Kaiserslautern Werbung für moderne Kirchenmusik

Das Benefizkonzert am Freitag in der protestantischen Christuskirche Otterbach für das „Halleluja-Children-Home“ in Madurai (Indien) war neben dem lobenswerten sozialen Engagement zugleich auch klingende Werbung für die stilistische Vielfalt und Qualität heutiger vokalistischer Kirchenmusik. Sechs Chöre stellten in der dicht besetzten Kirche allein oder in einer Chorgemeinschaft ihr Können in den Dienst der sozialen Leitidee. Sie repräsentierten unterschiedliche Musikstile, Gattungen und Traditionslinien.

Bei der ersten Chorgemeinschaft dieser Art aus protestantischem Kirchenchor Otterbach und Nordwestpfälzischer Kantorei schwang unter der umsichtigen Gesamtleitung von Siegward Pfalzgraf Emphase, schwärmerischer Enthusiasmus und spürbarer Idealismus mit. Pfalzgraf führte den Chorsatz aus der Kirchenkantate von Johann Sebastian Bach zu klanglicher Homogenität und Expressivität, traf den hymnischen Charakter am melodischen Nerv in klangschönen Kantilenen. Auch der zweite Vortragsblock mit der ökumenischen Kantorei Otterbach profitierte erheblich von der wieder spieltechnischen Solidität und Souveränität des Organisten und Bezirkskantors Markus Henz. Über dem tragenden Fundament guter chorischer Aufbauarbeit erhoben sich die wohlklingenden Stimmen im frohlockenden Chorjubel bei Kompositionen von Josef Haydn und wiederum Johann Sebastian Bach. Dieser kam hier mit der fünfstimmige Motette „Jesu meine Freude“ zu Ehren. Die kunstvoll den Chorpart umspielende Orgelbegleitung von Henz und die choralartige melodische chorische Ausgestaltung führte Pfalzgraf harmonisch zusammen. Dagegen fiel ein Chorsatz von Josef Michel im klassischen, unbegleiteten A-cappella-Stil intonatorisch und in der Tonhöhe etwas ab. Mit dem Vokalensemble „Himmel und Erde“ betrat ein alternativer Chor den Altarraum, der mit neuen geistlichen Liedern in pulsierenden zeitgenössischen Rhythmen wie Blues oder Reggae andere Akzente setzte. Neun Vokalisten – darunter auch Instrumentalisten aus den eigenen Reihen – werden von Dekan Matthias Schwarz am Keyboard zu lebhaft pulsierendem Elan inspiriert. Das galt besonders für den sehr wirkungsvollen Vortrag des schwungvoll mitreißenden Chorsatz es „Du bist heilig“ mit den gelungenen Dialogen zwischen Frauen- und Männerstimmen in exakter stimmlicher Koordination. Zuvor hatte eine Klarinettistin in kunstvollen Umspielungen in einem weiteren Programmpunkt dieser Art den Chorgesang sehr ansprechend koloriert. Auch Chorleiterin Christine Traxel setzte bei dem mitwirkenden Projektchor auf diese alternative, zeitgenössische Kirchenchorliteratur im Stile heutiger Liedermacher, mit eingängiger Melodik und elektrisierender Rhythmik. Der Chor begeisterte mit beschwingter Vortragsweise und stimmlicher Reinkultur in drei Vorträgen. Vor allem die ansteckende Musizierfreude ließ hier einmal mehr den Funken der sängerischen Begeisterung auf Anhieb überspringen. Dennoch blieb es dem neuen Bezirkskantor des Dekanats Otterbach, Markus Henz, vorbehalten nach seinen beeindruckenden Kostproben an der Orgel nun auch als Chorleiter den künstlerischen Ertrag zum Ausklang nochmals nachdrücklich zu steigern: Die von ihm seit Jahren erfolgreich aufgebaute Nordwestpfälzische Kantorei – verstärkt von weiteren Vokalisten seines Chors „Con Brio“ – bestätigte, dass inspirierende und zeitgenössische Chormusik auch zugleich einen hohen künstlerischen Anspruch haben kann: Kompositionen des 1945 geborenen englischen Chorleiters und Komponisten John Rutter bringen nicht nur eingängige und sich wiederholende harmonische und melodische Schemata. Der der Postmoderne zugeordnete Komponist verwendet zwar die übliche, klassisch-romantische Kadenzharmonik in akkordischen Funktionen und Beziehungen, erweitert diesen tonalen Rahmen aber, wie er auch Stilelemente des Jazz aufnimmt. Die Platzierung des Chors im hinteren Teil der Hallenkirche war nicht ideal, auch können nur wenige Chorleiter gleichzeitig am Klavier so begleiten und entsprechend dirigieren sowie inspirieren. Henz brachte dies alles „unter einen Hut“, souverän, abgeklärt und routiniert, dabei alle Finessen dieser anspruchsvollen Chormusik ausreizend und vermittelnd.

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