Kreis Südwestpfalz „Ach, sucht ihr diesen Toten?“

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Seit 71 Jahren sollen die sterblichen Überreste eines russischen Kriegsgefangenen bei Dietrichingen in der Erde liegen. Kurz vor Kriegsende musste er sterben, weil er eine Zuckerrübe gestohlen hatte, heißt es. Am Samstag unternahm die Arbeitsgruppe Vermisstenforschung um den Heltersberger Uwe Benkel einen Versuch, das Grab zu finden.

„Das ging damals drunter und drüber“, erinnert sich der letzte Zeuge, ein heute 86-Jähriger aus Dietrichingen. „In einem Notstall waren drei russische Kriegsgefangene untergebracht. Einer von ihnen hat vor Hunger eine Zuckerrübe von einem Hänger gestohlen. Dafür wurde er totgeprügelt. Dann haben sie ihn auf dem Acker verscharrt. Die Stelle war noch lange zu sehen, ein Hubbel im Acker.“ Der damals 14-Jährige wurde zusammen mit einem Bekannten Zeuge des Ereignisses. Sie schwiegen darüber, trafen aber die Abmachung, dass derjenige, der den anderen überlebt, die Geschichte publik machen wird. 71 Jahre später klingelt im Frühjahr 2016 bei Uwe Benkel von der Arbeitsgruppe Vermisstenforschung das Telefon. Benkel trifft sich mit dem Zeugen, der ihm die Stelle zeigt, an der der Tote liegen soll. Die Erinnerungen sind vage: „13 Schritte von der Brücke“, daran erinnert sich der Zeuge noch. Eine sofortige Grabung ist im Frühjahr indes nicht möglich. Am Samstag startet Benkel dann den Versuch, den Toten zu finden. Ein Bagger, bereitgestellt von Ralf Schneider aus Saarbrücken, öffnet den Acker an der vermuteten Stelle. Baggerführer Franz Reitz aus Heltersberg hat eigens eine andere Veranstaltung abgesagt, um heute hier zu graben. 80 bis 100 Zentimeter tief soll der Tote liegen. Benkel ist überzeugt, dass an der Geschichte etwas dran ist. „Als wir das Gelände zum ersten Mal untersuchten, kamen mehrere Frauen vorbei, die uns fragten ,Ach, sucht ihr diesen Toten?’“, erzählt Benkel. Bei der Sondierung schlug auch die Anzeige des Suchgeräts aus. Auch am Grabungstag findet sich ein weiterer Mann ein, der weiß, dass da ein Toter im Acker liegt. Doch wo genau, das ist unklar. Über Stunden gräbt sich der Bagger durch den harten Lehmboden. Doch weder an der vermuteten Stelle auf dem Acker noch an der Böschung daneben finden Benkel und seine Helfer den Vermissten. „Das ist wie die Stecknadel im Heuhaufen“, stellt Benkel fest, der schließlich die Suche einstellen muss. Außer einigen Steinen haben sie nichts gefunden, auch keine Störungen im Erdreich, die auf frühere Grabungen oder Löcher hindeuten würden. Aufgeben will er jedoch nicht. Beim ersten Gespräch mit dem Zeugen aus Dietrichingen nannte der ihm noch eine andere Stelle. Dort wird Benkel es ebenfalls versuchen. In der Zwischenzeit hofft er außerdem, dass sich vielleicht weitere Zeugen melden, die Informationen darüber haben, wo der russische Kriegsgefangene vor 71 Jahren geblieben ist. Info Näheres über die Arbeitsgruppe Vermisstenforschung findet man unter der Adresse flugzeugabstuerze-saarland.de im Internet. Uwe Benkel erreicht man per E-Mail an mu.benkel@t-online.de.

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