Kreis Germersheim Umgang mit „Sponeck“ ohne Zeitdruck

Es war vor allem für die Germersheimer CDU ein zähes Ringen, bis sie im Konsens mit den anderen Stadtratsfraktionen die Entscheidung über die Namensänderung der Hans-Graf-Sponeck-Straße und eine neue Willy-Brandt-Straße vertagte. Zuvor hatte Fraktionschef Wolfgang Sorge im Alleingang eine sofortige Entscheidung gefordert.

Vor viel Publikum, eine Schulklasse des Goethe-Gymnasiums und deutlich mehr Bürger als sonst bei Ratssitzungen, referierten zunächst Bundeswehroffiziere über die anstehende Umbenennung der Hans-Graf-Sponeck-Kaserne. Wie mehrfach berichtet, hatte der amerikanische Historiker Grimmer-Solem in Forschungen nachgewiesen, dass Sponeck nicht nur ein Held war, der mit einer Befehlsverweigerung Soldaten auf deutscher und russischer Seite das Leben rettete. Sondern auch, dass Sponeck durch seine Befehle Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung unterstützte oder erst möglich machte. Für die Bundeswehr, so Oberstleutnant Thomas Schmitz vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw), ist die Situation nach diesen „seriösen Forschungen“ klar, die Kaserne wird umbenannt. Das heißt, Soldaten, Bürger und Kommunalpolitik sollen sich auf einen Namensvorschlag einigen, der in höchster Instanz vom Bundesverteidigungsministerium abgesegnet werden muss. „Für diesen Prozess nehmen wir uns Zeit, nicht ewig, aber einige Wochen schon“, sagte Schmitz. Diesem Vorgehen stimmten die Fraktionen durchweg zu. Bürgermeister Marcus Schaile (CDU) nutzte die Stadtratssitzung zu einem Aufruf an die Bürger, sich an der Namensfindung für die Kaserne zu beteiligen. Bis Ostern können Vorschläge bei ihm eingereicht werden (Telefon: 07274 9600, E-Mail:mschaile@germersheim.eu), die er direkt an die Bundeswehr weiterleiten werde, so Schaile. Er habe außerdem mit dem Goethe-Gymnasium vereinbart, dass sich ein Leistungskurs Geschichte mit der Person Sponeck auseinandersetzen wird. Damit soll eine Möglichkeit gefunden werden, an Sponecks Leistung, seine Haftzeit in Germersheim und seine Hinrichtung in Germersheim zu erinnern, ohne seine Beteiligung an Kriegsverbrechen zu vergessen. Die Stadt selbst muss ebenfalls den Umgang mit dem Namen Sponeck regeln – allerdings ohne Befehl von oben, wie die Bundeswehr. Das entfachte einige Debatten im Umgang mit der Sponeck-Straße, dem Sponeck-Gedenkstein im Stadtpark Lamotte und der Sponeck-Vitrine im Museum. Sabine Schley (SPD) formulierte dabei den Leitsatz, man wolle eine Kultur des Gedenkens und des Erinnerns, nicht des Vergessens, der breite Zustimmung fand. Veronica Abrego (Grüne) befürchtet allerdings mangelnde Konsequenz im Umgang mit dem Namen Sponeck und sagte: „Opfer und Täter sind nicht austauschbar“. Herrschte bis dato große Einigkeit im Rat, gewann jetzt bei der CDU das klassische Schwarz-gegen-rot-Denken die Oberhand. Die SPD-Forderung, im Jahr des 100. Geburtstages von Willy-Brandt, dem ehemaligen Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger, eine Straße zu widmen, konterte CDU-Sprecher Sorge mit dem Hinweis, dass für die Vorschläge der SPD (u. a. Paradeplatz, Queichweg) keine Mehrheit zu finden sei. Gleichzeitig wollte er sofort den Beschluss, die Sponeck-Straße in Willy-Brandt-Straße umzubenennen. Für ihn, Sorge, sei klar, dass der Name der Straße geändert werden muss. Von sorgfältigem Überlegen ohne Zeitdruck, wie es kurz zuvor im Rat noch Konsens war, keine Spur mehr beim CDU-Sprecher. Offensichtlich hatte Sorge mit seinem Vorpreschen auch die eigene Partei überrascht. Heftigen Angriffen und großer Unruhe im Rat folgte eine fünfminütige Sitzungsunterbrechung. Die CDU-Fraktion nutzte sie, ihren Sprecher wieder einzufangen, der schließlich eine allseits akzeptierte Vertagung eines Beschlusses zu Sponeck- und Willy-Brandt-Straße Straße beantragte. Wolfgang Blender (FDP) merkte an, es sei sowieso nicht sinnvoll, eine zufällig notwendig gewordene Namensänderung mit der Ehrung für einen großen deutschen Politiker zu verknüpfen. (tom)

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