Kusel Auch einfach nur mal da sein

Jettenbach/Rothselberg. Die Chance bei uns im Landkreis, einen Notfallseelsorger im Einsatz an der Haustür stehen zu haben ist – Gott sei Dank – sehr gering, sagen Stefan Müller, Pfarrer in Rothselberg, und Norman Roth, Pfarrer in Jettenbach. Die beiden Protestanten sind Mitglieder im Notfallseelsorgerteam des Dekanats Lauterecken. Roth: „Bei uns in der Region haben wir im Jahr – wenn’s hochkommt – vier bis fünf Einsätze.“ Die Region, das heißt etwa das Gebiet der Verbandsgemeinde Lauterecken-Wolfstein. Die Fläche wird von vier Pfarrern abgedeckt, die im wöchentlichen Wechsel Bereitschaftsdienst haben. Neben Roth und Müller sind im Dekanat Lauterecken (evangelische Kirche der Pfalz) auch Jochen Walker aus Odenbach und – ein Spezialfall, da er der rheinischen Landeskirche angehört – Johannes Hülser aus Offenbach-Hundheim Notfallseelsorger. „Bei der Notfallseelsorge geht es darum, Menschen in außergewöhnlichen Krisensituationen zu begleiten“, schildert Roth. Der Diensthabende erfahre in der Regel von der Polizei von seinem Einsatz: „Das können beispielsweise Verkehrsunfälle sein, Selbstmorde oder auch das Überbringen einer Todesnachricht gemeinsam mit Polizeibeamten.“ Ziel sei es, Menschen, „denen mit einer solchen Nachricht oft der Boden unter den Füßen weggezogen wird“ (Roth), schnell seelische und psychische Hilfe zu leisten. Jede Nachricht, jede Reaktion sei anders, sagen die erfahrenen Notfallseelsorger. Müller: „Die Bandbreite ist riesig. Mal sind wir nur als Zuhörer gefragt, mal geben wir konkrete Tipps zum weiteren organisatorischen Ablauf.“ Roth ergänzt: „Das ergibt sich erst vor Ort. Für die meisten ist einfach nur wichtig, dass jemand bei ihnen ist.“ Nicht selten finde man sich selbst als gut ausgebildeter (Notfall-)Seelsorger in Situationen wieder, „die so gravierend sind, dass wir selbst sprachlos sind und sich jede noch so gut gemeinte Hilfe verbietet“, sagt Müller. Bei den Gesprächen spielt die Konfession keine Rolle, betont Müller: „Weder die Religion noch die Weltanschauung ist für uns wichtig. Wir sprechen mit jedem und sind dafür auch ausgebildet.“ Es komme nur äußerst selten vor, dass jemand die Hilfe der Notfallseelsorger ablehne. In aller Regel bleibe man einige Zeit bei den Menschen, doch da die Notfallseelsorger auch eigene Gemeinden zu führen haben, übergebe man „den Fall“ an den zuständigen Kollegen vor Ort. Roth: „Natürlich erkundigen wir uns im Einzelfall nach ein paar Tagen oder Wochen auch mal, wie es weitergegangen ist – eine längerfristige Begleitung können wir als Notfallseelsorger aber nicht leisten.“ Manchmal melde sich jemand Tage oder Wochen später und bedanke sich bei den Pfarrern für die Hilfe. Doch nicht nur die Betroffenen profitieren von der Notfallseelsorge, sondern auch die Polizei. Die Beamten seien oft froh, dass die Pfarrer beim Überbringen einer Todesnachricht dabei seien: „Während die Polizisten technische Details, wie etwa den Unfallhergang erklären können, sind wir für die Menschen da.“ Die Schicksalschläge gehen auch an den beiden Profis nicht spurlos vorbei, geben die Pfarrer zu. Müller: „Wir gehen natürlich professionell damit um, aber jeder Todesfall beschäftigt einen natürlich auch. Die Umstände können schon ganz schön erschütternd sein.“ Roth pflichtet ihm bei: „Wir sind ja schließlich auch nur Menschen. Doch mir zumindest hilft da der Austausch mit Kollegen.“ Man telefoniere gelegentlich miteinander oder treffe sich auch mal bei Pfarrkonventen zum Erfahrungsaustausch. „Für mich zählt das Überbringen von Todesnachrichten zu den schwersten Einsätzen“, sagt Roth. Das könne man auch nicht wirklich theoretisch lernen: „Es braucht Erfahrung, um Menschen das Schrecklichste mitzuteilen, was es gibt. Da reagiert jeder anders.“ Roth selbst hat während seiner Ausbildung zum Pfarrer einen Notfallseelsorger bei seinen Einsätzen begleiten dürfen und dabei viel gelernt. Die Notfallseelsorge sei aktuell auch Thema in der pfälzischen Landeskirche, berichten Müller und Roth. Derzeit ist die Notfallseelsorge ehrenamtlich organisiert: „Es gibt die Diskussion, ob nicht alle Gemeindepfarrer eingebunden werden sollten.“ Auch wenn sie sich über weitere Helfer freuen würden: „Jemanden zu dem Dienst zu zwingen, hätte keinen Sinn.“

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