Kreis Germersheim AfD-Mitglieder fechten Stadtratsliste an

Wahlplakat der AfD im Kreis Germersheim zur Bundestagswahl im September 2017.
Wahlplakat der AfD im Kreis Germersheim zur Bundestagswahl im September 2017.

Unter Germersheimer AfD-Mitgliedern brodelt es. Einige fühlen sich bei der Aufstellung der Liste für die Stadtratswahl hintergangen und haben wegen eines mutmaßlichen Satzungsverstoßes Beschwerde beim Landes- und Bundesverband eingereicht. Ihrer Meinung nach ist die AfD-Liste für die Stadtratswahl ungültig.

«Germersheim.»Unter Germersheimer AfD-Mitgliedern gibt es Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl der Stadtratskandidaten am 28. März. Die Kandidaten seien von Personen gewählt worden, die aufgrund der Satzung des AfD-Kreisverbandes Germersheim gar nicht AfD-Mitglied und damit auch bei der Listenaufstellung nicht stimmberechtigt sein könnten. AfD-Mitglied Ernst Schramm hat mit Unterstützung von vier weiteren Parteimitgliedern aus Germersheim, darunter Albert Breininger aus dem Kreisvorstand, eine Eingabe an den Landes- und Bundesverband gemacht. Darin weist Schramm auf die seiner Ansicht nach nicht satzungsgemäße Aufnahme mehrerer Personen und deren folgender Teilnahme an der Listenaufstellung hin. Schramm und seine Parteikollegen fordern deshalb die Nichtanerkennung dieser Mitgliedschaften und damit auch die Annullierung der AfD-Liste für die Stadtratswahl in Germersheim.

Joa: Kreisvorstand bestimmt Aufnahme

Die AfD-Versammlung mit Germersheimer Parteimitgliedern hat am 28. März die Liste mit den Republikanern Alfons Braun und Hanno Vogelgesang sowie dem parteilosen ehemaligen Bürgermeisterkandidaten Armin Lutzke auf Spitzenpositionen gewählt. Kreisvorsitzender Matthias Joa (Westheim), für die AfD im rheinland-pfälzischen Landtag, hält die Wahl für rechtmäßig und damit auch die Liste für die Stadtratswahl für gültig. Auf die Frage der RHEINPFALZ nach den neuen Mitgliedern, die an dieser Wahl teilnahmen, erklärte Joa schriftlich: „Generell beschließt der AfD-Kreisvorstand Germersheim für den Kreisverband die Aufnahme von Neumitgliedern gemäß unseren Richtlinien.“

Schramm: Satzung widerspricht Vorstand

Genau das aber sehen Schramm und seine Mitstreiter anders. Sie beziehen sich auf die Satzung des Kreisverbandes, in der unter dem Punkt Aufnahme von Mitgliedern unter anderem zu lesen ist: „Vor der Aufnahmeentscheidung ist vom Kreisvorstand ein persönliches Gespräch mit dem Antragsteller zu führen. Die Entscheidung für die Aufnahme trifft der Kreisverband.“ „Die Entscheidung trifft der Kreisverband, nicht der Vorstand des Kreisverbandes“, interpretiert Schramm diesen Passus. Und betont, dass das in der Vergangenheit auch immer so gewesen sei. Der Kreisvorstand habe vorgeschlagen, eine Mitgliederversammlung habe die Entscheidung über die Aufnahme neuer Mitglieder getroffen.

Schiedsgericht der Partei soll Vorwürfe prüfen

Mit der Antwort, die Schramm auf seine Eingabe bekommen hat, sei er nicht zufrieden, sagte er auf Nachfrage der RHEINPFALZ. Ein Schiedsgericht der Partei werde die Sache prüfen. Schramm: „Das ist ein Satzungsverstoß, keine Sache für ein Schiedsgericht.“ AfD-Landesvorsitzender Uwe Junge teilte dazu lediglich mit, für die Aufnahme von Neumitgliedern sei der jeweilige Kreisverband zuständig. Und die Aufnahme in Germersheim sei nach Rücksprache mit dem Kreisvorsitzenden Matthias Joa ordnungsgemäß gelaufen.

Wunsch nach Gründung eines Stadtverbandes ignoriert

Außer dem Verstoß gegen die Satzung werfen Ernst Schramm, Peter Höfer, Viktor Kari und Hans Birnkammer dem Kreisvorsitzenden vor, Willensbekundungen von Versammlungen zu ignorieren. Bei einer Versammlung des Kreisverbandes mit Germersheimer Mitgliedern im Januar im Gut Altbrand, hätten sich diese einstimmig dafür ausgesprochen, keine Republikaner auf die AfD-Stadtratsliste aufzunehmen. Das sei ebenso ignoriert worden wie der Wunsch nach baldiger Gründung eines AfD-Stadtverbandes Germersheim. Diese Stadtverbandsgründung habe Matthias Joa bewusst auf den Sommer, die Zeit nach der Wahl, verschoben, um bei der Listenaufstellung nach Gutdünken agieren zu können, mutmaßen die Kritiker. Joa antwortet dazu: „Die Gründung eines Stadtverbandes bedarf der Zustimmung der Mitgliederversammlung des Kreisverbandes. Diese war am 8. 1. 2019 (Termin der Versammlung im Gut Altbrand, Anmerkung der Redaktion) nicht gegeben.“ Und weiter: „Ein AfD-Mitglied aus Germersheim hat bei der Mitgliederversammlung des AfD-Kreisverbandes am 19. 1. 2019 den Antrag auf Gründung eines AfD-Stadtverbandes Germersheim gestellt. Die Mitgliederversammlung hat dem grundsätzlich zugestimmt. Über den geeigneten Termin bestimmt der Kreisvorstand.“ Nicht nur wegen des von ihm vermuteten Satzungsverstoßes, vor allem auch wegen solcher Äußerungen ist Schramm sauer auf die AfD-Führung. „Wir sind doch alle in die AfD eingetreten, um von der Basis mitzureden und zu sagen, was uns nicht gefällt.“ Jetzt sei es auf allen Ebenen der AfD so wie in allen anderen Parteien. Oben werde beschlossen, unten spiele keine Rolle, so Schramm.

Braun soll bei der Wahl noch REP-Mitglied gewesen sein

Mit etwas Verspätung stößt Albert Breininger zur Gesprächsrunde mit Schramm, Birnkammer, Höfer, Kari und der RHEINPFALZ. Er habe nur wenig Zeit entschuldigt er sich. Breininger, als Beisitzer Mitglied im Kreisvorstand, ist nicht nur wegen der Mitgliederaufnahmen sauer auf seine Kollegen. Er habe das in seiner Rede bei der Listenversammlung am 28. März in Germersheim auch deutlich gemacht. Die AfD-Satzung gebe klipp und klar vor, dass ein AfD-Mitglied nicht in einer anderen Partei Mitglied sein kann. Er habe Alfons Braun bei der Versammlung gefragt, ob er denn bei den Republikanern ausgetreten sei. Das habe Braun nicht belegen können, habe lediglich einen Zettel in Richtung Publikum geschwenkt. „Das war vielleicht ein Antrag auf Austritt“, mutmaßt Breininger. Jedenfalls habe er sich bei der Partei Die Republikaner kundig gemacht. Die habe zum Zeitpunkt der Wahl Brauns keine Kenntnis von dessen Austritt gehabt. Aber das habe bei der Versammlung zur Listenaufstellung keiner hören wollen, Kreisvorsitzender Joa habe alles abgebügelt. Breininger hatte selbst für aussichtsreiche Listenplätze kandidiert, war aber jeweils in Kampfabstimmungen unterlegen.

Vertrauensmann hält Wahl nicht für richtig

Abgebügelt worden sei auch die Weigerung des 2. Vertrauensmannes der Versammlung, Hans Birnkammer, als solcher für die Rechtmäßigkeit der Listenwahl zu unterschreiben. Birnkammer: „Diese Wahl war nicht richtig!“ Mit den Unterschriften des Kreisvorsitzenden Matthias Joa und der Versammlungsleitung war die Liste selbst aber ausreichend in Ordnung und wurde vom Wahlamt bei der Stadtverwaltung Germersheim anerkannt. Die AfD-Stadtratsliste Alfons Braun, Armin Lutzke (parteilos), Claudia Bauer, Sandor Bedö, Michael Faber, Hanno Vogelgesang, Gottfried Seffen, Barbara Müller-Bedö, Inge Sträßner, Hans Gernett, Simon Pahle (parteilos).

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