Kreis Südwestpfalz „In Biosphäre Kommunen mehr Gewicht geben“

Beim Urnengang am 25. Mai bestimmen die Bewohner des Saarpfalz-Kreises den Nachfolger des aus Altersgründen scheidenden Landrats Clemens Lindemann (SPD), der seit 1985 an der Spitze der Homburger Kreisverwaltung steht. Zur Wahl stehen der Erste Kreisbeigeordnete Peter Nagel (CDU) aus Erfweiler-Ehlingen und das Kreistagsmitglied Theophil Gallo (SPD) aus Bexbach. Gerhard Müller sprach mit Peter Nagel über dessen politische Ziele.

Sie bewerben sich um die Nachfolge des Landrats Clemens Lindemann. Was unterscheidet Sie vom langjährigen Chef der Saarpfalz-Kreisverwaltung?

Ich komme von der wertkonservativen, wohl auch der wirtschaftsorientierten Seite. Clemens Lindemann entstammt eher dem sozialpolitischen Bereich. Bei der IHK bin ich im Bereich Ausbildung und Sicherung von Fachkräften tätig. Insofern ist mir das Thema Arbeitsmarkt besonders wichtig. Als Erster Beigeordneter bin ich seit 15 Jahren Stellvertreter des Landrates. Wenn man so lange Zeit miteinander die Kreisverwaltung leitet, und mit der CDU als Mehrheitsfraktion im Kreistag die Politik mitbestimmt, dann macht man natürlich vieles gemeinsam. Das war nicht immer einfach – ich hatte ja auch zweimal gegen ihn kandidiert. Aber wir waren uns immer einig, dass wir gemeinsam handeln müssen. Welche Aufgaben hat ein Landrat im Saarpfalz-Kreis heute? Welche politischen Prozesse kann er persönlich beeinflussen und gestalten? Natürlich hat man sehr viele gesetzlich vorgegebene Aufgaben zu erfüllen – etwa in der Jugendhilfe, bei der Unterstützung der Älteren und im Bereich Arbeitsmarkt. Das sind sehr wichtige Pflichtaufgaben, die wir für unsere Kommunen übernehmen. Darüber hinaus sind wir der größte Schulträger in der Region – mit rund 20 weiterführenden Schulen und zwei Berufsbildungszentren im Kreis. Es gibt viel zu tun, man muss die Ausstattung immer auf dem neuesten Stand halten. Da kann man sich akzentuieren und darstellen, dass Bildung und Ausbildung der Kinder ein großes Thema ist. Man darf aber nicht vergessen, dass 90 Prozent des Kreishaushalts von 166 Millionen Euro von den Pflichtaufgaben in Anspruch genommen werden. Weitere 9,5 Prozent gehen für bedingte Pflichtaufgaben wie Nahverkehr und Schulen drauf. Für Freiwilliges bleiben nur 0,6 Prozent des Haushalts – das sind 600 000 Euro für Vereins- und Wirtschaftsförderung oder auch die Beteiligung an der Saarpfalz-Touristik. Dass der Saarpfalz-Kreis als sogenannte Optionskommune das Jobcenter in eigener Verantwortung übernimmt, war parteiübergreifender Konsens im Kreistag? Uns war frühzeitig klar, dass wir da verstärkt einsteigen wollen. Wir suchten aber im Jahr 2004 zuerst einmal die Möglichkeit, gemeinsam mit der Arbeitsagentur tätig zu werden. Damals hat der Landrat schon gleich die Options-Möglichkeit bevorzugt. Wir sagten aber, dass wir es erstmal zusammen mit der Arbeitsagentur probieren wollen. Die Konstellation, wie sie sich gestaltete, sagte uns dann aber nicht zu. 2009 haben wir uns dazu durchgerungen, dass der Arbeitsmarkt kommunal werden soll. Was möchten Sie als Landrat bevorzugt anpacken, wo liegen Ihre persönlichen Schwerpunkte? Meine Schwerpunkte sind nach wie vor die Themen Schulen, Bildung und ausreichende Versorgung mit Vorschul-Betreuungsplätzen. Das ist ein Element der Fachkräfte-Sicherung: Wenn wir Frauen wieder mehr ins Berufsleben integrieren wollen, müssen wir dafür sorgen, dass ihre Kinder ordnungsgemäß untergebracht werden – in Krippen, Horten oder Ganztagsschulen. Auf dem Arbeitsmarkt haben wir vielfach heute schon einen Mangel an Fachkräften. Wir müssen uns noch besser in die Lage versetzen, um diejenigen, die keine Arbeit haben, so zu qualifizieren, dass sie in unserer Region tatsächlich dort Beschäftigung finden, wo Fachkräfte gesucht werden. Wichtig ist mir auch das Themenspektrum Wirtschaftsförderung, Biosphäre, Tourismus. Im Saarpfalz-Kreis gibt es ja das Biosphärenreservat Bliesgau. Wir haben damit ein echtes Alleinstellungsmerkmal im Saarland. Das eröffnet uns einzigartige Chancen, die man nutzen sollte. Möglichst auch in Kooperation mit den benachbarten Biosphären Pfälzerwald und Nordvogesen. Wir grenzen aneinander – zusammen bilden wir eine der größten Biosphären in Deutschland. Sie sagten vorhin, dass Sie die Wirtschaftsförderung besonders stark im Blick haben. Was sagen Sie den Landwirten im Bliesgau, die sich angesichts der strengen Vorschriften im Biosphärenreservat in ihrer wirtschaftlichen Eigenständigkeit bedroht fühlen? Nach wie vor hegen viele Landwirte die Befürchtung, dass sie in der Nutzung ihrer Flächen eingeschränkt werden. Deshalb müssen wir wachsam sein. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Kommunen wieder stärkeres Gewicht in der Biosphäre bekommen. Die Kommunen wissen, wieweit die Menschen vor Ort das Thema umsetzen wollen. Die Biosphäre muss die Menschen mitnehmen. Sonst wird sie zum Reizthema, und das darf sie nicht werden. Eng mit der Person Clemens Lindemann sind die beiden Projekte Siebenpfeiffer-Stiftung und Europäischer Kulturpark Reinheim-Bliesbruck verbunden. Wie geht es damit weiter? In der Siebenpfeiffer-Stiftung sind wir eines von vielen Mitgliedern. Wir wollen auch weiterhin Veranstaltungen hier in Homburg anbieten. Es muss aber nicht dabei bleiben, dass der Landrat des Saarpfalz-Kreises Vorsitzender ist. Nach langer Zeit streben jetzt womöglich Andere jetzt auch einmal den Vorsitz an. Der Europäische Kulturpark liegt in meiner Heimatregion. Daran wird man mich auch messen, dass wir hier nicht abfallen. Wir brauchen intelligente Lösungen, um den Kulturpark als grenzüberschreitendes Vorzeigeprojekt weiter zu entwickeln. Trotzdem müssen wir die Belastung im Griff halten: Die Zuschüsse, die wir bekommen, werden in dieser Höhe künftig sicherlich nicht mehr fließen. Wie sieht künftig die Zusammenarbeit mit den Pfälzer Nachbarn aus? Wie gesagt, im Bereich Biosphäre/Pfälzerwald sollten wir uns enger abstimmen. Beim Tourismus geht der Blick bei uns ohnehin in Richtung Zweibrücken/Westpfalz. Dort sind die Strukturen bei Wander- und Fahrradwegen sehr gut, das ergänzt sich mit uns. Wir wollen schauen, welche Lücken geschlossen werden müssen. Auch im Waldpark Schloss Karlsberg unternehmen wir vieles gemeinsam. Letztlich geht es darum, auch zusammen mit dem Bitscher Land eine liebenswerte Wander- und Freizeitregion zu bilden. Auch mit einer Bahnverbindung zwischen Homburg und Zweibrücken? Ob die Revitalisierung zu verwirklichen ist, hängt davon ab, was die erneute Studie ergibt. Wir müssen genau wissen, ob genügend Personenströme hinzukommen und die Finanzierung gesichert ist. Ich weiß ja, dass es hier aus Rheinland-Pfalz Entgegenkommen gibt – das sollte man prüfen. Das Projekt ist eine schöne Sache – ich bin hier aber skeptisch. (ghm)

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