Kreis Germersheim Bei Flüchtlingsfrage zu Differenzierung ermahnt

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Wie wird den so drängenden und vielschichtigen Problemen, die der Zustrom von Flüchtlingen verursacht, auf Bundes-, Landes- und Kreisebene begegnet? Um diese Frage der CDU-Parteibasis zu erklären, hatten der Bundestagsabgeordnete Thomas Gebhart, der Landtagsabgeordnete Martin Brandl und Landrat Fritz Brechtel am Dienstag in die Wörther Festhalle eingeladen.

Ein Schwarz oder Weiß gebe es nicht in der Flüchtlingsfrage, sagte Gebhart im Hinblick auf die nach den Terrorereignissen in Paris noch befeuerte Diskussion bei den Christsozialen. „Als Partei der Mitte muss die CDU die Kraft zur Differenzierung aufbringen“, forderte er. Das es angesichts eines Anstiegs von 75.000 Asylanträgen im Jahr 2012 auf 850.000 bis zur vergangenen Woche in diesem Jahr ernsthafte Probleme gebe, sei indessen auch klar. „Man muss den Flüchtlingsstrom vernünftig bewältigen und man muss ihn vermindern.“ Dank der jüngsten Beschlüsse des Bundestages gebe es hier erste Fortschritte, meinte Gebhart. Während in den ersten neun Monaten dieses Jahres 40 bis 50 Prozent der Asylbewerber aus den kürzlich in den Kreis der sicheren Herkunftsländer aufgenommenen Staaten des Westbalkans gekommen seien, sei deren Zahl jetzt deutlich nach unten gegangen. Derweil kämen aber auch deutlich mehr Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak, so dass es insgesamt keine Verminderung gebe. Nun gelte es die Asylverfahren deutlich zu beschleunigen; beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lägen 300.000 unbearbeitete. Deshalb soll 2016 beim BAMF die Stellenzahl von jetzt 700 auf 2100 Stellen erhöht werden, kündigt Gebhart an. Zudem müssten abgelehnte Asylbewerber künftig konsequenter zurückgeführt werden – und zwar direkt von den Aufnahmezentren aus. Wer nicht verfolgt werde, werde nicht bleiben können. Es sei ein weit verbreitetes Missverständnis bei Flüchtlingen und Bürgern, „dass die Menschen, die zu uns kommen, zwangsläufig auf Dauer hierbleiben“. Alle drei Jahre würde die Situation in den Herkunftsländern überprüft. „Wir gewähren so lange Schutz, wie er gebraucht wird.“ Rheinland-Pfalz müsse aufgrund seiner Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft knapp fünf Prozent aller Asylbewerber in Deutschland aufnehmen, sagte Brandl. In diesem Jahr seien es bislang 42.000 Menschen gewesen, davon 17.000 Syrer und knapp 5000 Afghanen. Von den auf die Kommunen verteilten Asylbewerbern seien 30 Prozent vom Westbalkan. Brandl mahnte zur Differenzierung in der Flüchtlingsdiskussion, in der viele Vorurteile und Unwahrheiten verbreitet würden. Unwahr sei zum Beispiel, dass Supermärkte in der Umgebung von Erstaufnahmezentren von Neuankömmlingen praktisch ausgeplündert würden und deshalb schließen müssten. Das hätten Nachforschungen bei Kollegen im Landtag, die solche Einrichtungen im Wahlkreis haben. Man tue gut daran den Dingen selbst auf den Grund zu gehen. Landrat Brechtel kritisierte das Finanzgebaren der Landesregierung. Zwar leite sie die 670 Euro, die der Bund pro Asylbegehrenden und Monat für die Kommunen bereitstelle in vollem Umfang weiter. Gleichzeitig habe sie aber die Landesmittel von bislang gut 500 Euro gekürzt. So dass den Kommunen von den durchschnittlichen 1200 Euro Kosten, die ein Flüchtling verursache, nur etwa 850 ersetzt würden. Nicht geredet werde darüber, dass anerkannte Asylbewerber meist von den Sozialsystemen alimentiert werden müssten. „Und diese Kosten übernehmen weder der Bund noch das Land.“ Weiterhin kritisch sei die Lage bei der Unterbringung. Pro Woche kämen 40 bis 50 Asylbewerber im Kreis an, die je nach Einwohnerzahl auf die Kommunen verteilt würden. Die meisten, nämlich 1991, seien in Germersheim untergebracht, die wenigsten, 104, in Hagenbach. Insgesamt lebten knapp 1200 Neuankömmlinge im Kreis. Dass sei zwar noch immer weniger als ein Prozent der Gesamtbevölkerung von 125.000, aber dennoch „eine hohe Zahl“. 40 Prozent kämen vom Westbalkan. Obgleich in den letzten Wochen von dort keine Neuankömmlinge mehr eingetroffen seien. Freiwillige Rückführungen habe es dieses Jahr 135 gegeben und vier Abschiebungen. (fex)

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