. Als es klingelt, fahren alle erschrocken zusammen. Aber es ist nur die Tupper-Tante. Die summt „Tupper is supper“, während Marianne ihr Tee anbietet. „Mir han aach werklich alle Tasse im Schrank!“, ruft sie aus.

„Eintuppern geht nicht“

Als sie wieder zurückkommt und schwungvoll die Tür öffnet, nietet sie die Tupper-Tante versehentlich um. Diese ist tot. Aber was tun mit der Leiche? „Eintuppern geht nicht“, sind sich alle einig.

Es sind grandiose Momente, die die Storcheschnäbbel da präsentieren. Da ist mehr Action und Spaß drin als in manchem Profitheater. Als sie die nicht mehr so ganz frische Tupper-Frau auf einen Stuhl hieven, ist diesmal wirklich Agnes’ Mama da. Nun überschlagen sich die Ereignisse. Die Klapse-Bewohner werden von Agnes kurzerhand zu Hausangestellten umfunktioniert und verstecken sich. Sie tauchen plötzlich hinter und unter diversen Möbel- und Stoffstücken auf.

Am Ende ist das Chaos perfekt

Aber auch Agnes selbst muss sich verstellen. Unter ihrem Bett liegt „das ganze Herbstsortiment von Beate Uhse“, und sie würde bei der Trulla vom Klapsen-Aktionsabend viel lieber allerlei Schlüpfriges als Kastanienmännchen basteln.

In diesem Stück wird die Post nicht bestreikt, sondern besprungen. Nämlich von Klapse-Bewohnerin Marianne (Petra Mohring), die ihre Lebensaufgabe im Stalken des Postboten Hardi Hammer (Oliver Feix) gefunden hat. Als dann auch noch die „Bild-Zeitung“ vor der Tür steht, um die Begegnung zwischen Stalkerin und Postbote auf die Titelseite zu bringen, ist das Chaos endgültig perfekt. Und zum Schluss findet sich auch Cécile Adolon in einer Zwangsjacke wieder.

Info

  • Weitere Darsteller: Lisa Lehmann, Bernd Kipp, Annika Bartmann und Souffleuse Doris Kübler
  • Weitere Vorstellungen: Die Aufführung am Samstag, 18. März, 20 Uhr, ist bereits ausverkauft. Für die Zusatzvorstellung am Sonntag, 19. März, gibt es noch Restkarten. Sie beginnt allerdings schon um 16 Uhr. Karten gibt es für zehn Euro beim Allianzbüro Ziemerle in Althornbach sowie im Hornbacher Allerlei-Laden.
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