Karlsruhe Neustadts Unterwelt

Eine Neustadter Bürgergruppe schlägt vor, ehemalige Weinkeller unter Lidl und dem Käthe-Kollwitz-Gymnasium touristisch zu nutzen. Der städtische Denkmalpfleger sieht keine Probleme, die Keller seien nicht erhaltenswert (wir berichteten). Die Keller zu nutzen sieht dagegen Stadtplaner Volker Klein kritisch, weil Fluchtwege fehlen und für den Brandschutz ein Millionenbetrag investiert werden müsste.

Außerdem könne die Stadt im Fall Lidl nicht über ein Gebäude verfügen, das sich in Privatbesitz befinde. Und Lidl selbst will seinen Markt ab Mitte 2015 komplett umbauen – da ist fraglich, ob man noch an den Keller herankommen wird. Das Ganze ist also noch eine reine Luftnummer, bei der noch nichts entschieden ist. Wir schauen uns trotzdem mal um. Der erste Keller kann vom Parkplatz des benachbarten Ärztehauses in der Fröbelstraße durch zwei vergitterte Fenster gut eingesehen werden. Er ist leer, mit Ausnahme der ehemaligen Fässer aus Stahl, in denen einst der Wein aufbewahrt wurde. Die Keller unter dem Käthe-Kollwitz-Gymnasium (KKG) befinden sich unter dem Nebengebäude der Schule. An der Stelle stand bis 1978 ein Palais von Wilhelm Lingenfelder. Der Spätbarockbau war 1780 mit einem Weinkeller erstellt worden, der noch unter der heutigen Villenstraße liegt. Es gibt zwei Zugänge und der Keller besteht aus zwei, etwa acht auf 25 Meter großen Gängen, von denen noch mehrere Abzweigungen abführen, die jeweils rund fünf Meter in den Berg führen. In einem der Gänge ist seit den 1980er Jahren die Lüftungsanlage der Schule darüber untergebracht. „Seitdem ist es hier deutlich wärmer und trockener“, berichtet KKG-Hausmeister Hans-Wolfgang Graf. Der zweite Gang ist noch in seinem Urzustand. „Wenn es regnet, brauchen Sie da einen Regenschirm“, berichtet Graf. Wer dagegen an einem schwülen Sommertag durchläuft, nimmt die kühle Temperatur zwischen geschätzten zehn bis 15 Grad Celsius wahr. Es riecht muffig und die Sandsteinwände sind feucht. „Das waren ideale Temperaturen für den Wein“, glaubt Graf. Heute dient der Raum profaneren Zwecken: Die Stadtverwaltung nutzt ihn als Abstellfläche, wie die Stadt-Pressesprecherin Dagmar Staab bestätigt. In einem Gang liegen alte Steine und Stufen. Dazu erklärt Staab: „Die meisten sind vom alten Saalbau, der 1980 abbrannte. Sie werden immer mal wieder benötigt bei Ausbesserungsarbeiten, zum Beispiel auf der Wolfsburg. Es kommt aus den Ortsteilen auch schon mal der Wunsch, aus einem Stein eine Sitzbank zu fertigen. Es gibt aber auch Steine dort, von denen wir nicht mehr wissen, woher sie stammen. Sie lagen schon vor 1980 dort.“ (wkr)

x