Kreis Kaiserslautern Zwei Seiten einer Medaille

Der Datenklau von Politikern und anderen Prominenten hat vielen erneut vor Augen geführt, wie schnell heute sensible Informationen in falsche Hände gelangen können. Auswirkungen auf das Verhalten von lokalen Politikern hat der Vorgang jedoch kaum, wie eine stichprobenartige Umfrage der RHEINPFALZ ergab.

Kritik wegen seiner Veröffentlichungen auf Facebook und der Datenklau haben den Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck zu einem radikalen Schnitt veranlasst – wenn er seine Ankündigung wahr macht: Er will sich von den sozialen Netzwerken Facebook und Twitter abmelden. Solche Konsequenzen ziehen die befragten Politiker aus dem Landkreis nicht. Aber nachdenklich hat sie der Vorfall schon gemacht. Landrat Ralf Leßmeister (CDU) ist der einzige der Befragten, der überlegt, sich aus Facebook zurückzuziehen. „Der Datenklau war ein Wachrüttler“, sagt er. „Ich bin am Nachdenken, ob ich Konsequenzen ziehe, also komplett aus Facebook rausgehe.“ Als Entscheidungshilfe will er sich in seiner IT-Abteilung informieren sowie die Ergebnisse der Ermittler und das Nutzungsverhalten der Betroffenen abwarten. „Hin- und hergerissen“ sei er, denn Facebook sei eben auch ein Medium, über das schnell Informationen an die Bevölkerung gegeben werden können. Ebenso wie Leßmeister wurde auch Jochen Marwede, Grünen-Kreistagsmitglied, vom Datenklau-Vorfall veranlasst, verstärkt auf Sicherheit zu achten, zum Beispiel „Passwörter einmal öfter zu wechseln“. Ansonsten ist der Hochspeyerer jedoch sehr entspannt und meint: „Die Daten sind eh nicht mehr so sicher, dessen ist man sich bewusst.“ Deshalb sieht er auch keinen Anlass, sich aus sozialen Netzwerken zu verabschieden, denn „dies wäre die einzige Alternative“, um dort keine Spuren zu hinterlassen. Ähnlich geht es Anja Pfeiffer (CDU), Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Weilerbach. Solche Vorkommnisse „machen immer wieder bewusst, dass man darauf achten muss, wo man wie etwas speichert und veröffentlicht“ – was sie stets überprüfe. 100-prozentige Sicherheit gebe es nicht, ihr Medien-Verhalten werde sie nicht ändern. Auch ihr Amtskollege aus Ramstein-Miesenbach, Ralf Hechler (CDU), sieht keinen Anlass dazu. Auf Facebook poste er „ohnehin wenig Privates, sondern hauptsächlich Veranstaltungen und Pressemitteilungen“. Ansonsten gehe er mit Daten recht vorsichtig um: „ Ich mache kein Online-Banking, bestelle so gut wie nichts im Netz“, weshalb er wenig Angst habe. Auch er sieht das Dilemma von Politikern, die „vogelfrei“ seien, weil sie in der Öffentlichkeit stehen, aber gerade jene Informationen von ihnen einfordert. Direkt vom Datendiebstahl betroffen sind die beiden Abgeordneten Thomas Wansch (SPD), im Landtag, und Alexander Ulrich (Linke), im Bundestag. „Nach meinem Stand sind von mir die Büro- und die Handynummer sowie die Privatanschrift veröffentlich“, sagt Wansch. Dies sei jedoch nicht sehr dramatisch, da diese Information eh nicht geheim waren. „Außerdem bin ich als Abgeordneter gesetzlich verpflichtet, meine Erreichbarkeit, sämtliche Einnahmen und so weiter öffentlich zu machen.“ Trotzdem habe er nach Bekanntwerden des Datenklaus sein „eigenes Sicherheitsverhalten“ überdacht: „Wie oft wechsle ich Passwörter? Was veröffentliche ich eventuell nicht?“ Doch gerade weil er Abgeordneter ist, wird er sein Verhalten nicht grundsätzlich ändern, denn die Informationen „gehören zum Amt“. „Morgen sprechen wir in der Landtagsfraktion über das Thema mit dem Datenschutzbeauftragten“, ergänzt er. Und zitiert Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) inhaltlich: „Wir achten bei unserem Haus auf eine sichere Tür. Auch beim Datenschutz sollten wir uns angewöhnen, nicht nur den Vorhang zuzuziehen, sondern eine sichere Haustür zu haben.“ Alexander Ulrich weiß über sich, dass „nur die Privatadresse“ veröffentlicht wurde, „und die steht auch im Telefonbuch“. Deswegen werde er sein Verhalten nicht ändern: „Die digitalen Medien sind ein Risiko, aber auch eine Chance“, spricht er wie seine Kollegen die beiden Seiten des Internets an. Den Datendiebstahl hält er durchaus für einen „schwerwiegenden Vorgang“, betont er, aber „wo habe ich sonst eine solche Reichweite, und vor allem zu jenen, die keine klassischen Medien wie Zeitungen mehr nutzen?“, fragt er. Dass Habeck viele Nachahmer haben wird, glaubt er nicht. „Er hatte auch einen anderen Grund für seinen Entschluss, nämlich die Kritik an seiner Politik.“ Was jetzt passiert ist, sei jedoch „nur die Spitze des Eisbergs“, ist er überzeugt. Und macht den oft sorglosen Umgang mit den eigenen Daten deutlich: „Wenn man an den Aufschrei damals bei der Volkszählung denkt – und was die Leute heute freiwillig preisegeben.“

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