Kreis Südliche Weinstraße Wer hat gebissen?

Das ist bestimmt eine Premiere im Kreisrechtsausschuss gewesen: Auf leisen Sohlen schleicht ein tierischer „Zeuge“ in den Sitzungsraum. Der weiße Schäferhund Indio lässt sich brav unter einem Tisch nieder, schnauft einmal tief durch und begleitet dann die Verhandlung nur hin und wieder mit leisen Fiep-Tönen. Im Ausschuss geht es um ihn, um sein Verhalten. Muss er an die Leine? Ist Indio ein „gefährlicher Hund“ im Sinn des Landestierschutzgesetzes?

Der Vorfall, der diese Fragen aufwirft, liegt mehr als ein Jahr zurück: Ein Ehepaar aus Dernbach geht mit seinen beiden weißen Schäferhunden am Dorfrand spazieren. In einem Hof kläfft plötzlich Paula, eine Promenadenmischung von gerade mal vier Kilo Lebendgewicht. Einer der Hunde geht auf den Winzling los, reißt ihn seiner Besitzerin aus den Armen, schüttelt ihn kräftig. Ein Tierarzt diagnostiziert wenig später Quetschungen und eine „nicht offene Bissverletzung“. Es sei Indio gewesen, der den kleinen Kläffer attackiert habe, nicht etwa die Hündin Savannah, die auch dabei war, versichert ein Zeuge. Erkannt habe er den Rüden an seinen „Hängeohren“. Das Ehepaar, das jetzt im Kreisrechtsausschuss sitzt, sieht das alles ganz anders. „Ich weiß, dass dieser Hund nicht einmal eine Maus beißt, geschweige denn einen anderen Hund“, erklärt der Mann. „Der kann’s nicht gewesen sein.“ Seine Frau könne bezeugen, dass der elf Jahre alte Vierbeiner ganz brav neben ihr gesessen habe, heißt es. Eine Leinenpflicht und eine Einstufung Indios als „gefährlicher Hund“ lehne er daher strikt ab. Die Attacke gehe ganz klar auf Savannahs Konto. Aber gebissen habe die natürlich auch nicht. „Das war lediglich eine Zurechtweisung, weil die Kleine so wüst gekläfft hat.“ In so einem Fall müssten größere Hunde die „Rangordnung klären“. Mittlerweile hat der Hundestreit schon verschiedene Gerichte beschäftigt. Zuletzt bestätigte das Verwaltungsgericht Neustadt die Auffassung der Verbandsgemeinde Annweiler, der Rüde sei als gefährlich einzustufen, müsse also im öffentlichen Raum immer an die Leine. Joachim George, Vorsitzender des Kreisrechtsausschusses, wollte von den Hundehaltern wissen, warum sie den „braven“ Indio nicht zu einem Verhaltenstest angemeldet hätten, um seine vermeintliche Harmlosigkeit zu beweisen. Liebend gern hätten sie das getan, beteuern die beiden, aber man habe sie abgewiesen mit der Begründung, eine solche Wesensüberprüfung müsse amtlich angeordnet werden. Und das Gericht hatte befunden, es sei „kein Raum mehr“ für einen solchen Hunde-Charaktertest. So wird Indio wohl sein Hundeleben lang an der Leine geführt werden müssen, während Savannah, die laut Besitzer „nicht so gut zu sprechen ist auf andere Hunde“, weiterhin außerhalb des Dorfs ihre Freiheit genießt.

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