Kreis Kaiserslautern Hoffen auf ein sorgenfreieres Leben

Eigentlich ist die fünfjährige Josephine Keip aus Schallodenbach ein fröhliches und aufgewecktes Kind. Traurig wird sie nur, wenn sie andere Kinder draußen herumtollen sieht. Josephine bleibt da außen vor, denn sie leidet an spinaler Muskelatrophie – einem unheilbaren Gendefekt. Ohne Hilfe kann sich das Mädchen nicht fortbewegen. Fußballspielen oder tanzen wird sie wohl nie können. Die sogenannte Galileo-Therapie könnte ihr zu größerer Mobilität verhelfen. Doch ihre Eltern können diese finanziell nicht stemmen.

Josephine spielt, wie jedes Mädchen in ihrem Alter, liebend gern mit ihren Puppen oder ihrem Spielzeugpferd. Sie lacht, singt und erzählt viel. Nichts lässt darauf schließen, dass sie anders ist, als die meisten Fünfjährigen. Doch wenn es ans Aufstehen oder ans Laufen geht, ist sie hilflos. Ohne die Hilfe ihrer Mutter Alesja kann sie sich kaum von der Stelle bewegen. Nur mit ihrem Rollator kann sie laufen - unter großem Kraftaufwand. „Als sie zehn Wochen war, haben wir bemerkten, dass bei Josy etwas nicht stimmt“, erinnert sich ihre Mutter. Mit 18 Wochen kam dann die fürchterliche Diagnose – spinale Muskelatrophie, Typ 2, die mittlere Ausprägungsstufe der Krankheit. Hilflosigkeit habe sich zunächst breit gemacht, erzählt Alesja Keip. Dass ihr Kind niemals rennen und springen würde, sei erst einmal ein schwerer Schlag gewesen. „Doch wir haben immer versucht, positiv mit ihrer Krankheit umzugehen und ihr das Leben so schön wie möglich zu gestalten“, erzählt die Mama. „Unser Haus haben wir 2007 gekauft, zwei Jahre bevor Josy geboren wurde. Es besteht aus vielen Treppenaufgängen und Kanten, die große Hindernisse für das Mädchen darstellen. Um in ihr Kinderzimmer zu gelangen, muss sie getragen werden“, blickt Keip sorgenvoll in die Zukunft. „Ein Treppenlift würde uns Eltern körperlich und Josy bewegungstechnisch eine große Erleichterung verschaffen.“ Doch ein solcher Lift kostet 11.000 Euro – ein Betrag, den die Keips, Vater Alexander arbeitet als Kfz-Mechaniker, Alesja ist Krankenschwester, nicht aufbringen können. Die Krankenkasse der Familie, die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, kann laut Gesetzgeber nur einen Bruchteil (2.557 Euro) übernehmen. Zweimal wöchentlich geht sie zur Physiotherapie, ein mal pro Woche zur Ergotherapie. Doch leider sind keine besonderen Fortschritte zu erkennen. Die Symptome breiten sich unaufhaltsam aus, was bei dieser Krankheit üblich ist, erklärt Keip. Die sogenannte Galileo-Therapie, ein innovatives Konzept der Uni-Reha Köln für Kinder mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit, könne jedoch Abhilfe schaffen. Die Therapie erhebe zwar nicht den Anspruch auf einen vollständigen Heilungsprozess, könne aber den Verlauf günstig beeinflussen. Wie die Uni-Reha auf ihrer Homepage verlauten lässt, berichtet ein Großteil der Patienten über eine deutliche Verbesserung ihrer Mobilität nach Beendigung der Therapie. Je früher man bei einem Kind mit der Therapie beginne, desto besser. Beim Galileo-System handelt es sich um eine Vibrationsplatte, die sich wie eine Wippe bewegt. Durch die Vibration werden muskuläre Reflexe ausgelöst, die Muskeln also regelmäßig aktiviert. Das kräftige die Muskulatur und baue Knochenmasse auf. Dies wiederum führe neben dem Zuwachs an Muskelkraft in vielen Fällen auch zur Verbesserung der Körperkoordination. Die Therapie wird zunächst im Liegen, bei Zunahme an Muskelkraft dann auch im Stehen ausgeführt. Das Gesamtkonzept ist auf zwei Jahre ausgelegt. Die Kosten betragen für die zweijährige Behandlung insgesamt 13.000 Euro. Mit einigen Krankenkassen besteht seitens der Uni-Reha Köln ein Vertrag, der die Übernahme der Therapiekosten sicherstellt – dieses Glück hat Familie Keip nicht. Ein Antrag auf Übernahme der Kosten bei der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland wurde 2013 abgelehnt, Grund war der fehlenden Kooperationsvertrag. Daher wurde auch eine Einzelfallentscheidung bisher nicht in Betracht gezogen. Auf Anfrage der RHEINPFALZ erklärte sich die AOK über ihren Pressereferenten Jan Rößler jedoch bereit, den Fall Josephine Keip erneut zu überprüfen: „Wenn entsprechende Indikationen vorliegen, ist eine Übernahme der Kosten durchaus möglich.“ Dass ihrer Tochter nun möglicherweise doch mit der Galileo-Therapie geholfen werden kann, gibt Alesja Keip neue Hoffnung. „Ich könnte gerade heulen“, sagt sie, als die RHEINPFALZ die Neuigkeiten überbringt. „Wenn das klappt, bin ich der glücklichste Mensch der Welt.“ Und Josy? Wenn man sie nach ihren Wünschen für die Zukunft fragt, denkt sie über ihre Krankheit scheinbar gar nicht groß nach. „Ich wünsche mir einen kleinen Hund“, sagt sie mit großer Überzeugung. Doch auch wenn dieser Wunsch zu ihrem Geburtstag im August erfüllt werden würde, toben und spazieren gehen würde sie mit ihrem neuen Gefährten nicht können. Die Galileo-Therapie könnte allerdings die Hoffnung auf mehr Mobilität aufrecht erhalten – und ihr die Chance auf ein weniger beschwerliches und freieres Leben geben.

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