Kreis Kaiserslautern Viel Natur im „Vorzeigedorf“

Hütschenhausen. Das hätte Julius Rüb wohl auch gefallen! Diese Tour mit viel Grün, vorbei an Maisfeldern und das Schlendern über Wiesen. „Wenn man in alle Ortsteile möchte, dann geht das eben am Schnellsten durch die Natur“, weiß auch Landrat Paul Junker. Er hat ein Heimspiel beim Dorfspaziergang, war selbst einmal Ortsbürgermeister von Hütschenhausen. Und natürlich erzählt auch er von Julius Rüb. Genauso wie Ralf Leßmeister, der aktuelle Ortschef. Denn wer über Hütschenhausen und die Landwirtschaft berichtet, der bleibt zwangsläufig bei dem ehemaligen Landwirt und SPD-Politiker hängen. Einer, der viele Ideen hatte. „In den 50er Jahren kamen Busse voll Menschen nach Hütschenhausen, um die genossenschaftlichen Einrichtungen zu besichtigen“, berichtet Junker. Und Leßmeister geht noch etwas mehr in die Tiefe: „Hütschenhausen war in der Nachkriegszeit ein sehr genossenschaftlich geprägtes Dorf. Das war früh landwirtschaftlich so gut organisiert, dass es überregional Beachtung fand. Ein landwirtschaftliches Vorzeigedorf.“ Da gab es zum Beispiel ein gemeinschaftliches Waschhaus, die Dorfwäscherei. Die 3,50 Mark für beinahe einen halben Zentner Trockenwäsche holten viele gerne aus dem Geldbeutel, um sich den Waschtag zu sparen und andere Arbeiten zu erledigen. Dann gab es auch noch eine gemeinschaftliche Tiefkühlanlage: 85 Fächer mit zusammen 15.000 Litern Inhalt. Tabakschuppen oder eine landwirtschaftliche Berufsschule waren weitere Einrichtungen, die es einmal in Hütschenhausen gab. Vieles davon geht auf Julius Rüb zurück. So mancher kann sich auch noch an die Zeit von damals erinnern. Lothar Leßmeister beispielsweise, Vater des aktuellen Ortsbürgermeisters und von 1974 bis 1979 selbst Ortschef. Er weiß noch genau, wie Tabak auf den Feldern angepflanzt wurde. „Ich habe damals auch beim Einfädeln geholfen“, berichtet er. Es passt, dass Ralf Leßmeister das Thema Landwirtschaft just in dem Moment aufgreift, als die Gruppe eine kleine Pause an einem großen Maisfeld macht. An diesem Ort treffen die drei Gemarkungen der Ortsteile Hütschenhausen, Katzenbach und Spesbach aufeinander. „Und von hier kann man auf alle drei Ortsteile sehen“, erzählt der Ortsbürgermeister. Die jüngste Teilnehmerin des Dorfspazierganges bekommt davon nichts mit. Anna, seit viereinhalb Monaten auf der Welt, ist wieder daheim. Das Bettchen ruft. Dafür sausen Emma und Kiara auf ihren Rollern über den Feldweg. „Sie haben mir vorher gesagt, dass ich nur gute Wege aussuchen soll“, sagt Leßmeister lachend. Klar, auf einer Schotterpiste rollt so ein Roller ja nicht gut. Bei Klaus Layes werden da Erinnerungen an seine Kindheit wach. Auf einem Roller düste er früher auch liebend gerne herum. Und die Mädels leihen ihren sogar einmal kurz dem Bürgermeister der Verbandsgemeinde Ramstein-Miesenbach aus. Der zeigt, dass er auf den zwei Rädern nichts verlernt hat. Die Landtagsabgeordneten Daniel Schäffner (SPD) und Marcus Klein (CDU) haben sich ebenfalls – zumindest kurzzeitig – unter die Spaziergänger gemischt. So viel politische Prominenz hatte noch keiner unserer Dorfspaziergänge. Und der führt nun weiter zu einem interessanten Projekt. Am Ortseingang von Katzenbach wächst derzeit ein Holzhaus in die Höhe – Stamm für Stamm. In drei Abschnitten soll dort eine Pferdepension entstehen, wie Ralf Leßmeister berichtet – mit Reithalle, Reitstall, Naturheilpraxis und Seminarräumen. Eine Pension für 25 Pferde. Über die alte Kreisstraße und eine Wiese geht es zu einem ganz besonderen Ort. Früher war das einmal eine Mülldeponie. Doch von Müll ist dort schon lange nichts mehr zu sehen. Unter Federführung von Hans Rudig ist hier vor vielen Jahren ein herrliches Naturschutzgebiet am Rande von Spesbach entstanden. „Mittlerweile kümmert sich die Naturschutzgruppe Moorklee federführend darum. Aber Hans Rudig kennt hier jeden Käfer“, erzählt Ralph Straus, der zweite Beigeordnete der Ortsgemeinde. Hans-Joachim Becker, Vorgänger von Ralf Leßmeister, berichtet, wie vor einem Jahr Kinder- und Jugendliche bei einer 72-Stunden-Aktion fleißig in dem Biotop gewerkelt haben, unter anderem hatten sie Wege angelegt und ein Häuschen gestrichen. Über einen Feldweg geht es zurück nach Hütschenhausen. Landrat Junker beißt genüsslich in einen Apfel – und packt gemeinsam mit Lothar Leßmeister alte Geschichten aus. Beispielsweise von einem Ortspolizisten. Köstlich... Vorbei an der katholischen Kirche St. Michael geht es wieder Richtung Bürgerhaus, dem Ausgangspunkt des Rundgangs. Das Gotteshaus wurde im Innenbereich neu bemalt. Oder besser alt. „Mit den Originalfarben“, erzählt Junker. Auch in Spesbach steht eine Kirche, die einiges zu bieten hat. Das protestantische Haus hat unter anderem einen der ältesten Kirchtürme der Pfalz und eine tolle Orgel, wie Ralf Leßmeister erzählt. Da gäbe es noch so viele Geschichten über Bauwerke in der Ortsgemeinde. Etwa das alte Milchhaus. „Früher war das die gemeinschaftliche Milchsammelstelle“, sagt der Ortschef – und schiebt eine Frage nach: „Ich hoffe, Sie haben alle Durst?“ Ja, den Abschluss im Landgasthof Ziegle haben sich die fleißigen Spaziergänger verdient – nach einem Abend in der Natur und vielen schönen, interessanten Geschichten.

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