Südwestpfalz Hunderte von Storchenkindern: Es klappert wie noch nie

Storchen-Großfamilie auf der Großsteinhauser Mühle.
Storchen-Großfamilie auf der Großsteinhauser Mühle.

Noch nie hatten die Störche in der Südwestpfalz so einen reichen Kindersegen. Nirgendwo sonst in der Pfalz gibt es so viel Storchennachwuchs.

Für den Klapperstorch ist es ein Glücksjahr. Bestimmt 200 Jungstörche werden in diesem Jahr im Hornbachtal ihre Kinderstuben verlassen. Mehr als 90 sind es im Schwarzbachtal.

Auf der Großsteinhauser Mühle hat ein Storchenpaar fünf kräftige Jungschnäbel großgezogen. In allen Nestern vom Großsteinhauser Tal bis nach Althornbach sieht man gesunden Nachwuchs. Wie gut die Futterversorgung bisher war, ist daran zu erkennen, dass es noch ein weiteres Nest mit fünf Storchenbabys beim Kirschbacherhof gibt. Hinzu kommen mindestens noch 14 Nester bei der Kirschbacher Mühle und rund um den Kirschbacherhof, wo vier Storchenkinder groß geworden sind. Die meisten Storcheneltern haben drei Kinder. Selten sind Nester mit zwei oder nur einem Jungstorch.

Den kräftesparenden Segelflug sollten die Jungstörche bis zur Abreise gen Süden noch erlernen.
Den kräftesparenden Segelflug sollten die Jungstörche bis zur Abreise gen Süden noch erlernen.

Vogelkenner hatten angenommen, dass der Scheitelpunkt bei der Zunahme an Nachwuchs schon erreicht sei. Man vermutet, dass der Storch schon vor der Eiablage spüren kann, ob es ein gutes Futterjahr gibt. Viele Störche haben schon öfter im Hornbachtal gebrütet; sie kennen diesen besonders günstigen Lebensraum genau. Die Ringe der Storcheneltern belegen, wie orts- und nesttreu sie sind. Wurde einmal eine Brut erfolgreich aufgezogen, ist das ein entscheidender Grund für beständige Rückkehr. Der Nachwuchs im Hornbachtal ist auffallend gut entwickelt und munter. Die letzten Jungstörche üben auf den Nestern noch den Trockenflug, bis sich der gesamte Jungstörche-Kindergarten alleine in die Talwiesen zur Futtersuche aufmacht.

Heuschrecken, Insekten, Kriechtiere und Mäuse

Die anhaltende Sommerhitze macht auch den Störchen zu schaffen. Es wird schwieriger, ausreichend Futter anzuschleppen. Selbst gemähten Talwiesen sind jetzt steinhart, sodass die Störche keine Würmer mehr finden. Denn die sind tiefer ins Erdreich geschlüpft, wo es noch ein wenig Feuchtigkeit hat. Darum sieht man die Störche jetzt vermehrt an Wiesengräben, wo noch ein wenig Wasser fließt. Im hohen Gras noch nicht gemähter Wiesen finden die Vögel noch Heuschrecken, Insekten, Kriechtiere und Mäuse. Doch dort ist die Futtersuche gefährlicher, denn der anschleichende Fuchs und andere Feinde sind schlechter erkennbar.

Brennt die Sonne schon vor der Mittagszeit vom Himmel, müssen Jung- und Altstörche leiden. Diese haben jetzt deshalb ihre Beine weiß gepudert, um sich vor der Sonne zu schützen. Sie tun das, indem sie ihren Kot über die Beine spritzen, um Austrocknung und Sonnenbrand zu verhindern. Die Baumbewohner unter den Störchen haben Glück, wenn das Blätterdach mit einem Halbschatten für Sonnenschutz sorgt. Manche Nester sind durch den Baumstamm und die Blätter fast völlig geschützt.

Frisch gemähte oder abgeerntete Wiesen sind eine ergiebige Nahrungsquelle für Störche.
Frisch gemähte oder abgeerntete Wiesen sind eine ergiebige Nahrungsquelle für Störche.

Zwischen der großen Talbrücke nach Frankreich und dem Ortsrand von Hornbach haben jetzt gleich zwei Storchenpaare Nachwuchs. Ein Baumnest ist mit drei Jungvögeln belegt, die angebotene Nistplattform mit zwei Storchenbabys. Die Mauschbacher können Im Bruch Nester mit vier und zwei Langschnäbeln beobachten. Im Nest auf der Pferdekoppel in Althornbach sitzen drei Storchenkinder. Dieser Nestmast blieb nach seiner Aufstellung zunächst sechs Jahre unbewohnt. Seit 2016 hat nun der erste Weißstorch dort gebrütet. Eine weitere Nisthilfe in der Viehweide im Tal ist weiter unbewohnt.

Die Jungstörche der Großsteinhauser Mühle waren schon beringt – zur rechten Zeit. Denn eine Beringung darf nicht mehr erfolgen, wenn Jungvögel zwar noch nicht flugfähig sind, aber schon den Fluchtreflex haben. Dann droht ihnen bei einer Störung der Absturz mit Todesfolge. Daher steigt der Beringer nur zu jenen Nestern, in die die Störche sich noch ducken, um sich totzustellen. Sie empfinden allein den menschlichen Schatten schon als Gefahr.

Beinringe haben auch schon einige Jungvögel am Kirschbacherhof, bei Mauschbach und auf dem Hitscherhof. Baumnester sind für diese Forschungszwecke kaum zu erreichen.

Viele Jungvögel werden dieses Jahr überhaupt nicht beringt. Die Eiablage und der Bruterfolg zahlreicher Störche haben eine so große zeitliche Streuung, dass es schwer ist, überall den richtigen Zeitpunkt zu treffen. Die ehrenamtlichen Helfer stoßen zudem an ihre Grenzen, wenn die Störche so zahlreich und stark unterschiedlich entwickelt sind.

Auf der Kirschbacher Mühle findet es der Anwohner Bruno Schenzinger unfassbar, dass jetzt so viele Störche die Bäume am Straßenrand und zum Bachlauf bewohnen. Er und seine Frau sind vom Treiben um die Mühle begeistert. Über Jahre gab es nur ein Nest im Garten auf einer Nisthilfe. Jetzt gibt es fast 20 bewohnte Nester.

Erstes Storchenglück vor 19 Jahren

In Rheinland-Pfalz war der Weißstorch von 1974 bis 1996 völlig ausgestorben. Bei Dieter Götz auf dem Kirschbacherhof gab es 2004 die ersten Jungstörche im Hornbachtal. Einem dieser ersten jungen Ringstörche ist Toni Hüther aus Reifenberg 2008 in Cham in der Oberpfalz begegnet. Auf dem Dachfirst des „Straubinger Turmes“ hatte er Nachwuchs, als der Reifenberger Naturfreund dort im Urlaub war. Schon 2007 hatte die bayerische Horstbetreuerin den Zweibrücker Einwanderer nach einer erfolgreichen Brut erkannt.

Mithilfe von Dieter Götz haben die Storchenpioniere vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Hans Göppel und Peter Spieler, 2005 in ihrem Feuchtgebiet bei Mauschbach einen Nestmast aufgestellt. Den Eichenstamm hatte Götz gestiftet; ein Mitarbeiter stellte ihn auf. Schon 2006 war der Horst bewohnt. Nur zwei der drei Jungvögel überlebten. Die Naturschutzjugend taufte sie „Klapperfine“ und „Klapperfix“.

x