Karlsruhe Majolika vor der Stunde der Wahrheit

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Kommt es endlich zu einer Entscheidung oder geht die Hängepartie weiter? Am kommenden Dienstag muss sich der Karlsruher Gemeinderat mit dem Wirtschaftsplan und einem Fortführungskonzept für die Majolika-Manufaktur beschäftigen. Angesichts des generellen Sparzwangs im Etat wird das keine leichte Übung. Bereits seit mehr als einem halben Jahr liegt die von der städtischen Fächer GmbH erarbeitete Machbarkeitsstudie auf dem Tisch. Klar ist, dass an und in dem denkmalgeschützten Komplex der Brandschutz heutigen Standards angepasst werden muss. Die vier einsturzgefährdeten Kamine, deretwegen die Produktion vorübergehend stillgelegt werden musste, sind laut Auflage des Denkmalamtes zu sanieren. Auch sonst besteht ein Sanierungsstau. Nach Ansicht der Karlsruher Versorgungs-, Verkehrs- und Hafen-GmbH (KVVH), die 2011 Gelände und Baulichkeiten von der LBBW übernommen hatte, wären die Kosten von der Manufaktur zu tragen. Die und die sie tragende Stiftung können sich das aber kaum leisten. Das ist der eine Punkt. Der andere ist der bisherige städtische Zuschuss von 100 00 Euro im Jahr, der im Gemeinderat angesichts der Haushaltssituation gewiss Diskussionen auslösen wird. Damit einher geht schon seit einiger Zeit die Suche nach Nutzungsmöglichkeiten für die frei werdenden Flächen (zum Teil soll ja das Badische Landesmuseum interessiert sein). Bis jetzt wurden einige dieser Flächen von der Manufaktur untervermietet. Entfiele dies, hätte man für den dann entstehenden Fehlbetrag natürlich gerne einen Ausgleich, meint Stiftungsvorstand Klaus E. R. Lindemann. Er betont aber auch, dass nach den fünf Jahren, auf die das Fortführungskonzept ausgelegt ist, kein Zuschussbedarf mehr vorgesehen sei. Die Majolika, die ihre Produktions- und Verkaufsflächen deutlich reduzierte und das Personal drastisch auf zehn Festangestellte herunterfuhr, hat zuletzt etliche wichtige Aufträge für Kunst am Bau umsetzen können, wie Lindemann berichtet. Erste Erfolge des neuen Kurses seien sichtbar. Der Schwerpunkt werde künftig „gewiss nicht auf Espressotassen“ liegen, sondern eben auf Kunst am Bau, bei Pflege einiger Sortiment-Klassiker. Darüber hinaus mangelt es an Ideen weitaus weniger als am Geld. Lindemann spricht da von der „Erweiterung des Majolika-Gedankens“, etwa durch internationale Keramikkurse, eine Ausweitung der Workshops für Schulklassen, Kunden und Firmen oder auch Neunutzungen mit attraktiven Partnern. „Die Revitalisierungsarbeiten haben sich gelohnt“, betont der Stiftungsvorstand. Beschwörend fügt er hinzu: „Die Majolika in Karlsruhe ist ja die einzige Kunstkeramik-Werkstatt, die wir in Deutschland noch haben.“ Und verweist auf einen unlängst erschienenen großen Beitrag, mit dem die „Neue Zürcher Zeitung“ die 1901 von Hans Thoma in großherzoglichem Auftrag gegründete Manufaktur ebenso würdigte wie die Bemühungen um ihre Rettung. Daran allerdings wird der Gemeinderat die Erörterungen um Sanierung und Fortführungskonzept kaum ausrichten. Die Sorge, der Daumen könnte endgültig gesenkt werden, ist nicht zu überhören. Kommentar

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