Kaiserslautern Wenn Ray Charles im Rathaus zu singen beginnt

Von Louis Armstrong bis Miles Davis, von Klaus Doldinger über Michel Petrucchiani bis Luther Allison: Im Rathaus sind sie seit Montag alle zu bewundern. Nicht aber wie üblich als Foto, sondern in der seltenen Kunst des Scherenschnitts. Der in Trier gebürtige und in Matzenbach, Kreis Kusel, lebende Künstler Rainer Molz zeigt hier zur Zeit seine sehenswerte Ausstellung „Jazz und Blues in Art“ mit 60 Exponaten.

„Ohne ihn gäbe es nichts, was man als amerikanische Musik ansprechen könnte“, sagte ein Musikerkollege über ihn: Louis Armstrong, der „King of Jazz“. Hinten rechts in der Ecke hat ihn Rainer Molz postiert. Ganz die große Persönlichkeit mit seinem Gespür für Gleichgewicht, Dynamik und Sonorität, so hat er ihn in der schwarz-weißen Kunst abgebildet. Gerade so, als wolle er gerade zu seinem Welthit „It’s a Wonderful World“ ansetzen. „Satchmo ist der einzige Künstler, den ich nicht erlebt habe“, sagt Molz. Etliche Jazzer und Blueser hat er sogar persönlich kennengelernt. So wie den mittlerweile weltberühmten Trompeter Till Brönner 1995 beim ersten Palatia Jazzfestival in Deidesheim. Auch Barbara Dennerlein, die in den 80ern einen einzigartigen Orgelsound entwickelt hat. Und alle zeigt Molz voll in Aktion, dass sich der Betrachter gefesselt fühlt von ihrer Intensität. Die filigran gearbeiteten Gesichtszüge von Miles Davis etwa zeigen Trauer und Resignation – gepaart mit einem unbedingten Protestwillen. Dabei in dem illustren Kreis ist Ray Charles, der „Hohepriester des Soul“. Und wenn man ganz genau hinsieht, vermeint man seine übersteigerte Kopfstimme zu hören. Bobby McFerrin darf da nicht fehlen, der Kehlkopfakrobat, der es wie kein Zweiter versteht, die unterschiedlichsten Instrumente zu imitieren. Unvergesslich sind die Kammgarn-Konzerte mit Luther Allison, der bis nachts um zwei Uhr mit seiner Gitarre durch die Reihen der 1200 Zuhörer marschierte. Die „Nahaufnahme“ zeigt sein zerfurchtes Gesicht – die geschlossenen Augen, das verschwitzte Stoppelhaar drücken Leidenschaft pur aus. Ganz dicht am Mikrofon ist der Blueser Willie Big Eye Smith abgebildet, als wolle er in das Metall hineinbeißen. Geballte Intensität drückt auch die große Dame des Chanson, Juliette Greco, aus. Lediglich ihr kleines, weißes Gesicht leuchtet aus dem Schwarz hervor, so als wolle sie in das Chanson hineinschlüpfen. Ganz verschmilzt sie mit ihrem Vortrag. Die Lippen zugepresst hat Saxophonstar Benny Golson über dem Mundstück des Tenors, so dass man seinen warmen, zarten Ton und seine melodischen Linien ahnen kann. Beeindruckend ist auch die mächtige Gestalt von Sonny Rollins. Auf dem gewaltigen Saxofon scheint er gerade die Melodien in Fragmente zu zerlegen. Völlig angespannt hingegen sitzt der früh verstorbene, zwergwüchsige Michel Petrucchiani vor dem Flügel, der kurz vor seinem Tod noch in der Kammgarn auftrat. Mit dem filigranst ausgeschnittenen eiförmigen Kahlkopf und der kleinen Drahtbrille konzentriert er sich ganz auf die Tasten, aus denen er so wahnwitzig rasante Glissandi hervorzauberte. Frisur, Mimik, Körperspannung prägen Klaus Doldinger in Großaufnahme mit seinem Saxophon. Dave Brubecks Charakterkopf mit dem weißen Haar, der Hakennase und Sonnenbrille zeigt ebenso viel Expressivität und Intensität wie die Haltung von Joe Zawinul, dem Österreicher, der es in New York zu Weltruhm brachte. Zu sehen sind weiter Manu Katche am Schlagzeug, Bluesgitarrist Robben Ford mit seiner schulterlangen Mähne, die Blueser John Lee Hooker und Louisiana Red sowie Chris Farlow, eine der besten Rhythm’n’Bluesstimmen – und, und, und. Rainer Molz betreibt die Kunst des Scherenschnitts seit 15 Jahren. Sein Interesse für Jazz und Blues kristallisierte sich schon in frühester Jugend heraus, das Experiment, Künstler dieses Genres darzustellen, entwickelte sich aber erst seit 2006. Ausgestellt hat er bereits bei so renommierten Festivals wie dem Down Home Bluesfestival in Trier, dem Jazzfestival Echternach, beim Jazz & Blues im Hinterhof Freiburg, bei Jazz Ahead Bremen oder in der Kammgarn.

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