Kaiserslautern Spaß beim Weltuntergang

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Drei Artisten zelebrierten am Freitagabend in der ausverkauften Frankelbacher Holzwerkstatt den „Weltunnergangsblues“ mit Spaßfaktor: die Mannheimer Rocklegende Wolfgang Schuster an der Gitarre und der Lauterer Bluesharp-Künstler Albert Koch sowie der Satire-Poet Michael Bauer. Dass dabei selbst liebgewonnene Idyllen erbarmungslos eingedampft wurden, konnte das begeisterte Publikum nicht schocken.

„Kennst du den Weltunnergangs-blues? Dieser Blues dreht dir sämtliche Drüsen um. Gegen ihn ist die Höll’ das Elysium. Wer ihn spürt, für den hat jeder Turm was Schiefes. Wer ihn hat, find’t an Aids noch was Positives.“ Langweilige, altmodische Aussagegedichte liegen Michael Bauer – Jeanshemd über der Jeanshose, Franzosenkäppi auf dem Haupt – ganz und gar nicht. Eingängig sind diese griffigen, wohlklingenden Formulierungen durch den reizvollen Kontrast, den die Härte der Aussage und die Weichheit des Aussagens, die apodiktische Prosa des Inhalts und die parlandohafte Poesie der Form bilden. Eingängig wirkt auch die formelhafte, schwerelose Klarheit. Bauers Sprache ist nicht wie Musik, sie ist Musik. Jedes Wort ist eine musikalische Note. Noch deutlicher wird das in „Günnegüggel“. „De Iffbaba vom Günnegüggel is herkumme aus Günnegüggelonie“, beginnt der Poet. Der Mix aus Dialekt und neuen Worterfindungen wird bestimmt von musikalischen Assonanzen, Alliterationen. Jeder Satz ist im rhythmischen Auf- und Abstieg. Bemerkenswert ist vor allem, wie sehr der Autor in anschaulichen Metaphern redet, um den konkreten wie auch den spielerischen Charakter seiner Poesie zu verdeutlichen. Dem Hörer wird dabei eine aktive Rolle zugesprochen, denn die Bedeutung konstituiert sich erst richtig im Akt des Hörens. Bauer macht es sichtlich Vergnügen, mit der Sprache zu spielen. Er jongliert mit Wörtern und völlig neuen Wortbildungen, die teilweise an den Dadaismus erinnern. „De Günnegüggel war uff äämol e rischtisches Monschter-Muggi-Model. Räpperei-Rhapsod war er außerdem, un Matcho-Dänzer mit Versgeschrei un Reimgedunner un Hopse un allem.“ Anspielungen an die böse Vergangenheit der Deutschen klingen immer wieder durch, wenn er beispielsweise „es blond Heidi“ als „Laacher-Kommandante-Enkelsche“ bezeichnet. Voller drastischer, aber auch witziger Anspielungen sind seine Gedichte und Geschichten. Zur Meisterschaft bringt er es, auf die Füße zu treten, die Augen zu öffnen und vor den Kopf zu stoßen, ohne dass es wehtut. Denn letztendlich ist die Abrechnung des Satirikers mit dem bürgerlichen Kleingeist doch versöhnlich. Sein Blues ist – wie schon der Country-Blues von Bauers „echte farbische amerikanische Baumwollpflücker-Sound-Feelings-Kerle“ der Schrei der Unabhängigkeit, der Leidenschaft und der Lebensfreude. Genau wie der Blues der beiden Begleiter. Wolfgang Schuster und Albert Koch, die in der Musik einen persönlichen Weg finden, sich zu erklären. Nuanciert gehen die beiden auf den Vortrag von Michael Bauer ein und verstärken dadurch musikalisch die beabsichtigten Stimmungen des Poeten. Mit ausgesucht sozialkritischem Blues wie „Things Going On“ ergänzen sie sogar Bauers Gesellschaftskritik wie in „Seefahrde“. In selbst geschriebenen Songs wie dem „Sincerely Blue“ besticht „Blueswolf“ Schuster mit virtuosem Fingerpicking. Er bietet dabei wunderschöne Melodien, Harmonien, die zugleich sanft sind und doch reizvolle, unfassbare Klangfülle, perlende Läufe, satte Grooves und perfektes Timing bieten. Als reinster Akrobat auf der Mundharmonika erweist sich Albert Koch, besonders bei dem Blues von John Mayall. Da hechelt und rattert er über das kleine Instrument, dass dem Hörer vor Staunen der Mund offen bleibt. So sind die drei ständig auf der Suche nach Idyllen, die sie dann aber prompt killen. Sie haben ihr höchstes Vergnügen daran und klatschen drei Zugaben heraus. Für drei Stunden ist Frankelbach damit „der Bluesnabel der Welt“, wie der Kreisbeigeordnete Peter Schmidt in der Eröffnung der „Musik im Kreis“ bemerkt.

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