Kreis Bad Duerkheim Laurentius und die alte Schwester

Zwei Kirchen, ähnliche Geschichten. In Weisenheim am Sand stehen sich die Kirchtürme der protestantischen und der katholischen Kirche in der Bahnhofstraße gegenüber, als hätte man sie gegeneinander gespiegelt. Doch nicht nur ihre Lage eint die beiden Gotteshäuser, sondern auch die Geschichte – zum Beispiel die der Glocken. Diese mussten immer wieder für Kriegszwecke herhalten.

Dass beide Kirchengemeinde einen freundschaftlichen Umgang pflegen, sieht man besonders zur Weihnachtszeit. Ein riesengroßer, im Dunkeln leuchtender Weihnachtsstern, der an beiden Kirchtürmen befestigt ist, verbindet sie miteinander. Die katholische Sankt Laurentiuskirche ist ein neugotischer Saalbau. Die Grundsteinlegung erfolgte im Jahr 1866 und damit wahrscheinlich 1000 Jahre später als die der heutigen protestantischen Kirche. Über der Eingangstür des katholischen Sakralbaus befindet sich ein Sandsteinrelief, das die Gottesmutter mit Kind im Strahlenkranz auf einer Wolke zeigt. Zum 37 Meter hohen, schlanken Kirchturm geht es links herum. Über die Treppe erreicht man zuerst die Empore mit der Orgel. Hinter dem Instrument beginnt der Aufgang zum Turm. An dem helleren Holz erkennt man, dass die Treppe noch nicht so alt ist. „Vorher gab es hier nur eine steile Leiter“, erzählt Heribert Schädler, Mitglied im Verwaltungsrat. Im Glockenturm sind drei Stahlglocken und eine Bronzeglocke untergebracht. „Sankt Michael“ ist mit einem Gewicht von 1275 Kilogramm die größte. Sie trägt die Aufschrift „Katholische Kirche Weisenheim am Sand Weihnachten 1947“ und erklingt mit dem Ton „e“. „St. Maria“ mit dem Ton „g“ wiegt 730 Kilogramm und „Sankt Johannes“ mit dem Ton „a“ wiegt 500 Kilogramm. Die Angelusglocke wiegt 600 Kilogramm und ist ebenfalls auf „a“ gestimmt. Die Bronzeglocke läutet jeweils während des Gottesdienstes bei der Wandlung und tagsüber um 7, 12 und 18 Uhr. Nach der Weihe der Kirche im Jahr 1869 durch den damaligen Speyerer Bischof Nikolaus von Weis (er starb am 13. Dezember desselben Jahres), wurde die erste Glocke 1873 angeschafft. Für Kriegszwecke mussten 1917 zwei Glocken zur Einschmelzung abgegeben werden. 1925 wurden drei neue Glocken angeschafft. Zwei davon mussten 1942 erneut für Kriegszwecke abgegeben werden. 1948 wurden dann drei neue Glocken angeschafft. Die heutige protestantische Kirche in Weisenheim ist – wie oben erwähnt – viel älter älter als das katholische Gotteshaus. Historiker nehmen an, dass schon um das Jahr 800, zur Zeit Karls des Großen, hier eine Kirche aus Holz errichtet wurde. Im 11. oder 12. Jahrhundert wurde dann eine größere Kirche aus Stein gebaut. Die unteren Geschosse des Turms stammen noch aus dieser Zeit. Beim Betreten der Kirche ist im rechten Pfosten eine eigenartige Vertiefung – es sieht aus, als fehlten ein paar Steine – zu erkennen. „Die Löcher deuten darauf hin, dass hier früher der Altar mit dem Tabernakel war“, erklärt Pfarrer Krieger dieses kleine Phänomen. Heute liegt der Boden natürlich viel höher als damals. Nach der Reformation wurde die Kirche seit 1556 für protestantische Gottesdienste genutzt. Nach dem notdürftigen Wiederaufbau der im 30-jährigen Krieg (1616 bis 1648) stark zerstörten Kirche, erfolgte 1750 ein Neubau. Von dem alten Gebäude blieb darin nur der Turm erhalten. Von außen sind neben den Fenstern so genannte Blendarkaden zu erkennen. Bei den herausstehenden „Nasen“ hörte der Turm früher auf. Rechts oben in Höhe der Uhr ist die Jahreszahl 1573 zu erkennen. Bis zur ersten Ebene führt eine Treppe den Turm hinauf, dann folgt eine steile Leiter. Über diese erreicht man das Läutwerk. Pfarrer Krieger erinnert sich, dass Glockenbaufachleute einen neuen Klöppel mühsam über diese Leiter hinaufgebracht haben. Im Boden sind noch die Löcher zu sehen, durch die früher die Seile liefen als die Glocken noch von Hand geläutet wurden. Ein altes Foto im Turm erinnert an die Glockenweihe vom 25. Juli 1890. Es zeigt wie die Glocke mit Pferdekutschen vom Bahnhof abgeholt wurde. Aber: Der Krieg verschonte auch die Bronzeglocken der protestantischen Kirche nicht. Sowohl 1917 als auch 1942 wurden sie beschlagnahmt. Das Presbyterium entschied sich deshalb nach dem zweiten Weltkrieg für die Anschaffung von Gussstahlglocken. Diese erklangen am 1. Mai 1949 zum ersten Mal. Die Glocken tragen die Namen „Hoffnung“ (d-Glocke mit 1760 Kilogramm), „Liebe“ (f-Glocke mit 1050 Kilogramm), „Glaube“ (g-Glocke mit 798 Kilogramm) und „Gebet“ (b-Glocke mit 395 Kilogramm). Wegen Beschwerden aus der Nachbarschaft der Kirche wird in der Zeit von 22 bis 6 Uhr keine Zeit geläutet. (igf)

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