Kreis Südwestpfalz Nach zwei Stunden ist man blind

Thomas Schoch vom Weiler Scharrhof bei Gerhardsbrunn ist Pflanzenbauberater. Er macht Versuche und gibt Empfehlungen, welches Saatgut am besten wo ausgesät werden soll. Auch Versuche mit Pflanzenschutzmitteln und Dünger gehören zum Aufgabenspektrum des Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Westpfalz Kaiserslautern.

Im Rahmen der Landessortenversuche hat das Team von Horst Häussler vom DLR Westpfalz am Standort Neumühle auf einem Acker bei Contwig im Herbst je zehn Weizen- und Triticalesorten ausgesät. Die Fläche stellten die Stalters vom Dudelbingerhof zur Verfügung. Dazu kommt ein Versuch mit einem krankheitsanfälligen Qualitätsweizen. Bei diesem wurden verschiedene Pflanzenschutzmittel- und Wirkstoffkombinationen getestet. „Die oberste Priorität bei allen Pflanzenversuchen ist, dass die nicht untersuchten Einflussfaktoren möglichst gleich auf die Pflanzen wirken“, erläutert Berater Thomas Schoch. Beispielsweise verdichten schwere Erntemaschinen den Boden – mal mehr, mal weniger. Damit so etwas nicht die Ergebnisse verfälscht, wird jede Sorte nicht nur einmal, sondern mehrfach in sogenannten Parzellen ausgesät. Dabei werden die Wiederholungen nach dem Zufallsprinzip verteilt – in der Fachsprache randomisiert. Bei den Weizen- und Triticaleversuchen werden zwei Stufen untersucht, einmal ohne Pflanzenschutzmittel gegen Pilze, einmal mit. Danach wird geschaut, ob beim Einsatz von Fungiziden viel mehr Ertrag herauskam. Daran lässt sich ablesen, ob sich das Spritzen lohnt. „Mit den zwei Stufen, den drei Wiederholungen für jede Sorte und den zehn Sorten selbst ist man schnell bei einer großen Zahl von Versuchsparzellen“, rechnet Schoch vor. Im konkreten Fall bei je 60. Dazu komme der Pflanzenschutzmittelversuch mit acht Varianten und sechsfacher Wiederholung, also weitere 48 Parzellen. In der Regel sei eine Versuchsparzelle zehn Quadratmeter groß. So könne man einfach auf die in der Landwirtschaft übliche Größe Hektar umrechnen. Ein Hektar entspricht 10 000 Quadratmeter. Die Versuchstechniker Tobias Werner aus Enkenbach-Alsenborn und Ernst Schulz aus Teschenmoschel haben die Versuche akribisch geplant und angelegt. Angefangen haben sie mit dem Einmessen des Versuchs mit Begrenzungsstäben, Winkelspiegel und Zirkel. Dann haben sie für jede Parzelle einzeln das Saatgut in kleine Tütchen abgewogen. „Die Sorten erhalten Nummern, damit man bei den Bonituren neutral ist“, erklärt der Pflanzenbauberater. Damit gemeint ist das Ermitteln von Daten von der Aussaat bis zur Ernte. Begutachtet werde zum Beispiel in jeder Parzelle die Verzweigung am Stängelgrund, die Standfestigkeit und die Ährenzahl pro Quadratmeter. Auch der Mäuseschaden wird aufgenommen. Eventuell muss dieser dann mit dem Ertrag verrechnet werden. Viele Fehlerquellen seien bei der Bestandsbeobachtung möglich. „Bonitiert man man Pilzkrankheiten, so ist man nach zwei Stunden blind“, berichtet Schoch. Pausen seien dabei zwingend erforderlich. Wie bei der Aussaat und beim Pflanzenschutz kommt auch bei der Ernte eine spezielle Maschine zum Einsatz: ein Parzellenmähdrescher. Der Berater: „Bei einem Preis von etwa 150 000 Euro kann er durchaus mit einem großen Mähdrescher mithalten.“ Beim Ernten hält Fahrer Schulz vor jeder Parzelle kurz an, drückt einen Knopf und fährt los. Der mit viel Elektronik ausgestattete Mähdrescher ermittelt sofort den Ertrag und die Feuchte des Erntegutes. Aus dem Erntestrom wird eine repräsentative Probe gezogen, die Werner in vorbereitete Papiertüten leitet. Schoch erläutert: „Das heißt, im Vorfeld muss der Fahrplan feststehen. Bleibt keine Tüte mehr übrig, dann war alles ok.“ Im Labor werde noch einmal die Trockensubstanz der Proben bestimmt, um die Erträge später vergleichen zu können. „Mit den weiteren Untersuchungen haben wir nichts am Hut“, sagt der 28-Jährige. Die Proben gehen zur Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt nach Speyer. Dort werden unter anderem der Befall mit Fusariumpilzen untersucht und die Backqualität getestet. Das Wetter kann die Versuchsergebnisse beeinflussen. Daher hat das DLR in Enkenbach-Alsenborn einen Parallelversuche mit dem Weizen und der Triticale angelegt. Thomas Schoch sagt: „Dort stand auch ein Raps-Versuch und im benachbarten Mehlingen ein Parzellenversuch mit Wintergerste.“ In Bischheim untersuche man die Maissorten. Das Hauptversuchsfeld des DLR sei in Biedesheim. An diesem Standort seien Weizen, Sommergerste, Roggen, Sojabohnen, Sommer- und Winterackerbohnen sowie Sommer- und Wintererbsen ausgesät worden. Dort untersucht das DLR auch verschiedene Düngungsvarianten. Schoch bezeichnet die Beratung des DLR als wertneutral. Neben dem Ertrag und der Ertragssicherheit einer Sorte sowie bestimmten agronomischen Merkmalen müssten bei der Empfehlung auch noch die Anforderungen des Handels – insbesondere die Qualitätsansprüche – berücksichtigt werden.

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