Kaiserslautern STADTGESPRÄCH

Ohne braun wäre Kaiserslautern am Maifeiertag genauso bunt gewesen. Aber das konnten sich die Bürger der Stadt nicht aussuchen. Die Neonazis hatten einen Aufmarsch angemeldet, der auch zustande kam, allerdings nicht im Asternweg vor dem Asylbewerberhaus endete, wie es sich die braunen Gesellen ausgemalt hatten. Bürgermeisterin Susanne Wimmer-Leonhardt zeigte Flagge, indem sie den Asternweg zum Sperrgebiet erklärte, und das Verwaltungsgericht unterstützte sie. Und die antifaschistischen Bürger liefen in 2000er Stärke durch die Stadt und demonstrierten ihren Widerwillen gegen die neonazistische Mischpoke. Die wiederum am Messeplatz auflief, scheinheilig ihre Version des Deutschtums verkündete und hinterhältig-verlogen auf demokratisch machte. Ihre Kundgebung auf der Kreuzung Friedenstraße/Mennonitenstraße hörte sich, so weit man das Megafon-Geplärre unter anderem von einer blond-bezopften Germania überhaupt verstand, recht unterirdisch an. Die Volksverdummungsreden gingen in großen Teilen im Pfeifkonzert und in Schmährufen der Gegendemonstranten unter. Doch das, was man inhaltlich verstand, war einfach nur brauner Schrott. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun, musste aufpassen wie ein Luchs, um die beiden, sich gegenseitig nicht gewogenen Seiten am 1. Mai auseinander zu halten. 80 bis 100 Neonazis hier, 300 bis 400 Gegendemonstranten dort. Nach dem Gesetz gilt in solchen Fällen der Rede- und Versammlungsfreiheit: Gleiches Recht für alle. Dieses Recht mussten die mehreren hundert Polizisten gewährleisten, indem sie sich zwischen die beiden Gegenpole postierten und vorausahnten, was als nächstes kommt. Geschrei, Häme, Rempeleien, Beleidigungen nicht nur von den Demonstranten untereinander, sondern auch gegen sich selbst mussten sie stoisch aushalten. Das gelang ohne große Entgleisungen. Hut ab! Allerdings mit hohen Einsatzkosten für den Staat und seine Bürger. Ein bisschen früher in dieser Woche hatten sich die Europan-Initiatoren zu Wort gemeldet. Der europäische Ideen-Wettbewerb für das alte Pfaff-Gelände ging auf das Engagement von Peter Spitzley und Michael Burghaus zurück, die der Stadt auch unter die Arme griffen, um die Finanzierung für den Wettbewerb zu sichern. Die jungen europäischen Planer wiederum gaben mit ihren Wettbewerbsarbeiten Impulse für das Areal, lieferten Ideen und etwas andere Sicht- und Denkweisen. Die Preise wurden vergeben. Und das war’s. Außer Spesen nichts gewesen. Erst der Landesrechnungshof brachte wieder Fahrt in die Sache, als er forderte, dass die Stadt selbst die Entwicklung des Geländes in die Hand nimmt und nicht einfach einer Privatgesellschaft überlässt, die sich damit am Ende noch ein goldenes Näschen verdienen dürfte, weil sie sich die besten Stücke aussucht. Zugegeben, das ist eine Unterstellung, aber wenn es etwas zu verdienen gibt, ist diese Vermutung nicht so weit hergeholt. Die Stadt soll jetzt bis Herbst ein neues Konzept vorlegen. Die Planer im Rathaus wären gut beraten, wenn sie die Europan-Leute mit ins Boot nähmen und die Revitalisierung des Pfaff-Geländes so transparent wie möglich machen würden. Auch die Science Alliance sieht sich bisher übergangen. Der Zusammenschluss renommierter Lauterer Forschungs- und Studieneinrichtungen, an deren Spitze TU-Präsident Helmut Schmidt steht, hat den Europan-Wettbewerb ebenfalls mitfinanziert. Die Devise der Stadt muss lauten: Wir machen das, so gut wir nur können! Immer wieder heißt es, Kaiserslautern würde schlecht geredet, die guten Seiten würden vernachlässigt. Also, fassen wir doch mal zusammen: Der Widerstand gegen die Nazis, besonders was den Aufmarsch im Asternweg angeht, war super. Das Pfaff-Gelände hat alle Chancen zu einem Vorzeige-Projekt zu werden und außerdem hat das Magazin „Euro“ deutschlandweit die Immobilien gecheckt und Kaiserslautern ob seiner Baupreise als „kleine Perle“ in der Provinz ausgemacht und auf Platz 1 gesetzt. Alle Unken verstummen und sehen: Es geht doch!

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