Kreis Südwestpfalz Die Jahre mit Leben füllen

Jürgen Gundacker, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Zweibrücken-Land, wählte gestern Abend beim Neujahrsempfang in der Stambacher Turnhalle deutliche Worte, als er auf das Ende des Passagierflugbetriebs am Zweibrücker Flughafen zurückblickte: „Eine bessere Verkehrsinfrastruktur, die längere und sicherere Landebahn und das bessere Geschäftsergebnis spielten bei der EU-Kommissionsentscheidung nur eine untergeordnete oder gar keine Rolle. Ein Regierungsflughafen wurde nach meiner Einschätzung einem zukunftsfähigeren Flughafen vorgezogen.“

Die der Insolvenz folgende Schließung des Zweibrücker Flughafens sei 2014 „das zentral einschneidendste Thema“ gewesen, das die Region noch immer bewege. Die Verbandsgemeinde hat über den Zweckverband Entwicklungsgebiet Flugplatz Anteil am Gewerbegebiet Flugplatz. Die Entscheidung der EU-Kommission, die angeblich unzulässigen Beihilfen zurückzufordern, sei „nicht oder bis heute noch nicht vollständig nachzuvollziehen“. Er schob hinterher: „Dass wir mit einer sicheren Landebahn, den Wettbewerb verzerrt haben, indem die Menschen von Zweibrücken anstatt von Saarbrücken aus geflogen sind, irritiert mich persönlich dabei massivst.“ Nun gelte es, nach vorne zu blicken. Das Outlet biete Chancen: Man müsse die Verweildauer der Besucher „durch attraktive Angebote wie den sanften Tourismus erhöhen“, so der Verbandsbürgermeister. An die Adresse der Pirmasenser Einzelhändler, die dem Outlet die verkaufsoffenen Sonntage neiden, sagte er: „Unsere verkaufsoffenen Sonntage sind für uns unverzichtbarer Bestandteil unserer Entwicklung in der Region und dürfen nicht gefährdet werden. Dafür werden wir alle eintreten.“ Er erntete Beifall. Gundacker verwies in seiner 30-minütigen Rede in der vollen Turnhalle mehrfach auf den Spruch des französischen Chirurgen Alexis Carrel, der öfter bei Geburtstagen zu hören ist: „Es kommt nicht darauf an, dem Leben mehr Jahre zu geben, sondern den Jahren mehr Leben.“ 2014 sei reich an Ereignissen gewesen − nicht zuletzt, weil es ein Wahljahr war. Und er führte ein neues Wort ein: „Demografiefestigkeit“. Wie gestern berichtet, hat sich die Verbandsgemeinde an einem so genannten Demografiecheck beteiligt. „Obwohl wir die Verbandsgemeinde sind, die innerhalb des Kreises am wenigsten von der Demografie betroffen sein wird, stellen wir uns dieser Entwicklung. Wir untersuchen als eines von drei Landespilotprojekten die Auswirkungen mit dem Ziel, weiter an der Demografiefestigkeit zu arbeiten.“ Ideen seien Arztsprechstunden in den Dörfern und betreute Wohngruppen. Beim Ausblick auf 2015 hob Gundacker die so genannte Stadt-Umland-Strategie hervor: Ein Jahr lang sollen zusammen mit den Bürgern Ideen gesammelt werden, um die Region nach vorne zu bringen (). Weitere Stichworte für 2015: schnelles Internet (auch für Stambach), die Sanierung der Hornbacher Schulturnhalle, der Wasserpark in Contwig sowie Windräder in der Verbandsgemeinde. Dabei versicherte Gundacker: „Die Gemeinden werden, bevor der Verbandsgemeinderat die Entscheidung zu Vorrangflächen trifft, in den Entscheidungsprozess maßgeblich eingebunden werden.“ Für 2015 hofft Gundacker „auf saarländische Unterstützung für die Reaktivierung der gemeinsamen S-Bahn-Linie zwischen Homburg und Zweibrücken sowie den Aufstieg unseres 1. FCK“. Auch 2015 biete viele Herausforderungen. „Wir werden uns weiterentwickeln, damit die Menschen das vorfinden, was es lohnenswert macht, hier in unserer Region zu arbeiten und zu leben“. Contwigs Bürgermeister Karlheinz Bärmann hatte zu Beginn ebenfalls den Blick nach vorne gelenkt: „Die Zukunft ist weit offen. Sie hängt von uns ab. Von uns allen“, zitierte er den Philosophen Karl Popper. Gundacker dankte den zahlreichen ehrenamtlich Aktiven in der Verbandsgemeinde − von den 355 Feuerwehrleuten und allen, die sich in den Räten engagieren, bis zu den Erlebniswanderführern. Dank ging auch an das Orchester der VT Contwig, das den Neujahrsempfang abwechslungsreich umrahmte. (sbn)

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