Kaiserslautern Marathon durch die EU

Zum Auftakt der Veranstaltungsreihe zum Spielplanmotto des Pfalztheaters (Plan-Spiel-Europa I-III) näherten sich das Künstlerehepaar Madeleine Giese und Rainer Furch zusammen mit der Akkordeonistin Alexandra Maas dem Thema Europa in Lyrik und Prosa sowie in dazu passenden Musikbeispielen. Am Donnerstag absolvierten die Ausführenden in der gut besuchten Theaterlounge einen musikalisch-literarischen Marathonlauf durch alle 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Unklar bleibt in diesem Zusammenhang, inwieweit das Spielplanmotto den Kontinent oder „nur“ die Mitgliedstaaten der Union umfasst. Die Veranstaltung „Europa in 90 Minuten“ war trotz der Konzentration auf die Mitgliedstaaten ein Parforceritt in alphabetischer Abfolge: somit nicht mit A (wie Albanien), sondern mit B (für Bulgarien) beginnend und dann bis Z (Zypern) alle Staaten aus unterschiedlichem Blickwinkel betrachtend. Allen gemeinsam war eine kurze, informative Auflistung der geographischen und wirtschaftlichen Eckdaten. Dann folgten entweder kurze Sagen, Märchen, Gedichte oder Kurzgeschichten sowie Auszüge der Gattung Roman, um das jeweils Typische und Charakteristische für den vorgestellten Staat herauszuschälen. Dies gelang insgesamt vorzüglich, wobei sich die beiden Rezitatoren entweder die Textstellen teilten, in Dialog traten oder abwechselnd in einer Art szenischer, theatralisch bewegter Darstellung die Inhalte vermittelten. Die Literaturauswahl war so überlegt getroffen worden, dass sich verschiedene Aspekte wie moralisierend, pädagogisch, historisch oder humoristisch abwechselten. Der soziale Aufstieg einer Hirtin zur Frau des Zaren etwa wurde in einem bulgarischen Märchen thematisiert. Eine finnische Sage kreiste dagegen um den Schöpfungsmythos. Vom Mythos war ein Spagat zur Parodie des Cervantes auf die Ritterromane zu bewältigen: Dank Furchs lebendiger Rezitation war der Kampf gegen Windmühlen in voller Rüstung und im Schweinsgalopp des Titelhelden wieder ein humoristischer Volltreffer. In tiefenpsychologische Dimensionen tauchte ein slowenisches Märchen über eine traumdeutende Schlange, und auch der trockene Humor in irischen Limericks mit dem rhythmischen Reimschema kam nicht zu kurz. Lehrhaft dagegen die Kurzgeschichte der Anne Frank „Der Schutzengel“ mit den dargestellten Tugenden wie Fleiß und Ordnung. Diese immense Vielfalt von Stoffen, Themen und Motiven wäre auf Dauer wohl ermüdend gewesen, hätte nicht das Künstlerpaar alles in wortgewaltiger Gebärde und mit großer Eindringlichkeit emphatisch ausgereizt, gut verständlich in der scharf prononcierten und gestochen klaren Deklamation obendrein. Die Akkordeonistin beherrschte alle Arten der musikalischen Illustration, von der dezenten Hintergrundmusik über Begleitung sanglicher Passagen bis hin zu konzertanten und volkstümlichen Beiträgen in Kinder-, Volks- und Tanzliedern. Auch ihr gelang eine repräsentative Auswahl, die eine typische Saite der jeweiligen Volksseele zur Schwingung brachte. Ein Chopin-Walzer, ein ungarischer Tanz von Brahms belegten ihre konzertanten Fähigkeiten, in Liedern und Tänzen rund um den Balkan traf sie Idiom, Rhythmik und Stilistik mit virtuoser Geläufigkeit und hoher Griffsicherheit.

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