Karlsruhe Ein Stück vom Weltmeisterkuchen

„Ein absoluter Wahnsinn“ – das waren die ersten Worte von Fußball-Nationalspieler André Schürrle im Austausch mit seiner Familie nach dem Titelgewinn am Sonntag in Rio, wie sein Vater Joachim Schürrle im RHEINPFALZ-Gespräch berichtet. Der 57-Jährige ist aus Brasilien zurückgekehrt – von Rio über Berlin und Frankfurt nach Ludwigshafen. Hier würdigt eine Bäckerei den berühmten Sohn der Stadt mit Törtchen.

Ludwigshafen

. Rührteig mit Kirschkompott und Tiramisu-Sahne: Es ist nicht unbedingt die Nahrung für einen Profisportler mit weltmeisterlichem Kalorienbewusstsein, die seit dem Achtelfinale der Fußball-WM in der Bäckerei Seibold in der Niederfeldsiedlung in Form von „André-Schürrle-Törtchen“ verkauft wird. Bisher hatte der erste Fußball-Weltmeister, in dessen Pass unter der Überschrift „Geburtsort“ Ludwigshafen verzeichnet und der in einer Seitenstraße ganz in der Nähe aufgewachsen ist, auch noch keine Gelegenheit dazu, sie zu kosten. Und auch nicht dazu, die Glückwünsche von Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU) zum – dank seiner Flanke auf Mario Götze und dessen Tor in der 113. Minute – gewonnenen Titel entgegenzunehmen. Ihren berühmten Sohn möchte die Stadt so bald wie möglich mit einem Empfang in der Heimat ehren – und nicht mit Sportplakette, Sportehrennadel, Sportehrenplakette oder Wappenteller, sondern mit einem Silbernen Löwen, der höchsten Auszeichnung des Ludwigshafener Sports. Deren Bekanntheitsgrad sich wohl vor allem deswegen in Grenzen halten dürfte, weil sie Weltmeistern und Olympiasiegern vorbehalten ist. Die letzten, die den Löwen bekamen, waren der Ruderer Michael Sauer aus Mundenheim, der mit dem Behinderten-Vierer WM-Gold geholt hatte, und Fußball-Nationaltorhüterin Silke Rottenberg aus Oggersheim. Ingrid Seibold, der Bäckerin, und ihrem Sohn Andreas schien der Rummel fast schon ein wenig unheimlich. „Aber wir wissen“, sagte Andreas Seibold, „dass er sich über unsere Aktion sehr freut.“ Auch ein Foto, auf dem er den WM-Pokal küsst, habe er dafür freigegeben. Schon als Kindergartenkind, erinnerte sich Ingrid Seibold, 57, sei der kleine André mit seiner Mama zum Einkaufen gekommen. Damals, als er selbst fußballerisch noch ganz kleine Brötchen gebacken hat. „Jetzt braucht André erst mal seine Ruhe und drei Wochen Urlaub. Am 14. August beginnt ja schon wieder die Premiere League“, sagt Schürrle senior, der bereits vorm Viertelfinale nach Südamerika aufgebrochen ist. Seine Ruhe fand der 23-Jährige vom FC Chelsea, der beim Ludwigshafener SC ausgebildet wurde und das goldene Tor gegen Argentinien vorbereitete, noch nicht. Auf der Fanmeile in Berlin jubelten ihm und dem Team Hunderttausende zu. Schürrle ist nach Expertenmeinung der beste deutsche „Joker“ seit Jürgen Grabowski bei der WM 1970 in Mexiko. Unweit des Brandenburger Tors präsentierte sich der gebürtige Ludwigshafener stolz mit einem Imitat des Weltpokals, gab sich aber gewohnt bescheiden. „Es ist egal, wer das Tor vorbereitet oder schießt, Hauptsache wir sind Weltmeister. Wir alle sind Weltmeister.“ (ier/zkk/hess)

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