Kreis Südwestpfalz Kripo ermittelt wegen Mordes vor 71 Jahren

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Wegen eines russischen Kriegsgefangenen, der vor 71 Jahren erschlagen und bei Dietrichingen vergraben worden sein soll, ermitteln nun Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei wegen Mordes. Das teilte der Heltersberger Vermisstenforscher Uwe Benkel gestern mit. Benkel, der die Arbeitsgruppe Vermisstenforschung leitet, hatte nach Hinweisen eines Augenzeugen am Samstag vergeblich nach den sterblichen Überresten des Toten gesucht (wir berichteten am Montag).

Die Kriminalpolizei in Kaiserslautern habe ihn informiert, dass sie die Ermittlungen aufgenommen habe, sagte Benkel. Er und der Augenzeuge würden nun vernommen. Klar sei, dass bei einer weiteren Grabung nach dem Toten auch die Kriminalpolizei dabei sein wird. Der Vermisstenforscher geht davon aus, dass die Geschichte von dem toten Kriegsgefangenen stimmt. Ihn habe am Wochenende auch ein junger Mann aus Althornbach angerufen, der ebenfalls jemanden kenne, der wisse, wo sich das Grab des Russen befindet. Weitere Zeugen hätten sich nicht gemeldet. Laut dem Leitenden Oberstaatsanwalt Martin Graßhoff hat die Staatsanwaltschaft Zweibrücken aufgrund des Berichtes in der RHEINPFALZ vom Montag von Amts wegen Ermittlungen gegen Unbekannt eingeleitet und damit die Kriminaldirektion Kaiserslautern beauftragt – wegen der „in dem Bericht erwähnten möglichen vorsätzlichen Tötung eines Kriegsgefangenen durch bisher unbekannte Personen in der Nähe von Dietrichingen vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges“. Nach den Schilderungen in dem Artikel erscheine es möglich, dass es sich bei der Tat um einen Mord handelt. Dieses Verbrechen wäre – obwohl es schon sehr lange zurückläge – auch noch nicht verjährt, „so dass die Einleitung des Ermittlungsverfahrens nach dem für die Staatsanwaltschaft geltenden Legalitätsprinzip zwingend ist“, erklärt Graßhoff. Das heißt: Die Staatsanwaltschaft muss ein Ermittlungsverfahren einleiten, sobald sie von einem möglichen Verbrechen erfährt. Die Geschichte von dem toten Kriegsgefangenen war in Dietrichingen zwar so etwas wie ein offenes Geheimnis. Das hatten Benkel und seine Mitstreiter bei der Suche nach dem Grab in einem Acker am Dorfrand erfahren. Da sie aber nicht öffentlich bekannt war, gab es bisher keine Ermittlungen. Das hat sich nun durch die Suche und die anschließende Berichterstattung geändert. Da Mord nicht verjährt, spielt es auch vorerst keine Rolle, dass das Verbrechen im Jahr 1945 passiert sein soll. Alle anderen Vergehen oder Verbrechen außer Mord wären bei einer Tatzeit um 1945 allerdings bereits verjährt. Ob es sich bei der mutmaßlichen Tat nun aber tatsächlich um Mord oder um ein anderes vorsätzliches Tötungs- oder Körperverletzungsdelikt handelte, sei anhand der im Zeitungsartikel genannten Informationen nicht einzuschätzen. Der Staatsanwaltschaft und der Polizei lägen auch noch keine Erkenntnisse vor, ob die Angaben überhaupt stimmen. Das alles sollen nun die Ermittlungen aufklären. Dabei gehe es „natürlich auch um die Frage, ob mögliche Tatverdächtige noch leben oder bereits verstorben sind“. Die Ermittlungen werden einige Zeit in Anspruch nehmen, kündigt Graßhoff an. Dass die Vermisstenforscher am Samstag nach der angeblichen Leiche gruben, geht auf Informationen eines Dietrichingers zurück, der damals 14 Jahre alt war. Der Zeuge hatte sich am Samstag im Gespräch mit der RHEINPFALZ an das Geschehen im Jahr 1945 erinnert: „Das ging damals drunter und drüber. In einem Notstall waren drei russische Kriegsgefangene untergebracht. Einer von ihnen hat vor Hunger eine Zuckerrübe von einem Hänger gestohlen. Dafür wurde er totgeprügelt. Dann haben sie ihn auf dem Acker verscharrt. Die Stelle war noch lange zu sehen, ein Hubbel im Acker“, erzählte er. Der Mann war zusammen mit einem Bekannten Zeuge des Ereignisses. Beide schwiegen, trafen aber die Abmachung, dass derjenige, der den anderen überlebt, die Geschichte publik machen wird. Im Frühjahr rief der heute 86-Jährige Uwe Benkel von der Arbeitsgruppe Vermisstenforschung an und berichtete ihm von dem Geschehen. |bfl/sach

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