Kaiserslautern Von Südkorea über England zum Zuckerhut

Seit einem Jahr ist der Rollstuhlbasketball-Nationalspieler Matthias „Matze“ Heimbach bei den Rolling Devils in Kaiserslautern. Neben dem Aufstieg in die Bundesliga mit den Lauterern hat der 31-Jährige noch viele andere Erfolge vorzuweisen.

An jenem 21. September 2001 stieg Matthias Heimbach auf sein Motorrad, um wie jeden Morgen zum Bahnhof zu fahren. Dort nahm der junge Auszubildende, der mit seiner Familie in der Nähe von Augsburg lebte, täglich den Pendlerzug nach München, wo er den Beruf des Orthopädiemechanikers lernte. Keiner konnte ahnen, dass dies das letzte Mal sein würde – Heimbach passierte an jenem schlimmen Morgen unverschuldet ein Motorradunfall, der sein Leben für immer verändern sollte. Als der damals 18-Jährige aus dem Koma erwachte, atmete seine Familie auf, denn die Ärzte hatten Heimbachs Überlebenschancen als niedrig eingestuft. Aber so bewegen wie früher, das war vorbei. Er wurde in die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau verlegt. „Dort bin ich das erste Mal mit Rollstuhlbasketball in Kontakt gekommen“, sagt Heimbach. Heute bestimmt der Rollstuhlbasketball sein Leben. „Seit einem Jahr spiele ich bei den Rolling Devils in Kaiserslautern. Wir haben den Aufstieg in die Bundesliga geschafft. Hier wollen wir in der nächsten Saison mindestens im Mittelfeld landen“, erzählt der ehrgeizige Sportler. Rollstuhlbasketball sei immer mehr im Kommen. „Es sind immer 1000 bis 2000 Zuschauer da. Bei den Paralympischen Spielen in London waren es sogar 30.000 bis 40.000“, sagte Heimbach. Dort ereignete sich auch das für ihn bisher prägendste Erlebnis seiner Karriere. „Bis zum zweiten Viertel lagen wir mit dem Nationalteam zweistellig vorne, doch am Ende verloren wir im Viertelfinale doch gegen die USA. Das war ein harter Rückschlag.“ Entmutigen lässt sich der Rollstuhlbasketballer, der der deutschen Nationalmannschaft seit 2009 angehört, davon nicht. Vergangenen Monat nahm Heimbach an der Weltmeisterschaft in Südkorea teil, wo er mit der deutschen Nationalmannschaft Elfter wurde. Neue Herausforderungen sind auch schon in Aussicht: Die in England stattfindende EM 2015, bei der sich die ersten fünf Teams ein Ticket nach Rio zu den Paralympischen Spielen 2016 sichern. „Natürlich kommt es auf unsere Tagesform an, aber ich bin guter Dinge, dass wir solch eine Platzierung erreichen. Schließlich reisen wir zur EM mit der Motivation, Europameister zu werden und das Beste herauszuholen“, betont Heimbach zielstrebig. Der Profisportler trainiert in Kaiserslautern mit seinem Team fünf bis sechs Mal pro Woche. Von zehn bis 16 Uhr ist die Halle zudem immer geöffnet, damit sich die Spieler auspowern oder bestimmte Würfe üben können. Dazu kommt zwei- bis dreimal ein Training im Fitnessstudio sowie Physiotherapie mit kleinen Übungen oder regenerationsfördernden Massagen. „Natürlich macht mir Rollstuhlbasketball riesigen Spaß. Es hält mich fit und ist eine Teamsportart, was mir besonders gefällt. Allerdings muss man es manchmal auch als Job ansehen“, sagte der Athlet. Nach seinem Unfall wechselte Heimbach zu einer Lehre als Bürokaufmann. Nach dem erfolgreichen Abschluss entschloss er sich dann aber, seine Konzentration voll auf den Sport zu richten. „Reich wird man damit nicht. Wir bekommen eine Aufwandsentschädigung, also zum Beispiel die Fahrtkosten ersetzt“, verrät Heimbach. In der Saison, die am 4. Oktober beginnt und bis März geht, stehen beinahe jedes Wochenende Spiele an. Hinzu kommt noch der deutsche Rollstuhlbasketball-Pokal, dessen Play-offs Anfang April beginnen. Die im Vorjahr erst- und zweitplatzierten Bundesliga-Mannschaften nehmen zudem noch am Fiba-Basketball-World-Cup teil. Für Heimbach, der seine Hauptaufgaben auf dem Spielfeld in der Verteidigung hat, zum Beispiel bei den Paralympics aber auch den ein oder anderen Korb erzielen konnte, steht neben der Vorbereitung auf die Bundesligasaison auch schon die EM-Vorbereitung an. „Wir haben öfters Trainingslager mit der Nationalmannschaft in Wetzlar. Hinzu kommen verschiedene Vorbereitungsturniere im europäischen Ausland“, erzählt der Sportler. Trotzdem sei sein Fokus aber auch jetzt schon auf Rio 2016 gerichtet, die nächsten Paralympischen Spiele. Heimbach schwärmt: „Das ist immer ein besonderer Höhepunkt.“

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