Kreis Germersheim „Der Mann könnte noch leben“

Der Elefant war am Samstag kurz nach 5.30 Uhr in Buchen (Neckar-Odenwald-Kreis) aus seinem Zirkuszelt ausgebrochen. Kurz darauf hatte er einen 65-jährigen Spaziergänger getötet. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln, weshalb die Elefantendame namens „Baby“ überhaupt ausbrechen konnte und weshalb sie aggressiv auf den Spaziergänger reagierte. Verschiedene Tierschutzorganisationen erinnerten nach dem Unglück daran, dass sie aufgrund mehrerer Vorfälle, bei denen Menschen von „Baby“ verletzt worden waren, schon auf die problematische Tierhaltung aufmerksam gemacht hatten. Auch Tierschützerin Sabine Luppert, Vorsitzende des Vereins „Schüler für Tiere“, hatte „Baby“ schon in die Augen gesehen. Sie war dem Dickhäuter zufällig auf einem Flohmarkt in Bruchsal begegnet. Dort wurde der Elefant als „Benjamin“ von Zirkusbetreiber Frank spazieren geführt, erinnert sich Luppert. Sie habe damals die Polizei gerufen und Anzeige gegen Zirkus „Francordia“ (ehemals „Luna“) erstattet, wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz, nicht artgerechter Tierhaltung, Tierquälerei und wegen Gefährdung von Passanten. Doch am 20. April habe die Staatsanwaltschaft Karlsruhe das Verfahren eingestellt, sagt Luppert. Damals habe es geheißen, die Tierhaltung sei zwar nicht optimal, aber in Ordnung. Von der Passanten-Gefährdung sei überhaupt nicht mehr die Rede gewesen. Dabei habe es zuvor schon über 100 Anzeigen von anderen Tierschützern gegeben, sagt Luppert. Deshalb habe der Zirkus häufig seinen Namen gewechselt, auch das Tier sei ständig umbenannt worden. Sogar in einem ZDF-Bericht sei dokumentiert worden, dass die Elefantendame im Winter bei 6 Grad frieren musste. Fast zwei Jahrzehnte lang sei sie in dem Zirkus alleine gehalten worden. Das Leid des Tieres war also bekannt, ebenso Vorfälle, bei denen unter anderem ein Kind verletzt wurde. „Das tut mir für die Familie jetzt unendlich leid“, sagt die Tierschützerin. „Der Mann könnte noch leben.“ Nun bereitet Luppert erneut Anzeigen vor, unter anderem wegen „Fahrlässiger Tötung“ gegen die Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen das zuständige Veterinäramt und Landrat Christoph Schnaudigel ist in Arbeit. Sie habe im März auch die Entnahme einer Blutprobe gefordert, allerdings sei nichts geschehen, sagt Luppert. Ihr Verdacht: Die Elefantendame stand bei ihrem Spaziergang in Bruchsal unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln. „Nach all’ dem, was wir schon über sie wussten, war sie zu ruhig“, sagt Luppert. Das Interesse am weiteren Schicksal der Elefantendame ist groß, das zeigen auch die Einträge auf der Facebook-Seite von „Schüler für Tiere“: Artikel und Fotos zum Spaziergang in Bruchsal wurden schon knapp 280 Mal geteilt, knapp 50 Mal kommentiert. Für Aufregung sorgte kurzzeitig der Beitrag eines Kommentar-Schreibers, dass der Elefant eingeschläfert worden sei. Doch das stellte sich als Falschmeldung heraus. Inzwischen kam auch ganz offiziell Entwarnung: Der Safari-Park Stukenbrock nahe Bielefeld hat das Tier aufgenommen. Dort soll die Elefantendame in eine Gruppe von drei gleichaltrigen Elefantenkühen integriert werden, hieß es gestern am frühen Abend. „Sie bekommt eine Herde und darf endlich einen anderen Rüssel spüren“, freut sich auch Tierschützerin Luppert. (tnc)

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