Kreis Kusel Ein mitreißender Abend

„So möchte ich auch mal spielen können“, strahlte Michelle Wolf nach dem Herbstkonzert des Westpfälzischen Symphonieorchesters des Musikvereins Kusel und des Orchestervereins Idar-Oberstein zusammen mit Geiger Angelo de Leo und Jungpianistin Grace Weppler in der Kuseler Fritz-Wunderlich-Halle.

Die sechzehnjährige Körbornerin ist mit ihrer Schwester Sabrina (14) gekommen, weil viele ihrer Freunde bei dem Orchester mitspielen, aber auch, um Vorbilder zu erleben – und die fanden die beiden Schülerinnen am Samstagabend, wie auch die insgesamt etwa 280 Gäste in der Fritz-Wunderlich Halle, sowohl im Spiel des Orchesters wie auch im Vortrag der beiden jungen Solisten, von denen besonders die erst elfjährige Grace Weppler alle Voraussetzungen für eine internationale Karriere mitbringt und ihre Zuhörer begeisterte. Nach der Symphonie Nr. 32 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 bis 1791), in der das Westpfälzische Symphonieorchester mit federnder Leichtigkeit und innigem Ausdruck im Allegro spiritoso überzeugte, brillierte die junge Grace in Mozarts Klavierkonzert Nr. 9 Es-Dur, das der erst 21-jährige Meister damals für eine 20-jährige Virtuosin, die Pianistin Louise Victoire Lenamy, schrieb. Ins Spiel des unter Leitung von Thomas Germain geschmeidig vibrierenden Orchesters brachte sich Grace Weppler ganz selbstverständlich ein, unaufdringlich und gerade deshalb mit umso bezwingenderer Präsenz. Bereits bei den ersten Takten fielen ihre Sicherheit und Souveränität im Wechselspiel mit dem Orchester auf, im Solopart faszinierte ihre Darstellung der selbstvergessen vor sich hin träumenden Melodie – eine Interpretation von überraschender Reife und Gestaltungstiefe, voll tief empfundenem Ausdruck. Im langsamen Mittelsatz des Konzertes dominierten Bläser das Thema, klare Intonation und präzise konturierte Formgebung zeichneten das Spiel des Westpfälzischen Symphonieorchesters aus. Die Verzierungen des Klavierparts spielte Grace Weppler nicht nur technisch makellos, sondern bettete sie auch fern bloßer Ornamentik als Ausdrucks- und Gestaltungsmittel in ein Gesamtkonzept ein. Die auffallende Farbigkeit des Satzes, die die Musiker mit unverkennbarem Spaß an der Sache herausarbeiteten, dokumentiert Mozarts hohe Orchestrierungskunst bereits in seinen Frühwerken und lässt die Klangsprache der Romantik erahnen. Im rasanten Klavierthema des schnellen Presto überraschte Grace Weppler das Publikum sowohl mit sicherer Anschlagstechnik und stupender Geläufigkeit, aber auch durch ihre ungemein reflektierte Interpretation: In sicherem Zwiegespräch mit dem Orchester brachte sie ihre hochvirtuosen Kadenzen, die sich aber nie in reinem Schönklang erschöpften, sondern sehr durchdacht geformt waren, in das klangvolle Finale mit seinen malerischen Hörnerakzenten ein. Auch im Konzert in D-Dur op. 77 von Johannes Brahms (1833 bis 1897) begeisterte das Westpfälzische Symphonieorchester durch den fesselnden Ausdruck, mit dem die Musiker den feierlichen Ernst und die Nachdenklichkeit des ersten Satzes gestalteten. Fanalartige Motive bereiteten eine spannungsreiche Entwicklung vor, die der 23-jährige Geiger Angelo de Leo, Student der Musikhochschule Lübeck, in einem Solothema voll packender Dramatik ausformte. Sein farbenreiches, eindringliches Spiel mit der weichen Intonation passte sich klangschön in die Orchesterpassagen ein. Edler Klang von höchster Ausdrucksintensität zeichnete seine hochvirtuose Kadenz aus, in die das Orchester dezent einfiel; Hörnermotive setzten kurze, aber markante Akzente. Das innig-gemütvolle Holzbläserthema des Mittelsatzes brachte eine volkstümliche Note in den Konzertsaal. In den schnellen, punktierten Rhythmen des tänzerischen Schlusssatzes, die in einen stilisierten Marsch einmündeten, konnten die Orchestermusiker ihr ganzes Können zeigen. Und für den ausschweifenden Applaus bedankten sich die Musiker mit dem Ungarischen Tanz Nr. 4 bei ihren Zuhörern, die sich sicher noch lange an einen außergewöhnlichen, mitreißenden Konzertabend erinnern werden.

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