Kreis Kaiserslautern Muskeltraining bei der Arbeit

Besinnliche Weihnachtszeit? Nicht für die Postboten. Denn im Dezember packt Deutschland das Bestell- und Verschickfieber. Unmengen Pakete wollen ausgefahren und noch mehr Briefsendungen ausgetragen werden. Eine Tour durch Enkenbach.

101 Pakete muss Denise Welker an diesem Donnerstag ausliefern. Große, kleine, für Firmen oder zu Weihnachten, mit Büchern und von Modeversendern. Manchmal ist auch ein Koffer dabei, den Urlauber vor oder nach der Reise aufgeben. „Momentan haben wir doppelt so viele Pakete wie in anderen Monaten“, sagt die Zustellerin und verstaut eines nach dem anderen in dem gelben Transporter. Das geschieht mit System. Entscheidend ist dabei die Route durch den Ort. Die richtet sich nicht unbedingt nach der Folge der Hausnummern, sondern nach dem effektivsten Weg. Das Sortieren nach diesem Prinzip basiert auf guten Ortskenntnissen und Routine. Dementsprechend tun sich Neulinge schwer. So wie der junge Mann, der inmitten einer Paketflut kniet und um eine sinnvolle Ordnung bemüht ist. Er ist einer von drei zusätzlichen Kräften, die das 14-köpfige Zustellerteam während der heißen Phase verstärken. Die Arbeit der Postboten beginnt lange bevor sie beim ersten Kunden vor der Tür stehen. Um 7.15 Uhr hat Denise Welker ihren Dienst im Zustellstützpunkt Enkenbach-Alsenborn aufgenommen. Als erstes gilt es, die Sendungen für den heutigen Tag vorzubereiten. Die Briefe, die vom Briefzentrum Ludwigshafen angeliefert werden, müssen fein säuberlich nach Bezirk und Gangfolge in die entsprechenden Fächer der meterlangen Regale sortiert werden. Danach wandern sie in Austragekörben an Bord der Wagen. Das systematische Zuordnen erfordert viel Konzentration, jeder Fehler kostet Zeit. Danach geht’s an die Pakete. Sie kommen früh morgens per Lastwagen aus Saulheim. „Wir erfassen jedes einzelne per Scanner“, erklärt Welker. Das dient der Dokumentation. Gegen 9.30 Uhr schwärmt die kleine Postflotte aus, kreuz und quer durch die neun Ortschaften der Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn. „Ich bin heute für Enkenbach zuständig“, erklärt die 31-Jährige. Seit zehn Jahren ist sie bei der Post tätig. Als Vertreterin springt sie überall dort ein, wo Not am Mann ist. Mit dem Vorteil, dass sie alle Bezirke aus dem Effeff kennt. Vor dem Start klemmt sie noch schnell den Stapel Wurfsendungen zwischen Armaturenbrett und Scheibe. Schön griffbereit, denn jeder Kunde muss damit versorgt werden. „Von Werbeverweigerern mal abgesehen.“ Erster Stopp ist ein örtliches Unternehmen. Denise Welker angelt mit sicherem Griff die Post aus dem Korb und klemmt sich zwei Pakete unter den Arm. Doch im Büro ist niemand, der die Lieferung quittiert. Zum Glück findet sich nebenan jemand. Die Zustellerin hält den Scanner zur Unterschrift hin, lächelt und wünscht einen schönen Tag. Dann wieder hinters Steuer, die nächsten 20 Meter. Ein Stopp-and-Go am laufenden Band. Zwischendrin muss zentimetergenau rangiert werden. Die Zustellerin lacht. „Tja, bei der Post lernt man das Autofahren.“ Wo es sich anbietet, macht sie ein Stück der Tour per pedes. Auf der einen Straßenseite hoch, auf der anderen runter. „Aber wenn Pakete so unhandlich sind wie dieses, erspare ich mir jeden unnötigen Meter“, sagt Welker und hievt ein Ungetüm aus dem Laderaum. Etwa einen Meter hoch, entpuppt es sich als erstaunlich leicht. Dafür haben es die beiden kleinen Pakete in sich. Sie sind schwer wie Blei, das Label des Absenders deutet auf Bücher hin. 31,5 Kilo darf ein Paket maximal wiegen, damit die Deutsche Post DHL es verschickt. Solche Schwergewichte erfordern Kraft und erübrigen an manchen Tagen das private Muskeltraining. Denise Welker nimmt’s gelassen. Ihr macht die Arbeit Spaß, auch bei Wind und Wetter und Stress. „Mir gefällt es, draußen unterwegs zu sein und Kontakt zu den Menschen zu haben.“ Nicht alle Anwohner sind zu Hause. Dann hofft die Postbotin, dass wenigstens ein Nachbar öffnet und die Sendung entgegennimmt. „Ansonsten muss ich sie wieder mitnehmen und der Kunde kann sie erst am folgenden Tag abholen. Um das zu vermeiden, haben manche einen Ablagevertrag geschlossen. Der erlaubt es mir, die Pakete an einem vereinbarten Wunschort, zum Beispiel in der Garage oder hinterm Haus, zu deponieren.“ Da Enkenbach nicht über ein Postzentrum verfügt, hat Denise Welker von Briefmarken bis zum Paketschein alles im Gepäck, was der Verbraucher wünscht und nimmt auch Sendungen entgegen. Hier und da wird sie schon erwartet. Mehr als ein paar freundliche Worte sind allerdings nicht drin. Die Zeit drängt. Denn es wird mindestens 15.30 Uhr werden, bis die Postbotin die letzte Sendung an den Kunden gebracht hat – nach einem Tag, an dem sie trotz Auto reichlich auf den Beinen war.

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