Kreis Südliche Weinstraße Nachahmenswert – oder doch nicht?

Fast eine Viertelmillion Euro wurden in seinem Bezirk im vergangenen Jahr gesammelt, aus Niederhorbach kamen davon rund 700 Euro. Jetzt wollen die Gemeinderäte und der Ortsbürgermeister in Niederhorbach nicht mehr, wie in den vergangenen Jahren üblich, selbst sammeln. Die Begründung, die in einer Resolution festgehalten ist, die an den VDK und an Bundespräsident Joachim Gauck, der Schirmherr des VDK ist, geschickt wurde: „Wenn im Militärhaushalt Geld ist, um in fremde Kriege zu ziehen, dann ist erst recht Geld da, um vorhandene und zwangsläufig hinzukommende Gräber zu pflegen.“ Unterstellt, diese Bemerkung sei stichhaltig, frage er sich, warum der VDK abgestraft werden soll, sagt dazu der Vorsitzende des Bezirksverbandes Rheinhessen-Pfalz, Paul Schädler, gegenüber der RHEINPFALZ. Der Volksbund finanziere seine Aufgabe, die Kriegsgräber im Ausland zu betreuen, überwiegend aus Spenden. Nur ein kleiner Teil werde aus dem Bundeshaushalt bestritten. Wie der VDK auf Anfrage mitteilte, lag das Spendenaufkommen bei Straßensammlungen 2013 bei rund 5,27 Millionen Euro. Ein Drittel der Ausgaben wird aus Bundesmitteln finanziert. Nicht nachvollziehbar ist für Paul Schädler auch die Begründung der Niederhorbacher, „Krieg geht von deutschem Boden aus, wenn deutsche Soldaten in die Kriege der Welt getrieben werden“. Kein deutscher Politiker treibe deutsche Soldaten in den Krieg, meint Schädler. Mit ihrer Weigerung, persönlich nicht mehr zu sammeln, sei keinerlei Kritik am VDK verbunden, die Arbeit gegen das Vergessen sei wichtig, heißt es in der Resolution. Aber: „Offenbar erinnern sich etliche Vertreter unserer großen Politik nicht mehr an genau die Denkanstöße gegen das Vergessen, wenn sie die Absicht vertreten, Deutschland sei in der Pflicht, mit Mann und Material an internationalen Brandherden mitzuzündeln.“ Kreistagsmitglied und Oberstleutnant der Reserve Nicolai Schenk, der selbst in Einsätzen in Afghanistan war, ist Beauftragter des VDK für den Landkreis Südliche Weinstraße. Er habe höchsten Respekt davor, dass sich der Rat über die kommunale Ebene hinaus mit diesem Thema befasse. „Ich sehe nicht, dass von deutschem Boden Krieg ausgeht, respektiere aber die Meinung des Niederhorbacher Gemeinderates“, so Schenk. Aber er bedauere, dass die Räte nicht mehr selbst für den VDK sammeln. „Viele Sammler orientieren sich an den Gemeinderäten als Vorbilder“, ist seine Erfahrung. Zudem müsse seiner Ansicht nach die Friedensarbeit durch den persönlichen Kontakt der Sammler in der Bevölkerung verankert bleiben und dürfe nicht staatlich geregelt werden. Bis zum Wegfall der Wehrpflicht war die Bundeswehr die große Unterstützerin des VDK. „Rekruten waren damals mit der Sammelbüchse unterwegs“, erinnert sich Schenk. „Gut“ findet der Reserveoffizier die Idee, das Thema öffentlich zu diskutieren: „Ich würde mich an einer Diskussion beteiligen.“ Bei Ortsbürgermeister Walter Hoffmann reißen indes die Reaktionen auf die Entscheidung des Gemeinderates nicht ab. „Bei mir haben sich Privatleute, Medien, Vertreter von Parteien und Kirchen gemeldet“, berichtet Hoffmann. Er plane eine öffentliche Diskussion zum Thema im Januar. Bundesweite Verbreitung hat die Haltung des Rates in den „Nachdenkseiten“ im Internet gefunden, die der ehemalige Bundestagsabgeordnete und Autor Albrecht Müller (SPD) aus Pleisweiler gegründet hat und die sich dem internationalen politischen Geschehen kritisch widmet. „Eine mutige und nachahmenswerte Entscheidung des Gemeinderates in meinem Nachbardorf. Wiedervorlage zum Volkstrauertag im nächsten Jahr“, kommentiert Müller den Artikel in der RHEINPFALZ vom 13. November. (pfn)

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