Kaiserslautern Spannender geht’s nicht

„Alle Jahre wieder...“ kommt nicht nur das Christkind, sondern bringt auch das Pfalztheater in der Adventszeit ein Kindertheaterstück auf die Bühne. Und wie es mit Weihnachtsgeschenken eben so ist: Den einen gefallen sie, den anderen nicht. Die diesjährige Produktion einer Zauberposse von Michael Ende jedoch befriedigte sicherlich die Erwartungshaltung nach einem kurzweiligen, modernen und sehr einfallsreichen Regietheater mit zündenden Gags. Im wahrsten Wortsinne.

Bereits der Titel der Zauberposse „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ deutet das Höllenspektakel an, in das der Autor Michael Ende und die ideenreiche Inszenierung von Yvonne Kespohl die Vor- und Grundschulkinder entführt. Wie in den Vorjahren, herrschten drangvolle Enge und tosende Unruhe sowie auf der Bühne Lampenfieber. Alles legte sich schlagartig, als der Vorhang das gehütete Geheimnis um den Zauberer Beelzebub Irrwitzer (gespielt von Stefan Kiefer) lüftete. Dieser befindet sich in der skurrilen Fantasywelt in misslicher Lage und unter Zeitdruck: Wenige Stunden vor Ablauf eines Ultimatums durch den Staatsbeamten Maledictus (Thomas Kohlhoff), versucht er zusammen mit seiner Tante Tyrannja (Hannelore Bähr) seine Mission zu erfüllen. Und die besteht in dieser Groteske nicht in Glanz-, sondern in Missetaten oder Gräueltaten. Ein Schelm, wer hier nach gesellschaftspolitischen Analogien oder Parodien sucht. Das Handlungsgrundprinzip des klassischen Dramas mit Spieler und Gegenspieler prägt auch diese surrealistische Welt: Während der Zauberer und seine Tante an der Mixtur eines Punschs unter Zeitdruck wie besessen arbeiten, um mit diesem Unheil über die Welt zu bringen, werden sie vom Kater Maurizio (Oliver Burkia) und dem Raben Jakob Krakel (Rainer Furch) ausspioniert: Sie wollen das drohende Unheil mit List und Tücke verhindern. Bei der Inszenierung klassischer Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm wie „Der gestiefelte Kater“ oder „Bremer Stadtmusikanten“ in den vergangenen Jahren lag der Akzent weniger auf dem romantischen und authentischen Aspekt. Es schimmerte bereits ein phantastischer und surrealistischer Ansatz durch. Da lag es nahe, diesen auch konsequent in einem eigens dafür gedachten Stoff zu erproben. Und: Die Rechnung ging auf. Die gut verständliche Handlung bietet keinen Nährboden für tiefenpsychologische (Um-)deutungen mit pädagogischem Tiefgang. Die Inszenierung von Yvonne Kespohl zog vielmehr alle Register modernen Regie- und Ausstattungstheaters, rollte wie im Lehrbuch alle erdenklichen Möglichkeiten an technischen Effekten, an szenischen Gags, an Clownerie, Pantomime, Slapstick und an Ausstattungstricks situationsbezogen ab. Spannender, abwechslungsreicher und szenisch durchdachter kann ein Theaterstoff kaum auf der Bühne realisiert werden. Das variable Bühnenbild von Heike Meixner verband in idealer Weise die Funktionalität eines beweglichen Handlungsrahmens mit der künstlerischen Ästhetik, die Kinder inspiriert und fasziniert. Für die in der künstlich geschaffenen Welt agierenden Handlungsträger waren die genannten Schauspieler Idealbesetzungen. Stefan Kiefer ließ den klassischen Bösewicht zwischen Arglist, Unbeholfenheit und infantilen Zügen schwanken. Hannelore Bähr plusterte ihre Paraderolle in überdeutlicher Skurrilität geckenhaft auf. Und Rainer Furch gab dem Raben koboldhafte Züge mit auf seinen Weg und bestätigte damit einmal mehr seine enorme Vielseitigkeit. Oliver Burkia brachte für den Kater einen possenhaft sächsischen Tonfall ein, und Thomas Kohlhoff fand für den Beamten den richtigen forschen und unerbittlichen Tonfall, der schon die preußische Posse um den „Hauptmann von Köpenick“ zum Brüller machte.

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