Donnersbergkreis Die Frage bleibt: Warum?

Ein Bild aus glücklichen Tagen: Silvia Enders im Tierheim. Zahlreichen Weggenossen war es ein Bedürfnis, über das, was ihr wider
Ein Bild aus glücklichen Tagen: Silvia Enders im Tierheim. Zahlreichen Weggenossen war es ein Bedürfnis, über das, was ihr widerfahren ist, mit der RHEINPFALZ zu sprechen.

Im Tierschutzverein Donnersbergkreis ist nach der Abwahl der Vorsitzenden Silvia Enders, die den Verein mehr als 25 Jahre lang geführt hat, vordergründig Ruhe eingekehrt. So ist die neue Vereinsführung inzwischen beim Registergericht eingetragen, im Tierheim Kirchheimbolanden wurde eine neue Leiterin installiert, und – mit verkürzten Öffnungszeiten – der Betrieb wieder aufgenommen. Im Hintergrund sind allerdings noch immer einige Dinge in Bewegung. Zum Beispiel hat die neue Vereinsspitze Anzeige gegen Silvia Enders erstattet. Das Ergebnis liegt noch nicht vor. Enders selbst hat die Vorstandswahl angefochten. Auch hier steht die Entscheidung noch aus. Und nicht zuletzt haben sich inzwischen Dutzende Menschen bei der RHEINPFALZ gemeldet, die immer noch nicht recht fassen können, was sich am 14. März zugetragen hat. Vor allem zwei Fragen werden immer wieder gestellt: „Warum das Ganze? Und warum so?“ Zur Erinnerung: Auf der Jahreshauptversammlung des Tierschutzvereins, gewöhnlich eine eher unspektakuläre Veranstaltung, war diesmal alles anders. Es begann damit, dass nicht, wie sonst üblich, um die 20 Mitglieder erschienen waren, sondern fast viermal so viele. Wie sich später herausstellte, war ein großer Teil davon erst kurz vorher, manche noch am selben Tag, von der zweiten Vorsitzenden – ohne dass Silvia Enders davon wusste – in den Verein aufgenommen worden. Zwei Neumitglieder bestimmten dann sehr schnell den weiteren Verlauf der Sitzung. Die eine, indem sie ein anonymes gegen Silvia Enders gerichtetes Schreiben verlas, der andere, indem er anschließend die Leitung der Vorstandswahlen übernahm – gegen den Protest altgedienter Vereinsleute, aber mit Unterstützung eines Teils des Vorstandes und der Neuen. Der weitere Verlauf der Sitzung ist bekannt: Es kam zu tumultartigen Szenen, und Silvia Enders wurde mit den Stimmen der Neuaufgenommenen abgewählt. Eine der allerersten Maßnahmen des neuen Vorstandes am Tag danach war es, den festangestellten Mitarbeiterinnen des Tierheims Hausverbot zu erteilen. Inzwischen sind diese Frauen entlassen worden. Im Interview mit der RHEINPFALZ hat Silvia Enders sich anschließend zur Situation geäußert und Fehler eingeräumt. Vor allem im Umgang mit der Vereinssatzung, aber auch in der Kommunikation. Anderseits hat sie die Anschuldigung, es sei unter ihrer Leitung zu finanziellen Unregelmäßigkeiten gekommen, entkräftet. Die Vorwürfe, dass die Tiere im Tierheim nicht ordentlich versorgt worden seien, wies sie weit von sich. In einem weiteren Interview kam die neue Vereinsführung zu Wort. Die drei Vorstandsmitglieder mussten sich auch kritischen Nachfragen stellen. Angesichts der Tatsache, dass sie alle das Tagesgeschäft im Tierheim nur vom Hörensagen, nicht aber aufgrund eigener Mitarbeit kannten, zum Teil selbst nicht einmal im Donnersbergkreis wohnen, wollten die Redakteure wissen, was eigentlich ihre Motive für diesen Umsturz waren und warum man bei der Abwahl der Vorsitzenden zu solch unüblichen Methoden greifen musste. Dutzende Personen haben sich bei der RHEINPFALZ gemeldet Offenbar sind die RHEINPFALZ-Berichterstatter nicht die einzigen, die das wissen wollen. Seit dem Erscheinen der Interviews (am 23. und am 30. März) haben sich Dutzende von Personen bei uns gemeldet. Einige von ihnen haben Leserbriefe geschrieben, andere haben angerufen, wieder andere kamen persönlich vorbei. Nicht alle Gesprächspartner wollten mit ihrem Namen in der Zeitung erscheinen. Sie befürchten unter Druck gesetzt oder an den Pranger gestellt zu werden. Andere dagegen gaben uns freimütig die Erlaubnis, sie mit Namen zu zitieren. Angesichts der Tatsache, dass das Thema nach wie vor in den sozialen Medien diskutiert wird und es letztlich keine Kontrolle darüber gibt, welche Namen von wem wo und unter welchen Umständen weiterverbreitet werden, haben wir uns dafür entschieden, keinen der Namen öffentlich zu nennen. Sie liegen der Redaktion aber vor, alle Gespräche wurden dokumentiert. Viele Anrufer wollten einfach nur ihrem Unmut über das Vorgehen der neuen Vereinsspitze Luft machen, andere waren voller Sorge um die Tiere, klagten etwa darüber, dass die Öffnungszeiten des Tierheims verkürzt wurden, dass sie telefonisch nicht durchkamen oder dass sie vor der Tür standen und man sie nicht hereinließ. Eine Frau brachte sogar ihr Testament, in dem sie den Tierschutzverein als Erben eingesetzt hatte, mit in die Redaktion. Sie sei auf dem Weg zum Notar, sagte sie, um die Verfügung wieder rückgängig zu machen: „Diesen neuen Leuten möchte ich mein Geld nicht anvertrauen.“ Es meldeten sich aber auch Insider. Darunter Frauen, die jahrelang mehrmals wöchentlich im Tierheim gearbeitet hatten, außerdem der langjährige Anwalt des Vereins, der als Vereinsmitglied der ersten Stunde mitgeholfen hatte, das Tierheim mit eigenen Händen im Wortsinn aufzubauen. Es meldete sich eine langjährige Kassenprüferin, die Enders entschieden gegen den Vorwurf finanzieller Unregelmäßigkeiten in Schutz nahm und der Vereinsführung eine jederzeit tadellose Buchführung bescheinigte. Es meldeten sich Vereinsmitglieder, die für die Vor- und Nachkontrollen bei der Tierabgabe zuständig gewesen waren – also für die Kontrollen, die es laut der Ankläger gar nicht gegeben hatte. „Ich habe auf meinen Hausbesuchen Hunderte von Kilometern zurückgelegt“, sagte eine dieser Personen. Wir haben auch mit den Helferinnen gesprochen, sie sich intensiv um die eine Hündin gekümmert hatten, die schließlich eingeschläfert werden musste. Sie bekräftigten Enders’ Aussage, dass es sich um einen Einzelfall gehandelt habe, dass um das Leben des Tieres gekämpft wurde und dass die Hündin dabei durchgehend in tierärztlicher Behandlung gewesen sei. Wir haben mit Tierbesitzern gesprochen, die ihren Hund, ihre Katze oder ihr Kaninchen aus dem Tierheim hatten, zum Teil sogar mehrere Tiere. Viele von ihnen stehen seit Jahren mit der Einrichtung und ihren Mitarbeitern in Kontakt. Sie baten uns inständig darum zu veröffentlichen, wie zufrieden sie insgesamt mit der Arbeit des Tierheims seien. „Lassen Sie nicht zu, dass der Ruf von Frau Enders so ruiniert wird“, sagte eine Frau wörtlich, „das war Rufmord an Frau Enders durch eine fremde Meute“ eine andere. Nicht unterschlagen werden soll, dass es auch Kritik gab. Manchmal sei es im Tierheim drunter und drüber gegangen. Tiere hätten vernachlässigt gewirkt oder Verhaltensauffälligkeiten gehabt. Manchmal habe Enders Leute „von oben herab“ behandelt oder sich beratungsresistent gezeigt. In Stoßzeiten, wenn das Heim von Tieren förmlich überflutet wurde, sei bei der Tierabgabe auch mal nicht so genau hingeschaut worden. Auch dass Enders im Tagesgeschäft den Formalien nicht immer Priorität einräumte, wurde erwähnt. Und zwei Personen haben dezidiert darauf hingewiesen, dass bei ihnen zu Hause kein Kontrolleur aufgetaucht sei. Insgesamt bleiben diese Anrufer aber Einzelstimmen in einer großen Überzahl von positiven Rückmeldungen. Was die Vorstands(ab)wahl angeht, hat die RHEINPFALZ inzwischen recherchiert, dass es für die Vorgehensweise einen Präzedenzfall in der näheren Umgebung gibt: beim Tierschutzverein Kindsbach. Sogar die handelnden Personen waren teilweise mit denen in Kirchheimbolanden identisch. Der inzwischen tatsächlich gewählte Vorsitzende des dortigen Tierschutzvereins hatte im Januar per Facebook seine Freunde aufgefordert, ihm dabei zu helfen, seinen Verein „zurückzubekommen“. Wie? Durch Masseneintritt und Votum für ihn bei der Vorstandswahl – „Mitgliedsanträge bekommt ihr bei mir“. Um wen es sich bei diesem neuen Vorsitzenden handelt? Um den Mann, der bei dem Coup gegen Silvia Enders die Wahl geleitet hatte.

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