Kreis Germersheim Kandel will helfen

Der Verbandsbürgermeister hatte zum Runden Tisch eingeladen – und die Bürger waren in Scharen gekommen. „Wir haben nicht mit so vielen Leuten gerechnet“, sagte Volker Poß (SPD) hörbar erfreut, während sich der große Saal der Stadthalle immer mehr füllte. Mitglieder des VG-Rats, Vertreter der Kirchengemeinden und viele andere Frauen und Männer warteten geradezu ungeduldig darauf, endlich mit anpacken zu dürfen. Zunächst erläuterten Poß und Christian Hengen, Fachbereichsleiter Bürgerdienste, die Lage in der VG: 70 Asylsuchende leben derzeit in Kandel, Minfeld und Steinweiler. Doch die Verwaltung stößt an ihre Grenzen, nicht nur, was den Wohnraum angeht. Für Kopfschütteln und Gelächter sorgt die Tatsache, dass zunächst die korrekte Mülltrennung und die Hausordnung, im Bild und in mehreren Sprachen, vermittelt werden. Dann schnellten die Finger der Zuhörer in die Höhe: Wie läuft die Verständigung, ab wann dürfen Asylbewerber arbeiten und wie gut sind sie hier tatsächlich untergebracht? Alleinstehende Männer teilen sich zu zwei oder zu dritt ein Zimmer, sagte Hengen. „Das geht nicht anders.“ Derzeit erhebt die Verwaltung alle ungenutzten Gebäude und Grundstücke. Ein junger Mann wollte wissen, ob er leerstehende Zimmer bei sich zur Verfügung stellen dürfe -„jederzeit und gerne“, eine Untervermietung müsse aber im Zweifel mit dem Vermieter geklärt werden. „Was erzählen die, wie geht es einen?“, wurde mehrfach gefragt. Oft wisse man es einfach nicht, musste Verwaltungsmitarbeiter Martin Lenhart zugestehen. „Was im Argen liegt, ist die Betreuung vor Ort.“ Doch dann meldete sich erst ein weißhaariger Senior zu Wort: Er begleite seit einigen Monaten drei junge Männer aus dem Jemen, einige Stunden pro Woche. „Ich mache das gerne, man bracht keine Angst zu haben.“ Eine junge Frau erklärte, Kontakt zu Somaliern aufgenommen zu haben. Die jungen Frauen seien schwanger, wegen ihrer Beschneidung gebe es Probleme, sie habe sie schon mehrfach in die Klinik begleitet. Dieses Engagement wurde mit donnerndem Applaus quittiert. Kurz darauf bietet eine Frau an, künftig bei der Ankunft von Asylbewerbern dabei zu sein. Zwei weitere Frauen erklären, dass sie gerade einen Sprachkurs auf die Füße stellen. Für Poß der Zeitpunkt, um die Ideen der Verwaltung zu erläutern: Im Zuge eines Besuchsdienstes sollen sich immer wieder die gleichen Leute um die gleichen Menschen kümmern und so für Kontinuität sorgen. Da die Sprachkurse in Germersheim zu weit weg seien, soll es ein Angebot vor Ort geben, zum Beispiel von der VHS und ehemaligen Lehrern. Clemens Nagel, Altbürgermeister von Minfeld, erklärt hier spontan seine Bereitschaft. Ein Fahrdienst soll zum Beispiel für den Zugang zu Kleiderkammer und Wörther Tafel sorgen, eine Fahrradwerkstatt die Mobilität der Asylsuchenden erhöhen. Weitere Ideen kamen aus dem Plenum: Vereine sollen sich für die Neuankömmlinge öffnen. Die Verwaltung soll die Berufe der Asylbewerber erfassen, damit man diese möglichst schnell vermitteln könnte. Ärzte und Psychologen sollen kontaktiert werden, einen freiwilligen Unterstützer-Kreis bilden. Auch nachdem die Adresslisten die Runde gemacht haben und der offizielle Teil beendet ist, stehen die Zuhörer noch beisammen. Telefonnummern werden ausgetauscht, Aktionen besprochen. Die Verwaltung verspricht, dass die Arbeitsgruppen bald starten können. (tnc)

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