Kreis Südwestpfalz Rechtsextreme holen 34 Prozent

In Bitscher Land holte der Bewerber des rechtsextremen Front National (FN), Florian Philippot, bei der Europawahl 34 Prozent der Stimmen. Die Konservativen und die Sozialisten landeten weit abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Die Rechtsextremen profitierten von der niedrigen Wahlbeteiligung. Nur 3878 der 10 153 Wähler gingen zur Urne, was 38,2 Prozent entspricht.

Das Ergebnis der Europawahl in den grenznahen Regionen Frankreichs erscheint wie ein Schlag ins Gesicht Europas. FN-Chefin Marine Le Pen und ihr Stellvertreter Philippot treten für die Abschaffung des Euro und den Austritt aus dem Schengener Abkommen ein. Darüber hinaus verlangen die Rechtsextremen die Einführung von Zöllen zum Schutz der französischen Wirtschaft vor der Ausländischen Konkurrenz. Dabei profitieren gerade die grenznahen Gebiete von den Förderprogrammen der Europäischen Union. Die Stadt Bitsch wirbt erfolgreich um die Ansiedlung von Betrieben aus Deutschland. Das bringt Arbeitsplätze und Geld in die Region. Seit Generationen überqueren tagtäglich tausende Arbeitnehmer die offene Grenze, um in Pirmasens, Zweibrücken und Homburg ihr Geld zu verdienen. Neben den wirtschaftlichen Verbindungen nach Deutschland gibt es kulturelle Kontakte über die Grenze, gemeinsame Veranstaltungen wie das Festival Euroclassic und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Tourismus. All diese Vorteile der Europäischen Union haben die Lothringer jedoch nicht davon abgehalten, für die europa- und ausländerfeindlichen Rechtsextremen zu stimmen. Was wollen also die Wähler des FN und seine Sympathisanten? Raus aus der EU, hin zu einem nationalistischen Frankreich, „Franzosen zuerst“? Pascal Leichtnam, Erster Beigeordneter der Stadt Bitsch, glaubt nicht an diese Absicht der lothringischen Wähler. Aus seiner Sicht ist das aus europäischer und demokratischer Sicht beunruhigende Ergebnis vom Sonntag der französischen Innenpolitik geschuldet. „Die Leute haben nicht gegen Europa gewählt“, erklärt Leichtnam das Votum rund um die Zitadelle. Die Wähler hätten mit dem Fernbleiben von der Wahlurne und den Stimmen für den FN ihren Unmut über ausbleibende Wahlversprechen des sozialistischen Staatspräsidenten François Hollande ausgedrückt, der vor zwei Jahren den Konservativen Nicolas Sarkozy im Élysée-Palast abgelöst hat. Besonders die Verbesserungen im sozialen Bereich seien ausgeblieben. Die konservativen Parteien, so Leichtnam, seien von Machtkämpfen zerrissen und erschienen den Franzosen derzeit nicht wählbar. Das erkläre deren erdrutschartigen Stimmenverlust. Die im März neu gewählte Führung der Stadt Bitsch unter Bürgermeister Gérard Humbert sei zwar ohne parteipolitisches Etikett angetretenen, rechne sich jedoch dem rechts-konservativen Lager zu. Die Mitglieder der Stadtratsfraktion seien zu Neutralität verpflichtet und dürften keine parteipolitischen Aussagen in der Öffentlichkeit machen. Leichtnam sagt, dass ihm unter den Gewählten des Bitscher Rathauses kein Sympathisant der Rechtsextremen bekannt sei. Der Beigeordnete geht nicht davon aus, dass sich der Erfolg des FN bei der nächsten Wahl – etwa zur Nationalversammlung – wiederholen wird. Der direkt an der Grenze liegende Kanton Volmünster zeigte am Sonntag ein ähnliches Bild wie das Bitscher Land. Der FN holte 34 Prozent, die Konservative 27 Prozent. In Saargemünd erreichten die Rechtsextremen 29 Prozent der Stimmen. Die konservative UMP, Partei des Saargemünder Bürgermeisters Celeste Lett, kam dort auf 19 Prozent. In den Dörfern des Saargemünder Umlands konnte FN-Kandidat Philippot fast 36 Prozent für sich verbuchen. Die Konservative landete dort bei 26 Prozent, die Sozialistische Partei des François Hollandes fiel unter zehn Prozent. (wrt)

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