Vor der Wahl Teils überraschende Standpunkte der OB-Kandidaten zum Radverkehr

Der Radweg in der Friedensstraße ist zumindest an den Kreuzungen ganz deutlich sichtbar.
Der Radweg in der Friedensstraße ist zumindest an den Kreuzungen ganz deutlich sichtbar.

Inwieweit der Radverkehr in Kaiserslautern gestärkt werden soll, scheint generell die Menschen in zwei Lager zu spalten. Auf die Frage der RHEINPFALZ zu diesem Thema kamen von den OB-Kandidaten jedoch teils unerwartete Antworten.

Dass die Begründung viel wichtiger als ein Ja oder Nein sein kann, zeigt sich besondern bei der These „Der Radverkehr soll in der Innenstadt auf Kosten des Autoverkehrs ausgebaut werden“. Von den dazu um Stellungnahme gebetenen sieben Kandidierenden stimmte niemand der Aussage zu, drei lehnten sie ab.

„Gleichberechtigte Partizipation ermöglichen“

Dass der autolose und fast alle Stecken mit dem Rad zurücklegende Tobias Wiesemann (Grüne) sich dagegen ausspricht, mag auf den ersten Blick überraschen. Doch er wägt genau ab: „Es geht darum, die einzelnen Ansprüche zu moderieren und zu lösen, nicht darum, sie gegeneinander auszuspielen“, begründet er seine Entscheidung und fügt an: „Autos sind eine wunderbare Erfindung, die ihren Raum in der Stadt behalten sollen.“ Vielmehr gehe es darum, den anderen Verkehrsträgern eine „gleichberechtigte Partizipation“ zu ermöglichen. „Teils wird der Autoverkehr dann mehr Freiheiten haben, teils auch nicht.“ Er will in Bürgerworkshops, mit Fachleuten und den politisch Verantwortlichen gemeinsam nach Lösungen für die einzelnen Quartiere suchen.

Auch SPD-Kandidatin Beate Kimmel lehnt die These ab. Der motorisierte Individualverkehr könne „in der Innenstadt ohne Qualitätsverluste reduziert werden“, und zwar „mit einer Kombination aus guten Radwegen und beispielsweise einer Trasse mit autonomen Fahren“.

Ganz anders hingegen begründet der parteilose Evangelos Karanikas seine Ablehnung: „Dies würde den motorisierten Straßenverkehr und dessen Parkmöglichkeiten nur noch weiter beeinträchtigen. Unsere Straßen sind nicht nur für radfahrende Anwohner, sondern auch für Touristen und geschäftliche Besucher wichtig.“

„Radverkehr ist wichtiger Baustein für die Verkehrswende“

Anja Pfeiffer (CDU) zeigt sich – wie der Rest – neutral, auch wenn sich sogar eines ihrer Argumente mit Wiesemanns deckt: Sie lehnt es ab, „unterschiedliche Verkehrsmittel gegeneinander auszuspielen“ und bekennt sich dazu dass „der Radverkehr in der Innenstadt weiter ausgebaut werden muss“. Denn Radfahren sei „ein wichtiger Baustein zur Umsetzung der Verkehrswende und Ergänzung des ÖPNV“. Eine zukunftsfähige Mobilitätskonzeption sieht sie im Ausbau von Radwegen, Car-Sharing, Bürgerbusangeboten, gut-getakteten ÖPNV-Angeboten und Leihfahrrädern/E-Scootern.

Rainer Rocholl (Die Basis) sieht die Stadt „geprägt vom Trend der autogerechten Stadt der 60 und 70er Jahre“. Er will den Bedarf an Radrouten durch repräsentative Umfragen ermitteln. „Sofern sich ein deutlicher Bedarf herausstellt, wird zwangsläufig an vielen Stellen die Anlage von Radverkehrsinfrastruktur zur Zurückdrängung des Autoverkehrs erfolgen müssen, da der Platz insbesondere in der Innenstadt begrenzt ist.“ Daher sei es essenziell, vor solchen Entscheidungen „tatsächliche Bedarfe auch mit Zukunftsprognosen in Erfahrung zu bringen“. Die empirische Sozialforschung an der TU könne hier sinnvoll unterstützen. Insgesamt sollten mehr Kooperationen zwischen Verwaltung und TU erfolgen.

Wegen CO2-Belastung „auch Ampelschaltungen in den Blick nehmen“

Der ebenfalls neutral zur These stehende Thomas Kürwitz (parteilos) hält „einen gezielten Ausbau von Radrouten, möglicherweise auch gemeinsam mit anderen Verkehrsteilnehmern“ für „sinnvoller“. Die Stadt verfüge im Vergleich zu anderen Städten über geringe Straßenbreiten, sodass „eine großflächige Freihaltung für den Radverkehr zurzeit nicht möglich ist, ohne Handel, Kultur, Gastronomie und die dort wohnenden und arbeitenden Menschen zu beeinträchtigen“. Er plädiert für ein Einbahnstraßenverkehrskonzept, „dann kann man auch strategisch wichtige Fahrradrouten besser ausbauen“. Dafür sollten auch die Ampelschaltungen und Verkehrsbeeinträchtigungen in den Blick genommen werden, denn „dort können für Radfahrerinnen und Radfahrer hohe Kohlendioxidbelastungen entstehen“. Intelligente und digitale Verkehrsleitsysteme seien wichtig.

Katharina Welsh-Schied (parteilos) plädiert grundsätzlich für den Ausbau des ÖPNV, der pünktlich und günstig ist. „Dann kann man durch eine bessere Infrastruktur Radwege ausbauen und Parkmöglichkeiten für Fahrräder fördern und fordern.“

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