ULMET/KAISERSLAUTERN Bluttat von Ulmet: Beide Polizisten mit Jagdwaffen erschossen

Trauer, Wut, Entsetzen: Die Tat macht viele sprachlos. Im Gedenken an die Opfer sind nahe des Tatorts an der Kreisstraße Grablic
Trauer, Wut, Entsetzen: Die Tat macht viele sprachlos. Im Gedenken an die Opfer sind nahe des Tatorts an der Kreisstraße Grablichter postiert worden.

Eigentlich waren die Kuseler Polizisten in der Nacht zum Montag Dieben hinterher. Zufällig entdeckte eine Zivilstreife dabei einen offenbar liegengebliebenen Wagen. Darin saßen Wilderer, die zu Mördern wurden, so die Überzeugung der Ermittler.

Bei einer Pressekonferenz in Kaiserslautern fassten Staatsanwaltschaft und Polizei am Dienstag ihre ersten Ermittlungsergebnisse zur Bluttat bei Ulmet zusammen.

Nachdem am Montag in Windeseile bekannt wurde, dass auf dem Kreissträßchen zwischen dem Mayweilerhof und Ulmet zwei Polizisten erschossen worden waren, fragten sich viele, wieso die Polizei da mitten in der Nacht in einem entlegenen Waldstück Autofahrer einer Verkehrskontrolle unterzieht.

Hinweise auf Diebe erhalten

Die Antwort der Ermittler: Es ging weder um Verkehrsdelikte noch um Wilderei. Der Grund für den nächtlichen Einsatz war vielmehr „die Bekämpfung von Eigentumskriminalität“, wie es der Leitende Oberstaatsanwalt Udo Gehring formulierte. Mit anderen Worten: Die Polizei hatte einen Hinweis erhalten, dass in der Gegend Diebe unterwegs sein sollen. Deshalb war die Kuseler Nachtschicht mit einem Zivilfahrzeug und zwei Streifenwagen unterwegs.

Im Zivilfahrzeug saßen ein 29-jähriger erfahrener Polizist und eine 24 Jahre alte Kollegin, die kurz vorm Abschluss ihrer Ausbildung zur Polizistin stand. Deren Aufgabe war, die Lage unauffällig zu erkunden. Im Zivilfahrzeug, damit die Verdächtigen nicht gleich aufmerksam werden, so sie entdeckt würden. Im Fall dass die Diebe, die aus der Gegend stammen sollten, ausfindig gemacht worden wären, hätten die Beamten aus den Streifenwagen die Gauner gestellt und dingfest gemacht.

Erlegtes Wild auf Ladefläche

Doch es sollte anders kommen. Die Zivilstreife stöberte keine Diebe auf. Vielmehr stieß sie auf dem Weg vom Mayweilerhof nach Ulmet auf einen Kastenwagen, der am Straßenrand hielt. Die Ermittler sind sich hier noch nicht ganz sicher. Die Indizien sprächen aber für die Annahme, dass die Zivilstreife den Kastenwagen nicht anhielt, sondern dass der Kastenwagen schon eine Weile stand, als die Zivilstreife vorbeifuhr. Die Stelle sei nämlich nicht geeignet, um einen Wagen für eine Verkehrskontrolle anzuhalten, so die Polizei. Sie geht eher davon aus, dass der Kastenwagen liegen geblieben war. Entweder weil er eine Panne hatte oder weil ein kleiner Unfall passiert war, möglicherweise Wild in den Wagen gerannt war. Der genaue Grund ist aber noch nicht ermittelt.

Die Zivilstreife, die vorbeikam, hielt jedenfalls an. Die beiden uniformierten und mit Schutzweste bekleideten Beamten stiegen aus ihrem Wagen und traten an den Kastenwagen heran. In einem ersten Funkspruch teilten sie ihren Kollegen mit, dass in dem Kastenwagen dubiose Personen säßen und der Kofferraum und die Ladefläche voll mit erlegtem Wild seien. Deshalb würden sie nun eine Personenkontrolle vornehmen.

Über Funk ein Schuss zu hören

Kurz darauf empfingen die Kollegen einen zweiten Funkspruch von der Zivilstreife: „Kommt schnell, die schießen, kommt!“ Auch ein Schuss war bei dem Funkspruch zu hören. Keine zehn Minuten später war der erste der beiden Streifenwagen am Tatort. Die Polizisten darin konnten ihren Kollegen nicht mehr helfen: Die 24-jährige angehende Polizistin lag tot vor dem zivilen Polizeifahrzeug. Sie war mit einem einzigen Schuss aus der Schrotflinte in den Kopf getötet worden. Davon gehen die Ermittler jedenfalls aus.

Ihr 29 Jahre alter Kollege lag schwerstverletzt etwas weiter in der Böschung. Vier Schüsse hatten ihn in den Kopf getroffen, einer davon tödlich. Diese Schüsse wurden vermutlich aus einem Jagdgewehr abgegeben, bei dem jeder einzelne Schuss nachgeladen werden muss. Der Beamte feuerte zwar das Magazin seiner Dienstwaffe leer, konnte die Schüsse auf ihn selbst aber nicht verhindern. Er verletzte keinen der Täter, durchlöcherte aber deren Auto.

Papiere bringen Ermittler schnell auf die Spur

Als die sofort alarmierten Rettungskräfte eintrafen, verstarb der Beamte noch am Unfallort. Bei der Beamtin fanden sich Führerschein und Personalausweis des aus Elversberg stammenden Andreas S., der in Neunkirchen/Saar und in Sulzbach und Umgebung Geschäfte machte. Die Papiere brachten die Ermittler schnell auf die Spur der Täter. Die Festnahme von Andreas S. und seinem Bekannten erfolgte am frühen Montagabend in Sulzbach.

Niedere Beweggründe

Die Polizei geht davon aus, dass die beiden Männer zwischen Ulmet, Oberalben und dem Mayweilerhof nachts auf der Jagd waren, viel Wild schossen, auf dem Heimweg eine Panne oder einen kleinen Unfall hatten und dabei von den Polizisten entdeckt wurden. Die Ermittler gehen von niederen Beweggründen aus: Um die Wilderei zu vertuschen, hätten die beiden Männer die Polizisten erschossen und seinen dann vom Tatort geflüchtet. Der Ermittlungsrichter, der Haftbefehl erlassen habe, gehe von gemeinschaftlich begangenem Mord aus.

Die beiden getöteten Polizisten hatten ihren Dienst in der Inspektion Kusel versehen. Der 29 Jahre alte Beamte, der in Freisen im Landkreis Sankt Wendel zu Hause war, schon längere Zeit. Er sei sehr beliebt gewesen, ein guter Kollege. Vor gar nicht langer Zeit habe er für ein paar Wochen in der Pressestelle im Präsidium in Kaiserslautern gearbeitet.

Schicht freiwillig übernommen

Die 24 Jahre alte fast fertige Polizisten sei ebenfalls in der Inspektion Kusel eingesetzt gewesen. Sie habe auch Spätschichten und Nachtschichten übernommen. Am Ende einer Ausbildung dürften angehende Polizisten auch an Einsätzen teilnehmen wie dem in der Nacht zum Montag. Die junge Frau sei in dieser Nacht nicht für einen Kollegen eingesprungen, sondern habe sich freiwillig für diese Schicht gemeldet. Auch sie stammte aus dem Saarland, aus dem Saarpfalz-Kreis. Vor gar nicht allzu langer Zeit sei sie in die Pfalz gezogen.

Die Kuseler Inspektion, die nun nicht zu den allergrößten gehört, ist von einem Ereignis schwer getroffen, mit dem niemand habe rechnen können. Polizeipräsident Michael Denne sagte, er sei mit den Kollegen der Inspektion Kusel im Gespräch, stehe ihnen bei und werde für die Kollegen tun, was er könne. Die Polizei sei flexibel, er könne Personal etwas verschieben, um Kusel zu helfen. Er halte auch engen Kontakt zu den Familien der beiden Opfer. Dabei tröste es ihn, dass Solidaritäts- und Beileidsbekundungen „aus ganz Europa“ eingingen.

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