Kreis Südliche Weinstraße Raketenalarm gehört zum Alltag

Wochenlang sind Raketen aus Gaza in Israel eingeschlagen. Seit Januar dieses Jahres arbeitet Alexandra Magold aus Bad Bergzabern als promovierte Wissenschaftlerin im Weizmann-Institut in der Nähe von Tel Aviv. Eine Minute Zeit hatten sie und ihre Kollegen, um bei Raketenalarm den Schutzkeller aufzusuchen. Trotz der Bedrohung hat sie nicht vor, ihre Forschungen aufzugeben. „Ich fühle mich trotzdem gut aufgehoben“, sagt sie.

Die 35-Jährige ist drei Tage zu Besuch in Bad Bergzabern, um ihre Eltern und Verwandten zu besuchen. „Ich liebe es, hier zu sein, aber es kommt mir auch ein wenig unwirklich vor und ich vermisse die vielen Kinder, die es in Israel gibt“, sagt sie. Nach dem Abitur am Otto-Hahn-Gymnasium in Landau hat sie molekulare Medizin, Neurowissenschaften (Hirnforschung) und Biotechnologie in Freiburg und Lausanne studiert und dann ihre Doktorarbeit geschrieben. Jetzt absolviert sie ein dreijähriges Stipendium am international angesehenen Weizmann-Institut. Warum verbreitet sich Krebs oft über das Lymphgefäßsystem? Wie umgeht er das Immunsystem und welcher Wirkstoff kann dagegen entwickelt werden? Das sind unter anderem die Fragen, mit denen sie sich in ihren Forschungen beschäftigt. Bevor sie nach Israel kam, arbeitete sie ein Jahr zu Forschungszwecken in einem Kinderkrankenhaus in Philadelphia. Ihr Thema: Muskelschwund. Auch für sie als Wissenschaftlerin eine große Herausforderung, zusehen zu müssen, wie Kinder an dieser schlimmen Krankheit sterben. Und mit ein Antrieb zu forschen, um zu helfen. Rechovat heißt die Stadt mit über 100.000 Einwohnern, in der sie jetzt in Israel lebt und mit rund 2500 Wissenschaftlern am Weizmann-Institut forscht. „Der Campus ist ein riesiger botanischer Garten, in dem Mangos wachsen, bis dahin habe ich Mangos nie gemocht“, erzählt sie. Ganz in der Nähe des Instituts hat sie eine kleine Wohnung. „Ich habe einen schönen Blick auf Tel Aviv“, sagt sie. Gaza liegt rund zwei Autostunden entfernt, die teilweise schlechten Straßen fordern ihren Tribut. „Der Alltag wurde aufrecht erhalten, bei Raketenalarm mussten wir die Schutzräume aufsuchen“, erzählt Alexandra. Es habe manchmal drei- bis fünfmal Alarm pro Tag gegeben. „Das heißt, wir mussten in einer Minute im Schutzraum sein, in dem es eng und heiß war. Und man spürte es körperlich, wenn die Raketen abgefangen wurden“, erinnert sie sich. Ohne Aufregung oder gar Angst und Panik. Denn, so sagt sie, sie habe in Israel einen Pragmatismus kennengelernt, den sie so nicht gekannt habe. Die Menschen hätten sehr ruhig getan, was in dieser Situation habe getan werden müssen, nämlich alles stehen und liegen gelassen – und ab in die Schutzräume. Dann sei der Alltag weitergegangen. Jeder habe jedem geholfen. „Mich hat der Alarm zweimal unter der Dusche erwischt, ich bin dann mit Schaum in den Haaren und Handtuch los“, sagt Alexandra. Bei allem Pragmatismus werde aber auch diskutiert, „was das Zeug hält“, und es gebe eine beeindruckende Meinungsfreiheit. „Die Israelis sind sehr frustriert über die Gesamtsituation. Keiner, den ich kenne, sagt, die Situation ist akzeptabel“, erzählt sie, sichtlich beeindruckt von den Friedensdemonstrationen in Tel Aviv. Bekannte, Freunde hat sie schnell gefunden, denn man kümmere sich um den anderen, sagt sie. Sie wird zu Familienfeiern eingeladen, in der Aikido-Gruppe, in der sie täglich trainiert, fühlt sie sich wie in einer Familie. „Ich wurde immer gleich alles gefragt: Wie alt bist du? Wie viel verdienst du? Warum bist du noch nicht verheiratet?“, sagt die zierliche Wissenschaftlerin und meint, die Mentalität der Menschen dort habe durchaus Ähnlichkeit mit der pfälzischen. Das Essen sicher nicht. Shakshuka, das Frühstück, liebt sie. Spiegeleier werden in zuvor geschmorten Tomaten gegart, dazu gibt es frisches Brot und starken Kaffee. „Lecker“ seien die Kichererbsen und selbst gemachte Limonade mit Zitrone und Minze. Das Land wegen der politischen Lage zu verlassen, wie viele ihrer Arbeitskollegen am Institut, und damit die Arbeit, die für sie Berufung ist, kommt derzeit für sie nicht in Frage. „Ich habe die Chance, dort zu meinen Themen zu forschen“, sagt Alexandra. Ihr großer Traum: Ein eigenes Forschungslabor. (pfn)

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