Kreis Germersheim Binnenschiffer mit Leidenschaft

LEIMERSHEIM. Hermann Julius Kropp ist ein Binnenschiffer mit Leib und Seele. Mit seinen 71 Jahren muss er ab und zu immer noch auf die Brücke eines Rheinschiffes, um „Flussluft“ zu schnuppern. Und im Laufe der Jahre hat er eine beträchtliche Sammlung an Tischflaggen und großen Flaggen von aktuellen und ehemaligen Schifffahrtsunternehmen gesammelt – insgesamt etwa 1800.

In vielen Dörfern entlang des Rheins stehen Masten von Schifffahrtsvereinen – so auch in Sondernheim, Ecke Raiffeisen- und Kirchstraße. Die Flaggen, die dort am Mast im Wind flattern, sind oft ausgeliehen von Hermann Julius Kropp. So auch eine Flagge in den Farben schwarz, weiß und rot. Diese entdeckte ein Leser und wandte sich anonym an die RHEINPFALZ: Am Mast baumelt eine Naziflagge! „Das ist absoluter Quatsch“, sagt Hermann Kropp dazu. „Die haben doch keine Ahnung.“ Und Recht hat er natürlich. Denn das Fachwissen, das sich der Binnenschiffer in den vergangenen mehr als 40 Jahren angeeignet hat, sucht seinesgleichen. „Die Flagge gehört den Gebrüdern Kannegießer aus Dortmund, deren Schiffe später unter den Flaggen der Reederei Harpen und Bergbau fuhren.“ Mit einer Naziflagge habe das nichts zu tun. Man solle sich vorher informieren, bevor man irgendetwas in die Welt setze. Der Flaggensammler zeigt auf eine Wand in einem seiner reich dekorierten Kellerräume. Dort stehen fein säuberlich mehrere der Flaggen nebeneinander, alle mit unterschiedlichen Symbolen darauf. „Die gehören alle zusammen“, sagt Kropp und erzählt, wie kleinere Reedereien von größeren Linien übernommen werden, sich zusammenschließen. „Viele Reedereien haben aufgegeben. Heute sind sehr viel mehr Schiffe in Privatbesitz, die wenigsten gehören Reedereien“, sagt Kropp. Das Verhältnis sei heute vielleicht 80 Prozent privat und 20 Prozent Reedereien. Kropp, der in Neuburgweier das Licht der Welt erblickte, kommt eigentlich aus einer Binnenschifferfamilie. Die Geschwister seines Vaters seien alle auf dem Schiff gewesen. Nur sein Vater habe an Land gearbeitet: „Er wollte, dass ich in dem Betrieb, in dem er arbeitete, Schlosser lerne. Das habe ich aber nicht gemacht. Ich habe gesagt, ich geh’ aufs Schiff.“ Gesagt, getan. 1957 ging der Badener aufs Wasser – bis heute. „Jetzt aber nur noch hobbymäßig, ich helfe manchmal aus“, sagt Kropp und freut sich dabei. Kürzlich sei er von Wien bis Basel unterwegs gewesen – rund 14 Tage. Wie lange er das noch machen möchte? „So lange es die Gesundheit zulässt“, antwortet Kropp schnell. Ein Binnenschiffer durch und durch eben. Von der Decke in einem Kellerraum hängen Kaffeetassen mit Schifffahrtssymbolen und passenden Sprüchen, über dem Tisch ist eine Schiffsglocke befestigt, die Wände sind rundum mit kleinen Tischflaggen dekoriert. Vier Regale vom Boden bis zur Decke. „1208 Tischflaggen habe ich“, sagt Hermann Julius Kropp stolz. Und das Schwierige dabei sei, Flaggen von längst vergangenen Reedereien zu bekommen. Doch nicht nur Tischflaggen nennt Kropp sein eigen – 600 große Flaggen liegen fein säuberlich gefaltet in Schränken. Ein Doppelschrank nur für Deutsche, im Nachbarschrank türmen sich Flaggen aus der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich und anderen Ländern. An den Wänden sind alte und neuere Fotos von Schleppschiffen und Schubverbänden zu sehen. Schiffsmodelle zieren die Räume und steht man am großen Steuer im Raum, hat man das Gefühl, Kurs halten zu müssen. Das fällt dem Binnenschiffer nicht schwer. Schließlich weiß er, wo er herkommt und wo er hin möchte – aufs Wasser.

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