Karlsruhe Karlsruher fächer:

Neujahrsempfänge kommen oft sehr gewichtig daher. Da wird verdienten Bürgern für ihren Einsatz gedankt, werden staatsmännische Reden geschwungen und es wird mit Optimismus wird nach vorne geblickt. Optimistisch gab sich zwar auch Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup beim Bürgerempfang in dieser Woche, der zwar nicht den Namen Neujahrsempfang trug, aber ein bisschen wie ein solcher wirkte. Doch diesmal war durchaus ein anderer Wind zu spüren. Die Stadt hatte sich erstmals das Tollhaus als Veranstaltungsort ausgesucht und rund 1000 Bürger zum „Dialog mit Gemeinderäten, Kulturschaffenden und Verwaltungsmenschen geladen. Solche Dialoge können sich bekanntlich gerne in Richtung „sehr bemüht“ entwickeln, doch so etwas scheint im Tollhaus gar nicht möglich. In zwei Sälen gab es Kultur satt, durchs Foyer zog Zauberer Mika und lockerte mit Zaubertricks die Gespräche auf. Vor allem aber wurde viel gelacht. Auch über Stadtgründer Carl Wilhelm, dem Hauptverantwortlichen für den 300. Stadtgeburtstag in diesem Jahr. Dem Ur-Karlsruher wurden neben drei ehelichen auch noch 32 uneheliche Kinder zugesprochen, womit er gegen den August dem Starken aus Sachsen ziemlich abstinken kann. Die eigentliche Überraschung des Abends war Manar, ein 14-jähriger Flüchtling aus Syrien, der seit drei Wochen in einer Flüchtlingsunterkunft in Karlsruhe lebt. Den Jungen hatte Mentrup beim Hallen Meeting der Leichtathleten kennengelernt, wo dieser auf Einladung der Organisatoren gemeinsam mit anderen Flüchtlingskindern den Wettkämpfen zuschauen durfte. Im Laufe des Gesprächs hat Manar dann Mentrup ein Filmchen gezeigt, auf dem er als Rapper Mc Manar zu sehen ist. Spontan, wie sich das Stadtoberhaupt gerne gibt, hatte die Veranstaltung im Tollhaus plötzlich einen Künstler mehr auf dem Programm. Manchmal ist Mentrup seinen Stadträten zu spontan. So wie beim Beschluss, dass auf den oberirdischen Südabzweig am Marktplatz, der ohnehin nur zwei Jahre Bestand gehabt hätte, verzichtet werden soll. Nüchtern betrachtet war dieser Entschluss überfällig, denn hier kann tatsächlich Geld gespart und die Bautätigkeit um einen unnötigen Rattenschwanz gekürzt werden. Nur hätte der Gemeinderat an der Entscheidungsfindung gerne mitgewirkt, hieß es. Andererseits ist es höchst verwunderlich, dass keiner der 48 Räte nicht schon längst selbst auf diese völlig offensichtliche Idee gekommen ist. Weshalb es manchmal mühsam ist, den Karlsruher Gemeinderat in die Entscheidungsfindung mit einzubinden, zeigte sich in dieser Woche. Da will das Landes beim Behördenzentrum in der Moltkestraße ein neues, auf einen Standort konzentriertes Finanzamt bauen. Eine Lappalie, denkt sich der Beobachter und reibt sich schon bald verwundert die Augen. Dass die Liebe der Räte zu „ihren“ Finanzämtern so groß ist, überrascht dann doch. Dass das Finanzamt in Durlach geschlossen und nach Karlsruhe konzentriert werden könnte - undenkbar. Dass die 1A-Lage am Schloss für andere Nutzungen frei würde und in die 1,5 Kilometer entfernte Moltkestraße umgezogen wird - für den Steuerzahler scheinbar unzumutbar. Für den Zuhörer, der mit seinem Finanzamt in der Regel nur noch elektronischen Kontakt pflegt, ist die ganze Diskussion dagegen völlig unerklärbar. Mit 24 zu 23 Stimmen wurde das Begehr des Landes knapp, aber brüsk abgelehnt, obwohl es in der Moltkestraße bereits einen absolut geeigneten Bauplatz besitzt. Narhalla marsch!

x