Kaiserslautern „Lolas“ für den Diktator oder für den Nazijäger?

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Heute Abend wird Deutschlands höchstdotierte Kulturauszeichnung vergeben: der Deutsche Filmpreis. Die meisten „Lola“-Nominierungen hat Lars Kraumes Politthriller „Der Staat gegen Fritz Bauer“. Und erneut bietet die Nominierungsliste Grund zu Irritationen.

Insgesamt 2,955 Millionen Euro Preisgelder werden beim Deutschen Filmpreis ausgeschüttet – aus dem Topf von Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Ein Teil der Summe ist bereits vergeben: Schon eine Nominierung bringt Geld ein. In der Kategorie „Spielfilm“ erhalten die sechs Preisanwärter je 250.000 Euro, die drei Dokumentarfilm-Nominierten bekommen je 100.000 Euro, und die beiden Vorausgewählten in der Sparte Kinderfilm je 125.000 Euro. 19 Kategorien hat der Deutsche Filmpreis inzwischen. Die jüngste, undotierte, heißt „Besucherstärkster Film“ – und geht dieses Mal an „Fack ju Göhte 2“ mit über 7,6 Millionen Kinobesuchern. Sie wurde eingeführt, nachdem Erfolgskinomacher wie Til Schweiger sich beschwerten, dass der Filmpreis nur besucherarmes Kunstkino ehre. Auch der Vorwurf in die andere Richtung steht nahezu jedes Jahr im Raum: Die Auswahlkommission – für die Kategorie Spielfilm hat sie 18 Mitglieder, darunter neben Filmschaffenden ein bis zwei Mitglieder des Bundestags – suche zu gefällige Stoffe aus oder zumindest eher biedere und wenig Wagemutiges. Über die Preisträger wiederum dürfen alle 1700 Mitglieder der Deutschen Filmakademie entscheiden. In der Königskategorie „Spielfilm“ sind dieses Jahr drei populäre und drei Arthaus-Stoffe nominiert. Das Politdrama „Der Staat gegen Fritz Bauer“ mit dem auch als bester Hauptdarsteller nominierten Burghart Klaußner als Generalstaatsanwalt und Nazi-Jäger Fritz Bauer tritt etwa gegen die beim Publikum ungleich beliebtere Hitler-Satire „Er ist wieder da“ an, die 2,5 Millionen Zuschauer bekam. Ob ein solcher Kassenknüller Fördergelder in Form eines Filmpreises nötig hat, ist eine kritische Frage, der sich die Akademie immer wieder stellen muss. Der Film kam in der Vorauswahl jedenfalls bestens an: Hitler-Darsteller Oliver Masucci ist auch als bester Hauptdarsteller nominiert, Fabian Busch als Hitler-„Entdecker“ für die beste Nebenrolle. Ein sich ans große Publikum wendender Stoff ist auch die ebenfalls als bester Spielfilm nominierte Globalisierungskomödie „Ein Hologramm für den König“ von Tom Tykwer. US-Star Tom Hanks spielt darin allerdings wenig überzeugend einen modernen Handlungsreisenden, der dem König von Saudi-Arabien neue Technologie verkaufen soll. Der Film ist auf Englisch gedreht, darf aber dank deutschem Regisseur und deutschen Produzenten beim Deutschen Filmpreis antreten. Gelungener allerdings ist Doris Dörries Exkursion nach Japan, immerhin mit deutscher Hauptdarstellerin und trotz Kitschnähe äußerst berührend: „Grüße aus Fukushima“ ist ebenfalls als bester Spielfilm nominiert, Rosalie Thomass als beste Hauptdarstellerin. Die beiden „kleinsten“ Filme in der Konkurrenz sind „Herbert“ von Thomas Stuber: Peter Kurth spielt in dem starken Drama, das im Juni auch noch einmal beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen zu sehen sein wird, einen an ALS erkranktem Ex-Boxer. Kurth ist auch als bester Hauptdarsteller nominiert. Nur Außenseiterchancen in der Kategorie „Bester Spielfilm“ hat dagegen das Drama „4 Könige“ von Theresa von Eltz, das von Jugendlichen in der Psychiatrie erzählt. Die Kinderfilm-Kandidaten sind beides Produktionen, die beim jungen Zielpublikum gut angekommen sind: „Heidi“ konkurriert gegen „Rico, Oskar und das Herzgebreche“. Sperrigere Stoffe würdigt die Dokumentarfilm-Vorauswahl: „Democracy – Im Rausch der Daten“ erzählt von EU-Datenschutzbemühungen; „Was heißt hier Ende? Der Filmkritiker Michael Althen“ porträtiert den verstorbenen Kritiker, und „Above and Below“ folgt Lebenskünstlern in den USA – und ist ein recht schweizerischer Film; Regie führte Nicolas Steiner aus dem Oberwallis. Da aber deutsche Produzenten an Bord sind, konnte er nominiert werden. (ütz) Termin Die Verleihung des Deutschen Filmpreises wird heute, 22 Uhr, in der ARD zu sehen sein.

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