Germersheim Mit Stift und Pinsel die Lebensfreude wieder gefunden

Dieter Marz beim Zeichnen.
Dieter Marz beim Zeichnen.

Zeichnen hat Dieter Marz, der seit acht Jahren im Caritas-Altenzentrum St. Elisabeth wohnt, die Lebensfreude zurückgegeben. Nun ist sein größter Wunsch in Erfüllung gegangen: Er hat eine eigene Ausstellung. Den ganzen März sind seine Bilder im Kunst-Schaufenster mitten in Germersheim zu sehen.

Die Freude ist dem 87-Jährigen anzusehen, als er mit einer kleinen Gruppe des Altenzentrums vor dem Schaufenster steht und ihnen die Motive seiner Bilder erklärt. Da sind Bilder von Menschen aus seiner Umgebung, die er ins Herz geschlossen hat und Zeichnungen, die Stationen in seinem eigenen Leben zeigen. Das Schiff, in dem er einst als Schiffsjunge gearbeitet hat und Ansichten seines Heimatortes Jockgrim. Die meisten der Buntstiftzeichnungen zeigen aber Ansichten aus Germersheim. Er hat die Geschichte des Ortes festgehalten. „Diese Burg aus dem Jahr 1640 ist das erste Gebäude, daraus entstand Germersheim“, erklärt er. Neben den Buntstiftzeichnungen stellt er auch Acrylbilder aus, die er früher gemalt hat.

Dieter Marz war nicht immer so gut gelaunt wie heute. Bis vor einem dreiviertel Jahr hat er die meiste Zeit des Tages vor dem Fernseher verbracht und hatte nicht mehr viel Freude am Leben. Sein größtes Hobby, das Zeichnen, hatte er längst aufgegeben

Mitte letzten Jahres wollte er dann sein Zimmer aufräumen und hat dabei die Sachen, die er beim Einzug mitgebracht hat, durchgesehen und die Stifte und Papier gefunden. Wenig später saß er, wie so oft, nach einem Einkaufsbummel mit Eylem Ok-Yildirm, Mitarbeiterin der sozialen Betreuung, mit einer Cola auf dem Platz vor dem goldenen Brunnen und hat ihr davon erzählt. „Ich habe ihn gefragt, warum er nicht mehr malt“, erzählt Eylem Ok-Yildirm. „Na dann werden es zittrige Bilder“, hat Dieter Marz geantwortet. „Macht doch nichts, du könntest ja mal mich malen“, schlug sie vor. „Eylem war mein erstes Portrait“, erzählt Dieter Marz.

Dieter Marz erklärt seine Bilder.
Dieter Marz erklärt seine Bilder.

Damit war der Stein ins Rollen gebracht. Marz hat alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemalt, tauchte mit seinen Stiften sogar in der Verwaltung und im Friseursalon auf und malte Portraits. Dann begann er Alltagsszenen im Altenzentrum festzuhalten, und schließlich Motive aus ganz Germersheim. Mit Eylem Ok-Yildirm war Dieter Marz in der Tourismus-Information und hat sich Tipps und Bilder zu Sehenswürdigkeiten geben lassen. Wann immer er konnte, hat er gemalt. „Ich konnte nachts nicht schlafen, weil mir die Beine weh getan haben. Morgens um 4 Uhr habe ich angefangen zu malen“, erzählt er.

Bald träumte er von einer Ausstellung im Altenzentrum. Doch es kam noch besser. Monika Meister, Mitarbeiterin der Sozialen Betreuung, erfuhr, dass die Stadt Germersheim Künstlern die Möglichkeit bietet, einen Monat lang im Schaufenster eines ehemaligen Schuhladens in der Ludwigstraße 22 auszustellen und hat Dieter Marz angemeldet. Für ihn war dann kein Halten mehr. Die Bilder sind nun den ganzen März über zu sehen.

Dieter Marz mit Kirstin Fischer und Eylem Ok-Yildrim.
Dieter Marz mit Kirstin Fischer und Eylem Ok-Yildrim.

„Seit ich wieder male, fühle ich mich wieder wohl. Es ist schön, endlich wieder eine sinnvolle Tätigkeit zu haben“, sagt Dieter Marz und denkt schon an das nächste Projekt. Er will auf seinen Spaziergängen in Germersheim Passanten fragen, ob er sie malen darf.

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