Kusel Den Roller gegeben oder den Roller genommen?

Wer lügt denn nun? Der Angeklagte? Oder die Zeugin, deren Gesetzesverstoß schon aktenkundig ist? Lügen womöglich sechs weitere Zeugen? Es ist verzwickter Fall, der zurzeit das Amtsgericht Kusel beschäftigt und der doch eigentlich auf einer Bagatelle fußt. Angeklagt ist ein 19-Jähriger. Vorwurf: Er soll einer jungen Frau ohne Führerschein seinen Roller überlassen – und sie danach bezichtigt haben, sie habe sich das Gefährt widerrechtlich angeeignet.

Die Vorgeschichte ist eher kurz: An einem schönen Sommertag 2017 war eine junge Frau in einem Ort im Nordkreis auf einem Roller losgeknattert. Sie kam nicht weit: Kaum die Straße runtergesaust, bestaunten Passanten, wie die 20-Jährige ihr Gefährt mühsam den Weg zurück schob. Hinter ihr rollte im Schritttempo ein Streifenwagen her. Die junge Frau hatte nämlich keinen Führerschein für das Gefährt vorweisen können, als die Beamten sie stoppten. Die Frau durfte nun nicht mehr fahren, sondern musste den Roller schiebend dahin zurückbringen, wo er hingehörte. Wie die Frau den Polizisten gegenüber auch gleich eingeräumt hatte, saß sie nicht etwa auf ihrem Eigentum. Der Roller gehörte vielmehr einem Bekannten, dessen Heimstatt Sünderin und Ordnungshüter nun ansteuerten. Wer aber als Halter sein Kraftfahrzeug einem anderen überlässt – wissend, dass der keine Fahrerlaubnis besitzt –, macht sich ebenso strafbar wie der Fahrer. Folglich saß auch der Roller-Eigentümer in der Bredouille. Von den Polizisten mit dem Vorwurf konfrontiert, wies der 19-Jährige jegliche Verantwortung von sich. Er behauptete, die junge Frau müsse sich den Schlüssel geschnappt haben, ohne dass er es bemerkt habe. Die Verkehrssünderin indes beharrte darauf, der Kumpel habe ihr den Schlüssel doch auf ihren Wunsch hin in die Hand gedrückt. Der Fall ist nun vorm Jugendrichter gelandet. Angeklagt ist der junge Mann wegen „Gewährens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis“. Dazu kommt der Tatvorwurf, die junge Frau wider besseres Wissen einer Straftat bezichtigt zu haben. Dies lag für die Staatsanwaltschaft auf der Hand: Die schenkte der Frau Glauben, weil eine ganze Reihe weiterer junger Leute im Zuge der polizeilichen Vernehmung die Version der 20-Jährigen bestätigt hatte. „Das ist ja jetzt kein Schwerverbrechen“, sprach der Vorsitzende dem Angeklagten ins Gewissen. Auch die Staatsanwältin sah die Sache klar – und wenig schlimm. „Sie haben doch keinerlei Vorbelastungen“, hatte der Jugendrichter festgestellt. Da liege es nahe, beide Verfahren kurzerhand einzustellen. „Vielleicht ohne Auflage, womöglich mit nur ein paar Arbeitsstunden“, erläuterte die Staatsanwältin. Aber: Das funktioniere nur mit einem Geständnis. Und schon war das Dilemma da. „Ich kann doch jetzt nicht plötzlich lügen“, sagte der 19-Jährige. Er sah sich in der Zwickmühle: Gestehen und mit einem blauem Auge davonkommen – oder auf seiner Version der Geschichte beharren? Die Juristen gingen deshalb davon aus, dass der Mann die Unwahrheit sagt, weil die Zeugen eben allesamt anderes behaupten. Dies erklärte der 19-Jährige damit, dass er die eingeschworene Gruppe erst kurz gekannt habe. Er als Außenseiter sei zum Sündenbock auserkoren. „Das hieße ja, dass alle Zeugen lügen“, sagte der Richter, der nun die Probe aufs Exempel machen will: Alle sieben Beteiligten müssen zur Fortsetzung des Strafverfahrens am Donnerstag, 15. März (10 Uhr) vor Gericht vorstellig werden. Einer, der schon am Dienstag aussagen sollte und geschwänzt hatte, erfreut sich dabei eines kostenpflichtigen Chauffeurdienstes der Polizei.

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