Lustadt Immer mehr Eltern-Taxis: Wie kommt das Kind sicher zur Schule?

Alle Verantwortlichen sind vor der Schule und beobachten die Situation. Es herrscht viel Trubel vor Schulbeginn.
Alle Verantwortlichen sind vor der Schule und beobachten die Situation. Es herrscht viel Trubel vor Schulbeginn.

Erst Schwegenheim, jetzt Lustadt – das Problem ist aber auch andernorts bekannt: Immer öfter regen sich Eltern über andere Eltern auf. Denn die so genannten Eltern-Taxis gefährden Kinder durch falsches Verhalten. Aber wie kann der Nachwuchs die Schule oder Kita sicher erreichen?

Es ist 7.30 Uhr. Nicht mehr dunkel. Richtig hell aber auch noch nicht. Die ersten der 141 Kinder kommen zu Fuß zur Schule, obwohl der Unterricht erst um 8 Uhr startet: „Es ist ein Wettkampf, wer Erster ist“, weiß Schulleiter Ulf Schlenker. Er kennt die Gefahren, denen Kinder auf dem Schulweg ausgesetzt sind: das Queren von Straßen, vor allem der Hauptstraße. Und die Verkehrssituation in der Schulstraße, wenn Eltern Kinder bringen und abholen. Schlenker hat Eltern schon darauf angesprochen. Bei manchen wirkt das – zumindest temporär, bei manchen gar nicht. Schulelternsprecher Jürgen Schaaf ist froh, dass es nach fast eineinhalb Jahren geklappt hat, Vertreter der Schule und Eltern mit denen des Ordnungsamtes, der Polizei sowie der Verbands- und Ortsgemeinde zusammenzuführen, um Gefahren und Lösungsmöglichkeiten vor Ort zu besprechen. „Bereits seit längerer Zeit monieren Eltern die unsicheren Schulwege. Viele haben ein mulmiges Gefühl, ihre Kinder alleine in die Schule zu schicken – gerade bei einer erhöhten Verkehrslage.“

Supermarktparkplatz darf genutzt werden

Die Schulstraße sei ein Gefahrenhotspot: „Weil viele Eltern ihre Kinder mit dem Auto direkt vor den Eingang der Schule bringen, dabei aber oft nur die eigenen Kinder im Blick haben und andere gefährden. In der Vergangenheit sind einige Kinder nur knapp einem Unfall entkommen.“ Die Alternative zum Abliefern vor der Schule: Laut Schaaf gibt es eine Absprache mit dem Wasgau-Markt, wonach Eltern den Parkplatz zum Bringen und Holen ihrer Kinder nutzen dürfen. Noch ist der relativ leer. Die ersten Eltern-Taxis fahren dagegen schon vor – und parken im absoluten Halteverbot. Tür auf, Kind raus, Tür zu und weg. Umständlicher: Fahrertür auf, ums Auto herum, Hintertür auf, Kind raus, Hintertür zu, ums Auto, einsteigen, Fahrertür zu, weg. Laut Bußgeldkatalog sind dafür mindestens 25 Euro fällig. Weitere Fahrzeuge rollen an. Eine Mutter bringt ihr Kind über die Straße. Ein Vater winkt seinem Kind auf der anderen Straßenseite zu. Ein anderes Kind versucht selbst auszusteigen, bevor dessen Mutter die Tür erreicht hat. Vier Autos stehen hintereinander – teilweise läuft der Motor, obwohl niemand mehr im Auto ist. Dann wird es noch teurer: „80 Euro“, sagt Dennis Dobberstein von der Polizei Germersheim.

Querungsmöglichkeit schaffen

Das erste Auto fährt an, ein anderes befindet sich bereits voll auf der Straße, weitere Kinder kommen zu Fuß, per Rad oder Elektroroller zur Schule – und auch die Müllabfuhr passiert noch die Schulstraße, eine Einbahnstraße, die Radfahrer in beide Richtungen befahren dürfen. Alarm: In der Whatsapp-Gruppe der 1a wird eine Kontrolle vor der Kita vermutet und gewarnt. Eltern haben offenbar das geparkte Polizeiauto entdeckt. Das wirkt sich auf den Verkehr aus: „Erstaunlich viele nutzen jetzt den Wasgau-Parkplatz“, sagt Schlenker schmunzelnd. Stefanie Gutfrucht vom Schulelternbeirat (SEB) moniert, dass es in Rheinland-Pfalz keinen Schulwegeplan gebe. In Harthausen fungierten Eltern als Schülerlotsen, berichtet Ortsbürgermeister Volker Hardardt (FWG). Gutfrucht und ihr SEB-Kollege Michael Ott verweisen an der Einmündung der Schul- in die Obere Hauptstraße auf ein weiteres Problem neben dem hohen Verkehrsaufkommen: Beim Queren der Straße hätten die Kleinen wegen ihrer Größe und parkenden Fahrzeugen keine freie Sicht, sähen teilweise Fahrzeuge erst, wenn sie selbst auf der Straße seien. Der Vorschlag: eine Querungsmöglichkeit schaffen. Hardardt erinnert an eine vor Jahren aufgestellte Fußgängerampel. Auch Eltern mit Kindern hatten oft an anderen Stellen die Straße überquert und die Ampel wurde wieder abgebaut.

Mehr Kontrollen

Michael Kolesnikow vom Ordnungsamt weiß, dass für Querungshilfen „eine gewisse Masse“ an Querungen bei vorgegebener Fahrzeugzahl pro Stunde erfolgen müsse, um solche genehmigt zu bekommen. Weil die Hauptstraße eine Kreisstraße ist, muss der Landesbetrieb Mobilität (LBM) mit ins Boot – auch beim Wunsch nach Tempo 30. Was Unfälle betrifft, ist Lustadt aber unauffällig. Dennis Dobberstein berichtet von 137 Unfällen seit 2022 – „nur“ an zwei Vorfällen seien Kinder bis zwölf Jahre beteiligt gewesen. Zurück in der Schulstraße werden Lösungen diskutiert. Radfahrstreifen, Spielstraße, Elternhaltestellen. Klar ist, das Geschwindigkeitsanzeigegerät soll auch in der Schulstraße installiert – und die am Halteverbot-Beginn vorhandene Zickzacklinie bis zur Schule fortgeführt werden. Zudem sollen gelbe Füße auf Gehwegen Kindern den Schulweg vorgeben. Für weitergehende Schritte sieht Kolesnikow wegen des niedrigen Verkehrsaufkommens und des unauffälligen Unfalllagebildes „keinen Bedarf“. Einwurf der stellvertretenden Schulelternsprecherin Nina Prechtl: „Knöllchen verteilen, dass es Geld kostet“. Kolesnikow: „Das können wir gerne machen. Der Aufschrei wird aber relativ groß sein.“ Auch Dobberstein versprach ab und an Polizei-Präsenz.

Apropos Kontrollen: Die VG Lingenfeld, die mit den Verbandsgemeinden Herxheim und Kandel sowie Wörth eine Blitzergemeinschaft bildet, wird bald selbst „blitzen“ – auch in Lustadt. Gutfrucht bedauert, dass die heutige Verkehrslage nicht ansatzweise die übliche abgebildet habe. „Ansonsten sind es doppelt so viele Fahrzeuge. Wenn es regnet noch mehr“, bekräftigt Schaaf.

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