Kaiserslautern Popgeschichte(n) live erleben

„Eine Reise durchs Leben mit der Musik“ bot die neue „Hits- und Storys-Show“ des Musiksenders SWR1 mit Musikexperte Werner Köhler und der Band „Pop History“ am Sonntag im rappelvollen Ramsteiner Congress Center. Um zentrale Lebensfragen, auch um Liebe und den Tod, ging es in den Geschichten hinter berühmten Popsongs. 800 Besucher waren aus dem Häuschen.

Ein Song der Rolling Stones scheine das Dunkle in sich zu tragen, schilderte Köhler mit der „Financial Times“ in der Hand. Während die Stones im Jahr 1968 im Studio an ihrem Song „Sympathy for the Devil“ arbeiteten, wurde in den USA der Präsidentschaftskandidat Robert Kennedy ermordet; während der Aufnahmen brach im Studio ein Feuer aus, und die Musiker konnten sich gerade noch retten; und sechs Monate nach Erscheinen der Platte, im Jahr 1969, wurde Stones- Gitarrist Brian Jones tot in seinem Swimmingpool gefunden. Und im gleichen Jahr, so Köhler, sei es bei einem Rock-Festival während „Sympathy for the Devil“ zu heftigen Gewaltausbrüchen gekommen. Bei dem Konzert wurde direkt vor der Bühne ein Jugendlicher erstochen. Sogleich brachte die achtköpfige Formation „Pop History“ das typische Stones-Feeling ’rüber, ohne dass es jedoch zu einem Unglück kam. Zu den einfachen, durch Gitarrenornamente ausgezierten Riff-Figuren von Matthias Schärf steigerte sich Peter Kühns energiegeladener Gesang zu einem explosiven Spannungshöhepunkt. Warum verhalf eine Strafe der Eltern Amy Macdonald zu ihrem ersten Hit? Wieso versteckte sich Carlos Santana bei einem Eric-Clapton-Konzert unter der Bühne? Was bedeutet die Anfangszeile „Hello darkness, my old friend“ in dem Klassiker „The Sound of Silence“ von Simon & Garfunkel? Die Antworten auf diese Fragen lieferte Köhler und war dabei ein wunderbarer Erzähler. Der Musikexperte, der nach seinen Worten einmal Archäologe werden wollte, muss eine ganze Bibliothek an Anekdoten im Kopf haben. Die herrlichsten Geschichten aus seinem geistigen Rock-Lexikon, das einen Zeitraum von 50 Jahren umspannt, grub er dabei aus, von den Anfängen der Beatles bis zu den großen Hits von heute. Dass Paul Simon ein außergewöhnlich stilles Örtchen zum Komponieren bevorzugte oder die Beatles, die 1961/62 noch gänzlich unbekannt im Hamburger Starclub auftraten, bei „Gretel und Alfons“ deutsche Gemütlichkeit bei Kartoffelsalat und Bratwurst genossen, wer weiß das schon – außer Köhler. Die Band „Pop History“ mit ihrem Bandleader Peter Kühn riss die Zuhörer mit jedem Song fast von den Sitzen, und der Wechsel in den Stilrichtungen der Rock- und Popgeschichte ließ keinen Moment des Innehaltens aufkommen. Mit seiner unverwechselbaren Stimme, die zuweilen sogar nach Süd-London klang, verstand es Kühn, sich zu Tönen von ekstatischer Reinheit aufzuschwingen. Eindrucksvoll, ja, ergreifend seine Performance bei „Der Weg“ von Herbert Grönemeyer, der in diesem Song den Tod seiner Frau verarbeitet, elektrisierend sein Gesang in „Kayleigh“ von Marillion, zu dem die Band einen gläsernen Sound lieferte. Ein ums andere Mal begeisterte auch die aus Chicago stammende Sängerin Helen Forster, wie in Stings „Fields of Gold“ oder Amy Macdonalds „This is the life“, mit ihrer wunderbaren, klaren Stimme. Tief unter die Haut ging „Don’t give up“, das Peter Gabriel in tiefster Depression schrieb und mit Kate Bush aufnahm, und in dem es darum geht, dass man auch in schlechten Zeiten füreinander da ist. Im Duett sangen diesen Song Kühn und Forster sehr ergreifend und kamen dabei den Stimmen von Peter Gabriel beziehungsweise Kate Bush sehr nahe. Sensationell blies immer wieder Matthias Dörsam, wie in „Baker Street“ nach dem berühmten Solo von Gerry Rafferty, in „It’s raining again“ von Supertramp oder „Urgent“ von Foreigner, auf dem Saxofon. Als Zauberer an der Gitarre entpuppten sich Uwe Grau und Matthias Schärf mit gesanglich wohltönenden Linien, aber auch mit expressiver, kantiger, beißender Spielweise.

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